DAZ aktuell

LG Osnabrück: Sanicare darf Krankenkassen zur Kundengewinnung einschalten

OSNABRÜCK (ks). Die Versandapotheke Sanicare in Bad Laer darf auch künftig Zuzahlungsgutscheine einlösen, die sie über die Krankenkassen an deren Mitglieder verteilen lässt. Das Landgericht Osnabrück wies in der vergangenen Woche einen Antrag der Wettbewerbszentrale zurück, Sanicare ein solches Vorgehen im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen. Die Wettbewerbszentrale kündigte an, Rechtsmittel einzulegen. (Beschluss des LG Osnabrück vom 26. September 2006, Az.: 18 O 487/06)

Aus Sicht der Wettbewerbshüter überschreitet das Marketingkonzept der Sanicare-Apotheke die engen gesetzlichen Grenzen, denen die Vorteilsgewährung durch Apotheken beim Arzneimittelvertrieb unterliegt: Um neue Kunden zu gewinnen, bietet Sanicare Krankenkassen seit vergangenem Juli so genannte Zuzahlungsgutscheine zur Weiterverteilung an die Versicherten an. Diese können die Gutscheine dann mit der Einsendung ihrer Rezepte bei der Versandapotheke einlösen. Dabei wird die gesamte gesetzliche Zuzahlung für rezeptpflichtige Medikamente mit dem Gutschein verrechnet. Wie die Apotheke erklärte, haben zahlreiche Kassen – z.B. die IKK Weser Ems, die AOK Westfalen-Lippe, Kaufmännische Krankenkassen und die DAK – das Kooperationsangebot angenommen.

LG: Sozialrecht statt Wettbewerbsrecht einschlägig Anders als die klagende Wettbewerbszentrale sieht das LG das Wettbewerbsrecht durch diese Werbemaßnahme nicht verletzt – aus seiner Sicht ist es nicht einmal anwendbar. In der Begründung des Beschlusses nimmt das Gericht Bezug auf ein Urteil des Bundsgerichtshofs, wonach Handlungen der Krankenkassen und der von ihnen eingeschalteten Leistungserbringer, die der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags gegenüber den Versicherten dienen sollen, allein nach sozialrechtlichen Vorschriften zu beurteilen sind. Anfang diesen Jahres hatte der BGH entschieden, dass die Vorschrift des § 69 SGB V in solchen Fällen eine Beurteilung nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ausschließt (Urteil des BGH vom 23.2.2006 - I ZR 164/03; siehe DAZ Nr. 26, 2006, S. 76). Für das LG ist vorliegend zweifelsfrei eine solche nach öffentlichem Recht zu beurteilende Rechtsbeziehung zwischen Krankenkasse und Apotheke gegeben. Wettbewerbsregeln umgangen?

Die Wettbewerbszentrale kritisierte die Entscheidung: Im vorliegenden Fall gehe es nicht um die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern, sondern allein um eine Werbemaßnahme einer Apotheke gegenüber Verbrauchern. Rabatte, Zuzahlungserstattungen und ähnliches seien aber allen Apotheken nach verschiedenen gesetzlichen Vorschriften verboten. Dieses Verbot umgehe die werbende Apotheke, indem sie ihre Gutscheine über Krankenkassen verteilen lasse. Damit werde der Wettbewerb unter den Apotheken massiv verzerrt. In der Wettbewerbszentrale wartete man vergangene Woche noch auf die Urteilsgründe, ging aber bereits davon aus, dass Rechtsmittel eingelegt werden.

Entscheidung im Wortlaut bei DAZonline

Den hier genannten Beschluss können Sie neben anderen apotheken- und arzneimittelrechtlichen Entscheidungen im Wortlaut abrufen bei DAZonline unter www.deutscher-apotheker-zeitung.de, Rubrik: Recht/Urteile, Benutzername: apotheke, Kennwort: daz.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.