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Kurzwirksame Insulinanaloga: Rabattverträge sollen Verordnungsfähigkeit sicher

(du). Seit dem 1. Oktober dürfen nach Inkraftreten des G-BA-Beschlusses kurzwirksame Insulinanaloga bei Typ-2-Diabetes nur noch in begründeten Ausnahmefällen zu Lasten der GKV verordnet werden, solange sie teurer als kurzwirksame Humaninsuline sind. Allerdings enthält die Arzneimittelrichtlinie eine Rabattöffnungs–klausel, die eine weitere Erstattung durch Abschluss von Rabattverträgen ermöglichen soll, auch wenn die Preise offiziell nicht gesenkt werden.

Dem Beschlusstext des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist zu entnehmen, dass kurzwirksame Insulinanaloga zur Behandlung des Typ-2-Diabetes nicht mehr verordnungsfähig sind, wenn sie mit Mehrkosten im Vergleich zu kurzwirksamem Humaninsulin verbunden sind. Betroffen sind Insulin Aspart (NovoRapid®, NovoNordisk), Insulin Glulisin (Apidra® Aventis Pharma) und Insulin Lispro (Humalog®, Lilly; Liprolog®, Berlin Chemie).

Tatsächliche Mehrkosten entscheidend Für die Bestimmung der Mehrkosten, so sieht es der Beschlusstext vor, sind die den Kassen tatsächlich entstehenden Kosten maßgeblich. Um diesen Vorgaben zu genügen, bemühen sich zunehmend Hersteller und Krankenkassen um den Abschluss von Rabattverträgen. Denn die Regelung erlaubt es, dass Herstellerrabatte auf den Preis der Insulinanaloga angerechnet werden dürfen und Insulinanaloga auf diese Weise das Preisniveau der kurzwirksamen Humaninsuline erreichen können. Die Deutsche BKK, die Techniker-Krankenkasse und die Barmer zählen zu den Kassen, die inzwischen schon mit dem Pharmahersteller Lilly Rabattverträge für Humalog® geschlossen haben. Es ist davon auszugehen, dass weitere Kassen und Hersteller nachziehen. Bis jedoch wieder jeder betroffene Typ-2-Diabetiker uneingeschränkt Zugang zu seinem kurzwirksamen Insulinanalogon haben wird, wird noch einige Zeit vergehen. Denn es müssen Verträge zwischen den verschiedenen Herstellern und über 250 Krankenkassen abgeschlossen werden.

Chaos in der Insulinversorgung Der Bundesvorsitzende des Deutschen Diabetiker Bundes, Manfred Wölfert, hofft, dass das Chaos in der Insulinversorgung bald beendet ist, ohne dass ernsthafte Komplikationen auftreten. Für viele Typ-2-Diabetiker dürfte diese Entwicklung allerdings zu spät kommen.

Entweder erhalten sie schon wieder Humaninsulin oder sie müssen aufgrund der undurchsichtigen Lage in der nächsten Zeit umgestellt werden. Der Deutsche Diabetiker Bund bemüht sich daher darum, Patienten und Ärzte zeitnah über neue Entwicklungen zu informieren. Betroffenen wird von einem überstürzten Wechsel in eine andere Krankenkasse abgeraten. Sie sollen sich ein Privatrezept ausstellen lassen und diese Verordnung bei der Krankenkasse zur Erstattung einreichen.

Kommentar

Unverständnis

Jetzt ist es der Politik doch gelungen, die Pharmahersteller in die Knie zu zwingen! Diese Interpretation drängt sich auf, wenn man die Reaktionen auf den G-BA-Beschluss zur Verordnungsfähigkeit von kurzwirksamen Insulinanaloga bei Typ-2-Diabetikern anschaut: Hersteller und Krankenkassen schließen nach und nach Rabattverträge und die Preise für kurzwirksame Insulinanaloga sinken damit zumindest für die Versicherten der entsprechenden Krankenkassen auf das Niveau der kurzwirksamen Humaninsuline.

Doch das Vorgehen wirft Fragen auf und hinterlässt tiefstes Unverständnis. Wenn die Pharmaindustrie die Preise senken kann, warum dann nicht gleich flächendeckend für alle Patienten? Diese Möglichkeit habe die Politik nicht vorgesehen, so die Antwort einer Firmensprecherin. Der Beschluss sehe nur Rabattverträge vor, keine Preisreduzierung, erläutert der Bundesvorsitzende des Deutschen Diabetiker Bundes, Manfred Wölfert, und ist froh, dass es überhaupt die Möglichkeit der Rabattverträge gibt. Von einer juristischen Hürde, die die Hersteller zum Abschluss von Rabattverträgen zwingt und an einer flächendeckenden Preissenkung hindert, ist wiederum dem G-BA nichts bekannt. Über die wahren Gründe können wohl nur Vermutungen angestellt werden. Und obwohl Politiker und Pharmahersteller immer wieder betonen, im Mittelpunkt stehe das Wohl der Patienten, bleiben diese wieder einmal auf der Strecke.

Viele Diabetiker wurden schon umgestellt. Es wird sicher nicht einfach gewesen sein, sie von der Unbedenklichkeit dieses Schrittes zu überzeugen. Wie müssen sie sich fühlen, wenn sie erfahren, dass die Umstellung nicht notwendig gewesen wäre, weil die Kasse sich jetzt mit dem Hersteller geeinigt hat? Und was sollen Apotheker und Ärzte dem Patienten sagen, dessen Kasse für sein Präparat noch keinen Rabattvertrag ausgehandelt hat? Sollen sie ihm raten, die Kasse zu wechseln oder lieber doch das Insulin? Der Deutsche Diabetiker Bund empfiehlt eine private Verordnung. Ob die Kasse die Kosten für das Privatrezept dann allerdings erstatten wird, erscheint mehr als fraglich. Im Zweifelsfall verbietet das die Arzneimittelrichtlinie und der Patient ist einmal mehr der Leidtragende.

Doris Uhl

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