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Krötsch fordert mehr Ehrlichkeit (DAZ-Interview)

MÜNCHEN (lub). Am 21. Juni 2006 ist Dr. Ulrich Krötsch zum neuen Präsidenten der Bayerischen Landesapothekerkammer gewählt worden (siehe unseren Bericht dazu). Krötsch tritt die Nachfolge von Johannes Metzger an und möchte einen neuen Ton in die aktuelle gesundheitspolitische Diskussion einbringen. Im exklusiven Interview mit DAZ-Korrespondent Lutz Bäucker sprach der Apotheker aus dem oberbayerischen Gröbenzell aber auch über Persönliches und Privates.

d:

Gratulation zur Wahl, Herr Dr. Krötsch! Sie übernehmen das Schiff in rauer See. Die Politik entwickelt immer neue Sparmaßnahmen, die Apotheke wird in Frage gestellt und die innerbayerische Standesopposition ist stark wie noch nie. Was möchten Sie tun, um das Schiff auf Kurs zu halten?

Krötsch:

Ich sehe zwei ganz wichtige Punkte. Einmal nach innen: Wir müssen uns permanent fortbilden, um glaubwürdig beraten zu können. Wir dürfen nicht die Helferin nach vorne schicken – das ist völlig unmöglich! Unsere Maßnahme, mit Testkäufen für Disziplin zu sorgen, hat sich sehr bewährt, auch wenn mancher im Verband das nicht so sieht. Und zweitens: Wir müssen uns nach außen besser präsentieren. Ich will die schon geöffneten Türen zur Politik offen halten, in München sowohl als auch in Berlin.

d:

Wie stehen die Regierungen in Bayern und im Bund den Apothekern gegenüber?

Krötsch:

die bayerische Staatsregierung ist sehr aufgeschlossen, auch sehr offen. Und in Berlin wird sehr geschätzt, dass wir mit ehrlichen Zahlen operieren und argumentieren. Und diese Ehrlichkeit – das ist der Weg! Bei den Gesprächen und Verhandlungen mit den Politikern ebenso wie bei der täglichen Beratung. Nur mit mehr Ehrlichkeit haben wir eine Chance, ernst genommen zu werden und unsere Position zu halten. Und wenn wir – wie viele von uns im vergangenen Jahr – gut verdient haben, dann müssen wir das auch sagen.

d:

Die Opposition um Thomas Hieble vom Bundesverband Deutscher Apotheker hat bei den bayerischen Delegiertenwahlen 42 von 100 gewonnen. Und bei Ihrer Wahl haben Sie 37 Gegenstimmen bekommen – so etwas hat es in Bayern noch nie gegeben. Hieble wirft Ihnen und dem neuen Vorstand vor, nicht an einer Mitarbeit seiner Gruppe interessiert zu sein. Wie wollen Sie als neuer Präsident mit Hieble und Co. umgehen?

Krötsch:

Die sensiblen Ausschüsse sind mit Leuten aus der Mehrheit besetzt. Aber ich möchte Hieble und seine Leute unbedingt mit einbinden und zwar dort, wo sie mit konstruktiver Mitarbeit ihren Goodwill zeigen können, also ich bin da offen und bereit! Es gab ja schon erste Signale aus der Opposition!

d:

Die herben Verluste der bisherigen Kammermehrheit – wie erklären Sie sich die?

Krötsch:

Zu einem gewissen Teil sicher dadurch, dass wir unsere Erfolge, unsere Arbeit einfach nicht entsprechend verkauft haben bei den Apothekern in Bayern. Ich sage Ihnen: Wir in Bayern sind in puncto Qualität führend in Deutschland, Fortbildung, QMS, etc., alle Kriterien erfüllen wir bestens! Das will ich stärker herausstellen. Außerdem muss ich besser rüberbringen, dass die Kammer entscheidend daran beteiligt war, dass wir weiterhin ein geschützter Heilberuf sind, dass wir das Arzneimittelmonopol immer noch haben – wie auch die Arzneimittelpreisverordnung. Das ist doch was! Das Glas ist halb voll, nicht halb leer! Da muss auch im psychologischen Bereich mehr von uns kommen!

d:

Manche Delegierte kritisieren auch die Arbeit der ABDA, an der Sie ja maßgebend beteiligt sind. Da würde zu viel Geld aus Bayern für wenig Sinnvolles ausgegeben.

Krötsch:

Das muss man differenziert sehen, aber so manche Kritik ist nachvollziehbar, das müssen wir verbessern.

d:

Würden Sie heute einem Abiturienten noch zum Studium der Pharmazie raten?

Krötsch:

Ja, er muss sich aber im Klaren sein: Die fetten Zeiten in der Pharmazie sind längst passé. Man muss um die Kunden kämpfen, noch besser beraten, glaubwürdig bleiben, uns besser präsentieren. Und immer wieder investieren.

d:

Also auch hier mehr Ehrlichkeit!?

Krötsch:

Das hat oberste Priorität!

d:

Was hat für Sie im persönlichen Bereich Vorrang? Haben Sie Hobbys – und jetzt noch Zeit dafür?

Krötsch (lacht):

Schaun mer mal. Ich fahre gern Ski, segle, habe jüngst einen Tauchkurs gemacht und muss – jawohl: muss! – viel Rad fahren, um mein Gewicht zu normalisieren. Macht aber Riesenspaß: Verona – Venedig zum Beispiel, wunderschön! Und Fußball-Fan bin ich auch, nicht nur wegen der WM!

d:

Und Musik?

Krötsch:

Na klar, die Rolling Stones, meine absolute Lieblingsband! Im Juli kommen Jagger und Co. nach München – ich bin natürlich dabei! Und jetzt fang ich an, Schlagzeug zu lernen, aber nicht, um Stones-Drummer Charlie Watts zu ersetzen! Zum Entspannen höre ich gern klassische Musik und ich tanze auch ganz gern!

d:

Wann beginnt Ihr Arbeitstag?

Krötsch:

Oft morgens um sechs! Eine wunderbare Zeit – die Ruhe, die Vögel zwitschern, der Tag ist noch so klar und frisch. Abends dagegen – das ist nicht meine Lieblingszeit für Arbeit.

d:

War es schon immer Ihr Ziel, Kammerpräsident zu werden?

Krötsch:

Nein, ich musste das nicht werden. Ist ja schließlich ein hoher Preis, zahlt. Aber ich habe mir das jetzt gut überlegt und bin bereit. Ich hoffe, dass ich eine breite Unterstützung bekomme für die Aufgaben, die im Interesse der Pharmazie zu lösen sind.

d:

Wir wünschen Ihnen alles Gute und viel Glück dazu!

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