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Internet-Versandgeschäft schwächelt

SÜSEL (tmb). In der jüngsten Berichtssaison der börsennotierten Unternehmen haben einige Internetversender negativ überrascht. Dies könnte der Beginn einer Neubewertung werden. Offenbar bietet der Versand von im Internet bestellten Waren nicht die vielfach erhofften Gewinnmöglichkeiten. Dies dürfte auch die langfristigen Aussichten von Versandapotheken schmälern.

Mit der Verbreitung des Internets Ende der Neunziger Jahre wuchsen die Erwartungen in die Gewinne mit dem neuen Medium und in die Börsenkurse der neu gegründeten Unternehmen in den Himmel. Am Platzen dieser Blase hatte die Börse lange zu leiden. Übrig geblieben sind insbesondere einige Unternehmen, die reale Geschäfte im virtuellen Raum anbahnen. Der schon seit langem bekannte und vielfach eher verstaubt wirkende Versandhandel erhielt ein neues jugendliches Image. Doch genauso wie früher die altbackenen Textilien aus dem Katalog müssen auch online erworbene Bücher, Spielzeug und Elektronikartikel in Päckchen verpackt und verschickt werden. So erweisen sich nun offenbar auch die Erwartungen an diese Handelsform als überzogen. Nach vielen Jahren der Aufbau- und Investitionsphase sollten nun die Gewinne sprudeln, aber immer weniger Versandunternehmen halten, was sich ihre Aktionäre versprochen haben.

Gewinneinbruch bei Amazon Amazon, der Weltmarktführer unter den Online-Händlern, verbuchte im zweiten Quartal 2006 einen Gewinn von 22 Millionen US-Dollar. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit 52 Millionen US-Dollar ist dies ein Rückgang um fast 60 Prozent, der insbesondere durch hohe Technologieinvestitionen erklärt wird. Das Geschäft entwickelt sich demnach nicht zur Cashcow, sondern muss immer wieder mit großem Aufwand auf dem neuesten Stand gehalten werden. Operativ sank der Quartalsgewinn zwar "nur" von 55 auf 47 Millionen US-Dollar, aber die Marge liegt damit nur noch bei 2,2 Prozent. Als Hauptbelastungen nannte das "Manager-Magazin" neben der Auflösung des Vertriebsvertrages mit dem Spielzeughändler Toys ęRę Us die geringeren Preise und den portofreien Versand. So senkte Amazon die weiteren Erwartungen für den operativen Gewinn. Nach Bekanntgabe der Quartalszahlen Ende Juli ging der Aktienkurs zeitweilig um etwa 20 Prozent zurück. Denn langfristig zählen an der Börse nur Gewinne.

Höherer Umsatz – geringere Margen Bereits in der Woche zuvor hatte auch der Aktienkurs des Online-Auktionshaues Ebay nach der Veröffentlichung der Zahlen für das zweite Quartal gelitten. Wie das "Handelsblatt" am 27. Juli berichtete, kündigte das Unternehmen erstmals einen Umsatzrückgang an. Als eine der Ursachen für die Misere der großen Online-Händler sieht das "Handelsblatt" die Suchmöglichkeit über die Internetsuchmaschine Google, über die auch viele kleine Onlineshops gefunden werden. In Deutschland würden darüber hinaus vielfach Preissuchmaschinen genutzt, um das günstigste Angebot zu finden.

Währenddessen werden für die ganze Branche des internetgestützten Versandhandels hohe und weiter steigende Umsätze erwartet, doch ist dies bei gleichzeitig schärferem Wettbewerb nicht gleichbedeutend mit steigenden Gewinnen. Gemäß dem Bericht im "Handelsblatt" nahm der Onlinehandel mit Privatkunden im Jahr 2005 um 43 Prozent auf 32 Milliarden Euro zu. Nach Einschätzung des Branchenverbandes Bitcom könnte sich das Umsatzvolumen bis 2009 sogar mehr als verdreifachen. Doch könnte gerade der Umsatzzuwachs an den Gewinnmargen zehren. So wird Jaap Favier, Vice President der Unternehmensberatung Forrester Research, mit der Erklärung zitiert, früher hätten nur Besserverdienende online gekauft, aber mit der Verbreitung des Internets gingen die durchschnittlichen Bestellmengen und damit auch die Margen deutlich zurück.

Umbruch bei Karstadt-Quelle Doch ist keineswegs sicher, ob die Umsatzerwartungen der Onlinehändler tatsächlich eintreten. Möglicherweise können die jüngsten am 9. August veröffentlichten Halbjahreszahlen des Karstadt-Quelle-Konzerns als Zeichen für einen ganz anderen Trend - zurück zum klassischen Einzelhandel - gewertet werden. Nach der Amtsübernahme des neuen Konzernchefs Thomas Middelhoff hatte das Unternehmen eine klassische Restrukturierungsstory mit steigenden Aktienkursen geboten. Doch nach der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen büßte die Aktie deutlich ein, zumal die Gewinnprognose für das Gesamtjahr reduziert wurde. Hauptgrund für die negative Entwicklung im ersten Halbjahr war der Versandhandel, der nach Darstellung von Middelhoff hinter dem Plan und unter den Vorjahreswerten lag. Der Versandumsatz ging um 11 Prozent auf 3 Milliarden Euro zurück, unter Berücksichtigung des Restrukturierungsaufwandes erzielte das Versandgeschäft einen operativen Verlust von 144 Millionen Euro. Dagegen zeigte sich Karstadt-Quelle sehr zufrieden mit dem Warenhausgeschäft, das insbesondere von der Fußballweltmeisterschaft profitierte.

Probleme bei Doc Morris Die Probleme eines anderen Versandhändlers machte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" in ihrer Online-Ausgabe vom 9. August deutlich. Im Zusammenhang mit einer wohlwollenden Darstellung der Internet-Apotheke Doc Morris und ihres Gründers Ralf Däinghaus als "Apothekerschreck", wird die wirtschaftliche Realität der Versandapotheke dort durchaus kritisch betrachtet. Anstelle des prognostizierten Anteils von 8 Prozent am Arzneimittelmarkt habe der Internethandel erst einen Marktanteil von etwa einem Prozent, wobei für diese Zahl keine Belege angegeben werden. Als Reaktion darauf wolle Doc Morris künftig in neue Geschäftsfelder vorstoßen und Doc Morris-Generika und -Kuren anbieten, so die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Für 2006 sei zunächst ein Umsatz von 300 Millionen Euro angestrebt worden, nun werde nur noch mit gut der Hälfte gerechnet. Auch aus dem zuletzt für 2006 angekündigten Börsengang werde wohl nichts, sei nach Darstellung der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" aus dem Unternehmen zu hören.

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