Ernährung aktuell

Cholesterindiskussion: Eier – besser als ihr Ruf

Beim Wort Cholesterin schaltet bei vielen Menschen die innere Ampel auf rot, denn die jahrzehntelange Warnung vor dem Fettbegleitstoff ist fest in unseren Köpfen verankert. Und den meisten Menschen fällt dazu auch spontan das Hühnerei ein Ų als Cholesterinbombe par excellence. Breit angelegte Studien ergaben jedoch nun, dass man die Situation entspannter sehen kann als man bisher dachte. Denn: Der Cholesteringehalt von Eiern hat offenbar weniger Einfluss auf den Cholesterinspiegel als befürchtet. Andere Faktoren wie die Gesamternährung, Stress, Übergewicht, mangelnde Bewegung und erbliche Komponenten spielen hier eine viel größere Rolle.

Cholesterin ist eine lebensnotwendige Substanz im Körper des Menschen. Sie erfüllt wichtige Aufgaben beim Bau von Zellen und Nervenbahnen. Ferner werden viele Hormone sowie das Vitamin D aus Cholesterin synthetisiert. Der Organismus bildet ständig selbst größere Mengen Cholesterin und ist deshalb nicht ausschließlich auf die Zufuhr über die Nahrung angewiesen. Der gesunde Organismus besitzt einen natürlichen Regelmechanismus, durch den bei der Aufnahme von Nahrungscholesterin die körpereigene Cholesterinproduktion in dem Maße sinkt, wie dem Körper Nahrungscholesterin zugeführt wird. Forschungsergebnisse zeigen, dass die Menge des über die Nahrung aufgenommenen Cholesterins bei gesunden Menschen einen geringen Einfluss auf den Cholesterinspiegel im Blut hat. Dieser wird vielmehr überwiegend von körpereigenen Mechanismen bestimmt. Eine Zufuhr von Cholesterin mit der Nahrung ist daher bei den meisten Menschen unbedenklich.

Wirkung von Ei auf den Cholesterinspiegel Der Cholesteringehalt in einem Ei (60 g verzehrbarer Anteil, entspricht Klasse M) liegt etwa bei 240 mg. Nur der Eidotter enthält Cholesterin. Der aktuelle Stand der Erkenntnisse zum hypercholesterinämischen Effekt von Eiern und die daraus abgeleiteten Befürchtungen für die Entstehung arteriosklerotischer Veränderungen, lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Im Mittel führen 100 mg Ei-Cholesterin (bzw. Nahrungscholesterin) zu einer Steigerung des Cholesterinspiegels um 2,3 mg/dl, welche sich aus 1,9 mg/dl LDL- und 0,4 mg/dl HDL-Cholesterin zusammensetzt. Das LDL-HDL-Verhältnis ändert sich durch die Zufuhr praktisch nicht. Bei etwa zwei Dritteln der Bevölkerung bleibt die Erhöhung des Cholesterinspiegels aufgrund der homöostatischen Regulation der Cholesterineigensynthese jedoch unter diesem Mittelwert [5]. Auch Insulinresistente zeigten in Interventionsstudien einen geringeren Anstieg der Cholesterinwerte nach Eikonsum [4]. Nur bei etwa einem Drittel der Bevölkerung führen zusätzliche 100 mg Nahrungscholesterin zu einem Anstieg des Gesamtcholesterins von 3,9 mg/dl. Klinische Studien ergaben zudem, dass die Erhöhung des LDL- und HDL-Cholesterins nicht auf einer Zunahme der Partikelzahl beruht, sondern auf einer Zunahme deren Größe [2]. Größere LDL gelten als weniger atherogen als kleinere LDL, da sie eine bessere Affinität zum Rezeptor aufweisen und weniger oxidationsempfindlich sind. Aus dem beschriebenen Anstieg des LDL-Cholesterins lässt sich daher nach Meinung vieler Forscher kein erhöhtes atherogenes Risiko ableiten. So ließ sich auch in großen epidemiologischen Studien für die Allgemeinbevölkerung kein Zusammenhang zwischen Eikonsum und dem Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen finden. Möglicherweise sind Diabetiker hier ab einer bestimmten Verzehrsmenge eine Ausnahme. Ihr kardiovaskuläres Risiko stieg ab fünf bis sieben Eiern pro Woche an [3]. Um gesicherte Verzehrsempfehlungen aussprechen zu können, sind jedoch weitere Studien nötig.

