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Infoveranstaltung des AV Nordrhein: An der Basis brodelt es

DÜSSELDORF (bra). Mehr als 700 Apothekerinnen und Apotheker nahmen am 14. Januar 2006 an einer Informations- und Diskussionsveranstaltung des Apothekerverbandes Nordrhein teil. ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf analysierte die Auswirkungen des Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetzes (AVWG), das inzwischen im parlamentarischen Beratungsprozess ist. Die Versammlung verabschiedete eine Resolution mit Forderungen an die Politik.

Wolf machte deutlich, dass wesentliche Elemente des AVWG nicht unerwartet kommen. Sie finden sich bereits im Koalitionsvertrag. Das gilt z. B. für die Forderung, Naturalrabatte zugunsten der Apotheker zu verbieten, es gilt auch für das vorgesehene Preismoratorium von zwei Jahren und für die Vorhaben, das Festbetragsystem nachzujustieren und die Verantwortlichkeit des Arztes für die Verordnungspraxis zu verstärken. Bei der Durchsetzung solcher Vorstellungen tue sich eine große Koalition - was er durchaus mit einem "mulmigen Gefühl" verbinde - leichter als andere politische Konstellationen. Ohne Frage: die Große Koalition kann auch gut begründete Einwände ohne Gefahr für die Mehrheit in entscheidenden Abstimmungen beiseite schieben.

Wohl ein wenig unerwartet für die (wie die Diskussion zeigte) aufgebrachten Apotheker war, dass Wolf sehr ausführlich auf Teile des AVWG einging, die - anders als die Beschränkung der Rabatte - in ihren Auswirkungen auf die Apotheken bisher eher unterschätzt wurden. Dort gebe es Risiken, aber auch Chancen - meinte Wolf. Die vorgesehene Bonus-Malus-Regelung bei den Ärzten könne zum Beispiel den Apothekern Chancen eröffnen, im Generikabereich Preisverantwortung zu übernehmen. Andererseits drohten den Apotheken durch die mehr oder weniger vom Gesetzgeber erzwungenen Preissenkungen erhebliche Lagerwertverluste. Große Risiken sieht Wolf auch in einigen unklaren, nicht zu Ende gedachten Regelungsansätzen des AVWG. Das gilt zum Beispiel für das Inkasso der Herstellerrabatte, die zum Zeitpunkt der Abgabe eines Arzneimittels noch nicht einmal feststehen, zumindest aber dem Apotheker (wenn ca. 600 Hersteller mit ca. 250 Krankenkassen bilaterale Verträge abschließen können) kaum bekannt sein können. Grundsätzlich sieht Wolf die Rabattvereinbarungen unmittelbar zwischen den Herstellern und Krankenkassen allerdings durchaus positiv: "Sie sind in unserem Sinn". Denn die Alternative zu diesen Vereinbarungen sei gewesen, die Apotheker zur Weitergabe der ihnen gewährten Rabatte zu zwingen.

Resolution der nordrheinischen Apothekerschaft

In der von der Versammlung - nach Diskussion - verabschiedeten Resolution heißt es einleitend, nur rentabel betriebene Apotheken könnten die Arzneimittelversorgung - dem gesetzlichen Auftrag entsprechend - sicherstellen. Die schnell aufeinander folgenden Änderungen der Rahmenbedingungen seien "eine Zumutung für Versicherte und Leistungserbringer". Kritisiert wird die vorgesehene "Verfeinerung" der Festbetragsregelungen, wonach der "Festbetrag den höchsten Abgabepreis des unteren Abgabepreises des unteren Drittels zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis einer Standardpackung grundsätzlich nicht übersteigen darf". Das führe in vielen Fällen zu einer höheren Belastung der Patienten, zu mehr Bürokratie in den Arztpraxen und zu einer weiteren Steigerung der Verwaltungskosten bei den Krankenkassen. Anstelle solcher bürokratischen Regelungen fordern die nordrheinischen Apotheker in ihrer Resolution, vermehrt den pharmazeutischen Sachverstand bei der Auswahl der Arzneimittel - auch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten - einzubeziehen.

Nachdrücklich abgelehnt wird in der Resolution jegliche Reglementierung der Einkaufsrabatte für nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel - deren Preisbildung seit Inkrafttreten des GMG Anfang 2004 nicht mehr den Regeln der Arzneimittelpreisverordnung unterliegt, bei denen also Preise frei vereinbart werden können, so dass sich die Frage von Rabatten ohnehin erübrigt.

Klare Worte findet die Resolution auch zur Frage der Gewährung von Rabatten und Skonti auf verschreibungspflichtige Arzneimittel. Nach der vorgesehen Neufassung von § 7 des Heilmittelwerbegesetzes sollen Preisnachlässe, die im Rahmen der Arzneimittelpreisverordnung (und des Arzneimittelgesetzes) zulässig sind, weiterhin möglich bleiben. Damit blieben, so die Resolution, Rabatte zugunsten der Apotheken bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bis zur vollen Ausschöpfung der Großhandelsmarge - also ein Einkauf zum Herstellerabgabepreis - zulässig. Weiter heißt es: "Wir fordern den Gesetzgeber auf, eindeutig festzulegen und klarzustellen, dass Skonti - die nichts anderes als eine Gegenleistung für schnelle Rechnungsbegleichung sind - von der vorgesehenen Rabattbeschränkung nicht berührt werden". Sie müssten - über die Vorgaben der Arzneimittelpreisverordnung hinaus - auch zukünftig innerhalb der Wertschöpfungsstufen Hersteller - Großhandel - Apotheke gewährt und angenommen werden dürfen.

In einem weiteren Punkt fordert die Resolution den Gesetzgeber auf, dafür zu sorgen, dass die Apotheken keinem Inkassorisiko für die Rabatte ausgesetzt werden, die zwischen Herstellern und Krankenkassen fließen sollen. Eine Beteiligung Dritter beim Aushandeln von Rabatten, die Hersteller Krankenkassen gewähren sollen, wird in der Resolution abgelehnt. Im letzten Punkt ihrer Resolution fordern die nordrheinischen Apotheker eine Senkung der Mehrwertsteuer für Humanarzneimittel auf ein in Europa übliches Niveau.

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