Prisma

Morbus Alzheimer = Typ-3-Diabetes?

Das Gehirn zählte bisher nicht zu den Organen, die durch einen langjährigen Diabetes geschädigt werden. Doch neue epidemiologische Daten sehen eine klare Verbindung zwischen der Stoffwechselerkrankung Diabetes und der degenerativen Hirnerkrankung Morbus Alzheimer.

In den vergangenen Jahren hat es eine Reihe von Untersuchungen zur Verbindung zwischen Alzheimer und Typ-2-Diabetes gegeben. Die Ergebnisse dieser Studien haben manche Wissenschaftler sogar dazu verleitet, Morbus Alzheimer als Typ-3-Diabetes zu bezeichnen. Das ist sicherlich übertrieben, denn weder erkrankt jeder Diabetiker an einer Demenz, noch ist jeder Demenzkranke auch ein Diabetiker. Auf epidemiologischer Ebene ist jede der beiden Erkrankungen jedoch ein Risikofaktor der jeweils anderen. Deutlich wird dies beispielsweise in einer Untersuchung des Äldrecentrum Stockholm, das 1173 Schweden im Alter von 75 Jahren, die anfangs frei von Diabetes oder Demenz waren, über neun Jahre beobachtete. Während dieser Zeit entwickelte jeder Dritte (397) eine Demenz, bei den meisten diagnostizierten die Ärzte einen Morbus Alzheimer (307). Nach der Berücksichtigung anderer vaskulärer Faktoren, blieb ein "Borderline"-Diabetes ein signifikanter Risikofaktor. Personen mit dieser Störung erkrankten zu 70 Prozent häufiger an einem Morbus Alzheimer.

Interessanterweise wurde diese Assoziation nur bei Personen gefunden, die kein genetisches Alzheimerrisiko hatten (weil sie Träger eines APOE e4-Allels waren) und die Assoziation war besonders stark ausgeprägt, wenn der Borderline-Diabetes mit einer schweren systolischen Hypertension einherging, wie Forscher um Weili Xu vor kurzem auf der International Conference on Alzheimer's Disease and Related Disorders mitteilten. Über die Ursachen der Assoziation wird noch gerätselt. Viele Spekulationen gehen in Richtung Hyperinsulinämie. Alternativ wird Leptin als Erklärungsansatz diskutiert. Eine Rolle könnten jedoch auch so genannte Advanced Glycation End Products (AGE) spielen, die beim Bräunen von Nahrungsmitteln durch Hitze entstehen. ral

Quelle: Vortrag auf der International Conference on Alzheimer's Disease and Related Disorders (ICAD), 15.-20.7.2006, Madrid

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