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Großbritannien: Die Pfizer-Unichem-Kooperation

(jr). Der Arzneimittelhersteller Pfizer gab bekannt, verschreibungspflichtige Medikamente im Vereinigten Königreich zukünftig nur noch über den Großhändler UniChem zu vertreiben. Als Anlass nimmt das Unternehmen vor allem die Zunahme gefälschter Medikamente auf dem britischen Arzneimittelmarkt. Die Apotheker zeigen sich jedoch eher verunsichert als erleichtert.

Seit Juli diesen Jahres musste die britische Arzneimittel-Zulassungsbehörde (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency - MHRA) wiederholt Rückrufaktionen veranlassen, nachdem Fälschungen des Medikamentes Lipitor mit dem Wirkstoff Atorvastatin entdeckt wurden. Der Arzneimittelhersteller Pfizer verlangte die umfassende Untersuchung der Geschehnisse und verwies insbesondere auf die Schwachstellen in den Lieferketten.

Die volle Verantwortung Am 28. September gab das Unternehmen nun bekannt, den Vertrieb verschreibungspflichtiger Medikamente in Großbritannien ab März 2007 ausschließlich über den Großhändler UniChem abwickeln zu wollen. Die Einführung dieser neuen Regelung, so Pfizer, werde die Übernahme der vollen Verantwortung für Medikamente ermöglichen, vom Zeitpunkt des Verlassens der Ware aus den Pfizer-Produktionsstätten bis zum Verkauf an Apotheker und Ärzte. Der Arzneimittelhersteller, der als größter Lieferant des nationalen Gesundheitsdienstes Großbritanniens (National Health Service – NHS) agiert, verwies auf die Komplexität der Lieferketten und die sich daraus vielfach ergebenden Gefahren für die Sicherheit der Patienten. Die jüngst aufgetretenen Produktfälschungen seien eine nicht zu übersehende Mahnung.

"Das neue Modell ist eine gute Nachricht für Patienten und Apotheker", erklärte Dr. Oliver Brandicourt, Geschäftsführer der Pfizer Ltd, und fuhr fort, "Wir sind zutiefst besorgt über das derzeitige Vertriebssystem und das vermehrte Auftreten gefälschter Medikamente in der britischen Versorgungskette". Pfizer sei durch das neue System des Weiteren in der Lage, Medikamente auf ihrem Weg zu verfolgen und gegebenenfalls problemlos zurückzurufen.

Kooperationspartner UniChem, einer der führenden Pharma-Großhändler mit Geschäftsaktivitäten in 15 Staaten, darunter auch Deutschland, zeigte sich zufrieden mit der anstehenden Zusammenarbeit. Das Unternehmen sei wegen seines ausgedehnten nationalen Vertriebsnetzes, exzellenten Kundenservice und seiner hochentwickelten technischen Fähigkeiten ausgewählt worden, lautet eine UniChem-Pressemitteilung.

System kommt ins Wanken Doch nicht jeden überzeugt das Geschäft zwischen dem Arzneimittelhersteller Pfizer und Großhändler UniChem. Ein führender Vertreter aus dem Großhandel übte bereits heftige Kritik an der Neuerung. "Diese Vereinbarung muss zu einer Schwächung des Serviceniveaus für Apotheker führen. Nur über einen Großhändler zu gehen, macht keinen Sinn. Dies wird das gesamte System destabilisieren. Wenn fünf verschiedene Hersteller derart verfahren, dann muss der Apotheker fünf verschiedene Bestellungen aufgeben." In der Presse werden zudem Stimmen laut, daß Pfizer auf diesem Wege lediglich versuche, Parallel-Importe zu verhindern.

7000 neue Kunden für Unichem UniChem wiederum, so Marktbeobachter, müsse sich auf bis zu 7000 neue Kunden einstellen, wodurch die täglich zweimalige Lieferung im gesamten Vereinigten Königreich durchaus in Frage gestellt werden könne. Apotheker verweisen zudem auf die bisherige geschäftliche Unterstützung durch Großhändler. Viele der Dienstleistungen für Patienten werden in Zusammenarbeit von Apotheken und Großhändlern erbracht, wobei die Hilfestellung durch letztere davon abhängig gemacht wird, in welcher Höhe die Apotheker Geschäftsabschlüsse tätigen. Vor allem in den Bereichen Marketing, Training und IT konnten viele Apotheker auf die Unterstützung ihres Großhändlers bauen. Doch nicht jeder der zukünftig Betroffenen zeigt sich derzeit verunsichert. "Während Apotheker sich zu Verschreibenden qualifizieren", so ein Apotheker, "werden sie aufmerksam verfolgen, wie große Pharmahersteller ihre Produkte verfügbar machen".

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