Arzneimittel und Therapie

Aus der Forschung: Chancen einer neuen Art von Krebs–therapie mit Imatinib

Nach jahrzehntelanger zytostatischer "Schrotschusstherapie" in der Onkologie zeichnet sich durch die Fortschritte in der Genom- und Proteomtechnologie ein Paradigmenwechsel hin zu einer individualisierten Krebstherapie ab. Einer der ersten Vertreter der so genannten targeted therapies war der Tyrosinkinase–inhibitor Imatinib (Glivec®), von dem auf dem Kongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Atlanta neue Daten präsentiert wurden.

Imatinib ist ein kleines Molekül mit antagonistischer Aktivität gegenüber Tyrosinkinasen und ist zur Behandlung von Patienten mit Philadelphia-Chromosom (bcr-abl)-positiver (Ph+) chronisch-myeloischer Leukämie (CML) indiziert. Weiterhin ist Imatinib zur Behandlung c-Kit-(CD 117)-positiver nicht resezierbarer und/oder metastasierter maligner gastrointestinaler Stromatumoren (GIST) zugelassen.

Positive Langzeitdaten bei Leukämie... Wenn auch die ersten, sehr positiven Daten von Imatinib im Vergleich zur damaligen Standardtherapie bereits vor vier Jahren vorgestellt wurden und dazu geführt haben, das Imatinib inzwischen zur Standardtherapie bei chronisch-myeloischer Leukämie geworden ist, machte auch in diesem Jahr dieser Tyrosinkinase–inhibitor während des jährlichen Kongresses der American Society of Clinical Oncology in Atlanta besonders auf sich aufmerksam: Die größte Studie mit 1106 zuvor unbehandelten CML-Patienten mit Imatinib zeigt immer noch ein ausgesprochen gutes Therapieansprechen, und nach fünf Jahren Therapie leben noch 89% der Patienten. Diese Überlebensraten übersteigen alle anderen jemals bei der CML erreichten.

Es wurde teilweise auch ein spätes Ansprechen auf Imatinib beobachtet und das Ansprechen war im allgemeinen dauerhaft. Der verantwortliche Leiter der Studie Brian Druker bemerkte selber erfreut, dass diese Langzeitdaten ihn mehr überrascht hätten, als die ersten Ergebnisse, die er vor vier Jahren vorgestellt habe. Wenn es sich auch nicht um eine Heilung der CML handele, so könne man sie doch über lange Zeit kontrollieren, und eine Stammzelltransplantation sei nur noch selten indiziert. Die Frage, ob er einen früheren Einsatz von anderen targetes therapies empfehlen würde, wenn diese zugelassen seien, verneinte Druker mit Nachdruck: Es spreche alles dafür, mit Imatinib zu beginnen, da diese Studie gezeigt habe, dass bei sehr gutem Gesamtüberleben und Verträglichkeit die meisten Patienten lange erfolgreich damit therapiert werden könnten und bisher keine Vergleichsstudien mit anderen Substanzen vorlägen. Zur Frage nach der Dauer der Therapie antwortete er, viele Patienten würden nach einem Absetzen von Imatinib wieder progredient. In einer anderen Studie konnte zudem der positive Effekt einer adjuvanten Therapie mit Imatinib bei gastrointestinalen Stromatumoren nach einer Resektion gezeigt werden.

...und beim Glioblastoma multiforme Eine Kombination aus Imatinib und Hydroxyurea war darüber hinaus beim Glioblastoma multiforme (GBM) getestet worden. Das Glioblastom gehört zu den aggressivsten malignen Neo–plasien mit einer medianen Überlebenszeit von ungefähr einem Jahr. Die Behandlung von neu diagnostizierten GBM, die aus Chirurgie und Chemo-/Radiotherapie besteht, führt bei 11% der Patienten zu einem progressionsfreien Überleben von zwei Jahren. Die Effektivität einer Monotherapie beim Glioblastoma multiforme ist sehr begrenzt. Imatinib hemmt zusätzlich zu den bcr-Abl- und c-Kit-Tyrosinkinasen auch den PDGF-Rezeptor, der unter anderem beim Glioblastom exprimiert wird. Da es möglicherweise einen Einfluss der Blut-Hirn-Schranke auf die Behandlung des Glioblastoma multiforme gibt, wurde in einer Studie Hydroxyharnstoff, das die Blut-Hirn-Schranke frei passieren kann und diese möglicherweise sogar moduliert, als Kombinationspartner zu Imatinib angewendet. Es zeigte sich, dass in der Zweit-Linien-Therapie nach Bestrahlung und Chemotherapie 40% der Patienten mit dieser Kombinationstherapie bei guter Verträglichkeit noch ein Jahr progressionsfrei blieben.

Zum Weiterlesen

Rezeptor-Tyrosinkinasen. Angriffspunkte für neue –Tumortherapien. Med Monatsschr Pharm 2004;27(2):50-8. www.medmopharm.de

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