DAZ aktuell

Kassen kritisieren Ärzteproteste als realitätsfremd

BERLIN (ks). Mit Praxisschließungen in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt haben niedergelassene Ärzte am 16. Januar eine bundesweite Protestwoche eingeläutet. Höhepunkt war eine Demonstration am 18. Januar in Berlin unter dem Motto "Gemeinsam sind wir eine Macht". Rund 40 Verbände der Ärzteschaft hatten sich zu dem Bündnis "Tag der Ärzte" zusammengeschlossen, um auf die "Existenz bedrohenden Entwicklungen" in der ambulanten und stationären Versorgung hinzuweisen. Sie beklagen insbesondere sinkende Honorare und ausufernde Bürokratie. Das Bundesgesundheitsministerium und die gesetzlichen Krankenkassen zeigten wenig Verständnis für die demonstrierenden Ärzte.

Unterstützt werden die Proteste auch von der Bundesärztekammer (BÄK). BÄK-Präsident Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe machte im Vorfeld der Aktionen deutlich: "Die Ärzte haben genug von unmenschlichen Arbeitsbedingungen und unbezahlten Überstunden. Und sie wollen auch nicht länger auf dem Rücken ihrer Patienten staatliche Rationierung durchführen müssen". Politiker und Krankenkassen könnten den Versicherten nicht unbegrenzt medizinische Leistungen versprechen, zugleich aber die Budgetierungsschraube immer weiter anziehen und Arzt und Patient in den Rationierungskonflikt treiben. Nötig sei, dass die Leistungen der Ärzte wieder gewürdigt und "gerecht bezahlt" würden. Zudem wollten sich die Mediziner wieder mehr den Patienten und ihren Krankheiten widmen. Dies sei in der Vergangenheit zu kurz gekommen.

Kassen: Ärzte verkennen die Realität

Nach Ansicht der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen verkennen die protestierenden Ärzte "die ökonomische Realität". Sie warfen den Mediziner vor, "wirklichkeitsfremd" zu sein. In einer gemeinsamen Erklärung der Spitzenverbände vom 16. Januar betonen sie, dass es für Ärzte insgesamt nur dann mehr Geld geben könne, wenn auch die Beitragszahler der Kassen wieder deutlich besser verdienten als heute. Sie verwiesen auf Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, wonach der GKV-Beitragszahler im Durchschnitt über ein monatliches Bruttoeinkommen von 2210 Euro (26.520 Euro pro Jahr) verfüge.

Dagegen verdiene ein niedergelassener Allgemeinarzt in Westdeutschland nach Abzug aller Betriebskosten für seine Praxis rund 82.000 Euro im Jahr allein mit der Behandlung gesetzlich Krankenversicherter (Ost: 76.000 Euro/Jahr). Auch von einem Versorgungsnotstand wollen die Kassen nichts wissen: "In Deutschland gibt es nicht zu wenige Ärzte, sondern sie sind schlecht über die Regionen verteilt".

Insbesondere in den Großstädten gebe es eine Überversorgung - diese binde Finanzmittel, die in ländlichen Regionen notwendig wäre.

BMG verweist auf steigende Honorare und Umsätze

Auch der Sprecher des BMG, Klaus Vater, kann die Klagen der Ärzte über zu geringe Honorare nicht verstehen. Er erklärte zu Wochenbeginn, dass die Honorarsummen der Hausärzte zwischen 1999 und 2003 jährlich um 1,3 Prozent gestiegen seien und sich die Umsätze um 1,5 Prozent erhöht hätten. Bei Fachärzten lägen die Steigerungen im selben Zeitraum bei 3,5 bzw. gut einem Prozent. Vater: "Die Situation kann nicht so dramatisch und zugespitzt sein, wie vielfach behauptet wird."

Verständnis für Klinikärzte

Für berechtigt halten die Spitzenverbände die Proteste hingegen, soweit sie die problematischen Arbeitsbedingungen von Krankenhausärzten betreffen. Allerdings zeigten viele gut geführte Krankenhäuser, dass man ohne Extraprämien von Seiten der Beitragszahler durch eine bessere Arbeitsorganisation und bessere Vergütungsstrukturen gute Arbeitsbedingen für Ärzte und damit optimale Behandlungsbedingungen für Patienten sicherstellen könne.

Mit Praxisschließungen in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt haben niedergelassene Ärzte am 16. Januar eine bundesweite Protestwoche eingeläutet. Höhepunkt war eine Demonstration am 18. Januar in Berlin. Das Bundesgesundheitsministerium und die gesetzlichen Krankenkassen zeigten wenig Verständnis.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.