Fettsäuren haben einen stärkeren Effekt Einen stärkeren Einfluss auf den Cholesterinspiegel im Blut als das Nahrungscholesterin selbst haben gesättigte Fettsäuren. Im Rahmen der Herz-Kreislauf-Prävention wird daher empfohlen, den Anteil an gesättigten Fettsäuren in der täglichen Kost zu verringern und gleichzeitig die Menge an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren zu erhöhen. Ein Ei liefert durchschnittlich 7 g Fett, das zu 28% aus gesättigten, zu 42% aus einfach ungesättigten und zu 14% aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren besteht. Damit entspricht die Fettsäureverteilung in fast idealer Weise den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zur Vorbeugung von erhöhten Blutfettwerten. Zum Schutz von Herz und Gefäßen wird zudem empfohlen, in der täglichen Kost mehrfach ungesättigte Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren im Verhältnis unter 5:1 aufzunehmen. Das Ei entspricht dieser Vorgabe gut, denn mit einem Wert von etwa 2:1 trägt es dazu bei, die in Deutschland übliche hohe Aufnahme von Omega-6-Fettsäuren in Richtung der Omega-3-Fettsäuren und damit der Ernährungsempfehlungen zu verschieben.

Das Ei – ein wertvoller Nährstofflieferant Das Ei gehört zu den biologisch wertvollsten Nahrungsmitteln, denn neben hochwertigem Eiweiß liefert es fettlösliche Vit–amine sowie Folsäure, B12 und Biotin, enthält Mineralstoffe – insbesondere Selen, Zink und Eisen – und bietet für diese Nährstoffe eine hohe Bioverfügbarkeit (s. Tab. 1). Außerdem tragen Eier zur Versorgung mit Cholin bei, einem semi-essenziellen Nährstoff, der wichtig für den Eiweißstoffwechsel ist. Cholin ist auch Bestandteil von Lecithin, das als Emulgator eine wichtige Rolle bei der Fettverdauung im Dünndarm spielt und zudem die Aufnahme von Nahrungscholesterin im Darm hemmt.

Schließlich liefern Eier die beiden Carotinoide Lutein und Zeaxanthin, die wichtig für die Gesundheit des Auges sind. Denn sie reichern sich im "gelben Fleck" der Netzhaut, der Stelle mit der größten Sehschärfe, an und schützen diese vor schädlichen Einflüssen.

Interessanterweise steigen die Plasma-Luteinwerte durch den Verzehr von Eigelb deutlicher stärker an als bei gleicher Dosierung in Form von Supplementen [1].

Das Eiprotein ist ein sehr hochwertiges Eiweiß mit hohem Gehalt an essenziellen Aminosäuren. Die Biologische Wertigkeit des Proteins von Vollei (ein ganzes Ei, nicht getrennt nach Dotter und Eiklar) ist höher als die von Milch, Fleisch oder Fisch sowie pflanzlichen Eiweißquellen und wird deshalb als Vergleichsbasis für andere Proteinlieferanten herangezogen und gleich 100 gesetzt. Die Biologische Wertigkeit gibt an, wie viel Gramm körpereigenes Eiweiß der Mensch aus 100 g Nahrungsprotein aufbauen kann. Je höher die biologische Wertigkeit eines Nahrungsproteins ist, desto mehr körpereigenes Eiweiß kann daraus gebildet werden.

Fazit Für die meisten Menschen – vor allem für diejenigen, deren Cholesterinspiegel normal ist – besteht kein Anlass, auf Hühner–eier zu verzichten. Patienten mit Hypercholesterinämie sollten als grundsätzliche diätetische Maßnahmen ihr (Über)gewicht normalisieren, die Gesamtfettmenge in der Nahrung reduzieren, Fette mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren gegen solche, die reich an einfach oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind austauschen, die Ballaststoffzufuhr erhöhen, sowie neben verstärkter körperlicher (sportlicher) Tätigkeit Rauchen und Alkohol einschränken. Die Nahrungscholesterinaufnahme sollte im Durchschnitt, über einen längeren Zeitraum gemessen, nicht mehr als ungefähr 300 mg Cholesterin betragen, wobei auf Eier nicht verzichtet werden muss.

Tipp

Cholesterin befindet sich nur im Eidotter. Wenn man vom Ei nur das Weiße isst, nimmt man überhaupt kein Cholesterin auf.

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