Arzneimittel und Therapie

Kardioprotektion: Kein Votum für Folsäure und B-Vitamine

Nach einer weit verbreiteten Hypothese weisen Folsäure und B-Vitamine eine protektive Wirkung auf Herz und Gefäße auf, da sie die Konzentration von Homocystein senken. Die Ergebnisse der HOPE-Studie widerlegen diese Hypothese eindeutig. Zwar senkt die Vitaminkombination den Homocysteinspiegel signifikant, führt aber zu keiner Reduktion des kardiovaskulären Risikos.

Studien und epidemiologische Beobachtungen weisen auf einen Zusammenhang zwischen der Höhe des Homocysteinspiegels und dem kardiovaskulären Risiko hin. Da Folsäure und die Vitamine B12 und B6 den Homocysteinspiegel senken, liegt der Gedanke nahe, durch eine entsprechende Supplementation eine sichere und kostengünstige Kardioprotektion herbeizuführen. Ob dies auch in der Praxis funktioniert, wurde in der HOPE-Studie (Heart Outcomes Prevention Evaluation Trial 2) untersucht.

An der doppelblinden, randomisierten und placebokontrollierten Studie nahmen 5522 Patienten (im Alter von 55 Jahren und aufwärts) mit vaskulären Erkrankungen oder Diabetes teil, die während durchschnittlich fünf Jahren eine Kombination aus Folsäure und B-Vitaminen (2,5 mg Folsäure, 50 mg Vitamin B6 und 1 mg Vitamin B12) oder ein Placebo einnahmen. Der primäre gemeinsame Studienendpunkt war die kardiovaskuläre Mortalität sowie die Häufigkeit von Schlaganfällen und Herzinfarkten.

Durch die Folsäure- und Vitamin-B-Supplementation konnte die Homocysteinkonzentration im Plasma deutlich gesenkt werden, was sich aber nicht auf die klinische Wirkung niederschlug. Die Rate für den primären Endpunkt (kardiovaskulär bedingter Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall) betrug in der Verumgruppe 18,8% und in der Placebogruppe 19,8% (relatives Risiko 0,95; 95% Konfidenzintervall 0,84 bis 1,07; p = 0,41) und unterschied sich statistisch nicht signifikant. In einer nachträglichen Subgruppenanalyse konnte eine Reduktion des Schlaganfallrisikos um 25% für Patienten der Verumgruppe ermittelt werden (relatives Risiko 0,75; 95% Konfidenzintervall 0,59 bis 0,97). In der Verumgruppe mussten mehr Probanden aufgrund instabiler Angina hospitalisiert werden als in der Placebogruppe (relatives Risiko 1,24; 95% Konfidenzintervall 1,04 bis 1,49).

Nur Marker, kein eigenständiger Risikofaktor Die Initiatoren der Studie diskutierten diese Ergebnisse und äußerten folgende Vermutungen: Die Reduktion des Schlaganfallrisikos scheint ein Zufallsbefund zu sein, was möglicherweise auch auf die vermehrte Hospitalisierung aufgrund instabiler Angina in der Verumgruppe zutrifft. Der nicht nachweisbare klinische Benefit einer Abnahme des Homocysteinspiegels könnte möglicherweise darauf zurückzuführen sein, dass Homocystein zwar ein Marker, aber keine Ursache für kardiovaskuläre Erkrankungen ist. So führen viele kardiovaskuläre Risikofaktoren wie z. B. Rauchen, renale Dysfunktion, Bluthochdruck und Atherosklerose zu erhöhten Homocysteinwerten; diese sind aber die Folge und nicht der Grund für die kardiovaskulären Erkrankungen.

Nach einer verbreiteten Hypothese weisen Folsäure und B-Vitamine eine protektive Wirkung auf Herz und Gefäße auf, da sie die Konzentration von Homocystein senken. Die Ergebnisse der HOPE-Studie widerlegen das. Zwar wurde der Homocysteinspiegel signifikant gesenkt, dies führte aber zu keiner Reduktion des kardiovaskulären Risikos.

Weitere Studien zu Homocystein und Folsäure

NORVIT-Studie (Norwegian Vitamin Trial) An der Norwegischen Studie nahmen 3749 Personen mit erhöhten Homocysteinwerten teil, die kurz zuvor einen Herzinfarkt erlitten hatten. Sie wurden in vier Gruppen unterteilt. Eine Gruppe bekam eine Kombination aus Vitamin B6, Vitamin B12 und Folsäure, die zweite nur Vitamin B6, die dritte Folsäure kombiniert mit Vitamin B12 und die vierte ein Placebo. Nach 40 Monaten hatten Folsäure plus Vitamin B12 den Homocysteinwert um knapp 30% gesenkt, doch der primäre Endpunkt aus rezidivierendem Herzinfarkt, Schlaganfall oder plötzlichem koronaren Herztod war der gleiche wie unter Placebo. In der Kombinationsgruppe, in der die Patienten eine Kombination aus Vitamin B6, Vitamin B12 und Folsäure eingenommen hatten, war der Endpunkt sogar um 22% angestiegen.

VISP-Studie (Vitamin Intervention for Stroke Prevention) In der in den USA und Kanada durchgeführten Studie erhielten 3680 Schlaganfall-Patienten zwei Jahre lang Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12. Primärer Studienendpunkt war das Auftreten eines neuen Schlaganfalls. Durch die Supplementation sank in der Verumgruppe der Homocysteinspiegel, doch die Zahl der erneuten vaskulären Ereignisse blieb konstant; auch hier hatte die Gabe von Folsäure und B-Vitaminen keinen Einfluss auf die klinischen Ereignisse.

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