Arzneimittel und Therapie

Kieferosteonekrosen: Vor der Therapie mit Bisphosphonaten die Zähne sanieren

Unter einer Behandlung mit Bisphosphonaten sind bei Tumorpatienten Kieferosteonekrosen zwar eine sehr seltene, allerdings auch eine schwerwiegende Komplikation. Vorsichtshalber sollte bei den Patienten eine eingehende zahnärztliche Voruntersuchung erfolgen, ehe mit der Behandlung begonnen wird.

Bisphosphonate gewinnen – neben der Osteoporosebehandlung – bei der Therapie von Knochenmetastasen zunehmend an Bedeutung. Sie schützen den intakten Knochen vor weiterer Zerstörung und senken das Frakturrisiko. Die Substanzen wirken außerdem analgetisch und bessern die Lebensqualität der Patienten. Ihre therapeutische Wirkung wird durch eine Hemmung der Apoptose vermittelt, allerdings wird "der programmierte Selbstmord" nur bei Osteoklasten und bei Tumorzellen inhibiert, weshalb neben den Knochenmetastasen auch eine Indikation bei der Behandlung der Osteoporose besteht.

Kieferosteonekrose bei Zündholz-Arbeitern In die Schlagzeilen gerieten die Bisphosphonate jüngst aufgrund gehäufter Berichte über das Auftreten von Kieferosteonekrosen unter der Behandlung. Dass eine solche Komplikation im Zusammenhang mit dem Kontakt mit Phosphatverbindungen auftreten kann, ist bereits seit 1833 bekannt. Damals wurde das Krankheitsbild bei Zündholz-Arbeitern beschrieben und die Störung konnte direkt auf das Arbeiten mit weißem Phosphor zurückgeführt werden.

Als potenzielle Nebenwirkung der Bisphosphonate wurde die Kieferosteonekrose erstmals im Jahre 2003 beschrieben. Seitdem haben die Berichte über diese Komplikation zugenommen, was am breiteren Einsatz der Wirkstoffgruppe und maßgeblich auch an der erhöhten Aufmerksamkeit gegenüber dieser Nebenwirkung liegen dürfte.

Schädigungsmechanismus noch unbekannt Die Kieferosteonekrose tritt bei Patienten mit maligner Erkrankung rund viermal häufiger auf als in der Normalbevölkerung, allerdings ist das Krankheitsbild bislang noch unzureichend definiert und es ist zudem nicht geklärt, über welche Mechanismen der Kieferknochen geschädigt wird.

Es gibt zudem eindeutige Risikofaktoren, wie bei einer Konsensuskonferenz zu dieser Thematik anlässlich der 26. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie betont wurde. Ein erhöhtes Risiko besteht beispielsweise bei mechanischen Schädigungen im Kieferbereich, bei lokalen Infektionen, während einer Chemotherapie und auch unter einer Cortisonbehandlung.

Regelmäßige zahnärztliche Kontrollen Zwar entwickelt sich eine Kiefer–osteonekrose unter Bisphosphonaten nur "extrem selten", die Patienten müssen jedoch vor der Behandlung gut über diese potenzielle Gefahr aufgeklärt werden. Außerdem empfehlen sich zuvor ein Zahnarztbesuch und gegebenenfalls die Sanierung erkrankter Zähne sowie die Beseitigung von Entzündungsherden. Ferner sollte, so hieß es in Dresden, während einer Bisphosphonat-Behandlung eine regelmäßige zahnärztliche Kontrolle selbstverständlich sein. Kieferchirurgische Eingriffe sollten vorsichtshalber vermieden werden. Sind sie zwingend erforderlich, so ist zu erwägen, die Einnahme der Medikamente für einen gewissen Zeitraum auszusetzen.

Alle Fälle melden! Um das Nebenwirkungsrisiko besser beurteilen zu können, wird derzeit am Aufbau eines Zentralregisters zum Auftreten von Kieferosteonekrosen gearbeitet. Dieses ist an der Charité in Berlin angesiedelt (www.charité.de/zmk). Dorthin sollen künftig alle Krankheitsfälle gemeldet werden. Seit seiner Etablierung im Jahre 2004 hat das Zentralregister rund 300 Fälle erfasst, nur 189 Meldungen aber waren vollständig und damit im Rahmen einer Zwischenanalyse auswertbar. Nahezu alle Komplikationen traten entweder unter einer Behandlung mit Pamidronat oder Zoledronat auf und nur bei einer Behandlung aufgrund einer malignen Grunderkrankung. Meist wurde parallel eine Chemotherapie, eine Strahlentherapie und/oder eine Corticoid-Behandlung durchgeführt und es gab überproportional oft Auffälligkeiten im Zahnstatus. Die Therapie der Kieferosteonekrose erfolgte in aller Regel chirurgisch, allerdings meist ohne befriedigendes Ergebnis.

Christine Vetter, freie Medizinjournalistin

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