Arzneimittel und Therapie

Fettstoffwechselstörungen: Hohe HDL-Werte sind wichtig

Bei der Behandlung von Fettstoffwechselstörungen sollte nicht nur das Gesamtcholesterin beurteilt werden. Das kardiovaskuläre Risiko zeigt sich erst an dem Verhältnis des "guten" HDL-Cholesterins zum "schlechten" LDL-Cholesterin. So hat jemand mit einem eher hohen Gesamtcholesterin von 220 mg/dl, aber einem hohen HDL-Cholesterin von 65 mg/dl ein genauso hohes kardiovaskuläres Risiko wie jemand, mit einem deutlich niedrigeren Gesamtcholesterin von 100 mg/dl und einem HDL von nur 44 mg/dl.

Nach der Einführung der Statine stand in der letzten 15 Jahren vor allem die Senkung des LDL-Cholesterins im Vordergrund des Interesses. Die Erfolge bei der Therapie konnten in einer Vielzahl von Multicenterstudien dokumentiert werden. Dabei konnte die Therapie mit Statinen das kardiovaskuläre Risiko in der Mehrzahl der Untersuchungen um etwa 30 bis 35% reduzieren.

Auch HDL-Spiegel beachten

Neben dem erhöhten LDL-Cholesterin beeinflussen die HDL-Cholesterinspiegel die kardiovaskuläre Prognose wesentlich. Aus epidemiologischen Studien lässt sich ableiten, dass eine HDL-Steigerung von 1 mg/dl das kardiovaskuläre Risiko um 2 bis 3% senken kann.

Deshalb wird heute zunehmend darauf geachtet, dass mit therapeutischen Maßnahmen auch die HDL-Werte angehoben werden. Nachgewiesen ist eine HDL-Erhöhung vor allem für Bewegung und Gewichtsabnahme. Der Kardiologe Prof. Dr. med. Jörg Kreuzer, Limburg, meinte auf dem diesjährigen Internistenkongress in Wiesbaden: "Die Änderung der Lebensgewohnheiten – vor allem eine Gewichtsabnahme, das Beenden des Nicotinkonsums und regelmäßige körperliche Aktivität – können zu einer deutlichen Steigerung des HDL-Cholesterins beitragen. Bei Patienten mit einem besonders hohen Risiko, z. B. bei sehr ausgedehnten Veränderungen der Koronarien, kann jedoch eine medikamentöse Erhöhung des HDL-Spiegels notwendig werden."

HDL kann medikamentös erhöht werden

In zwei Studien (ARBITER-2 und -3, Arterial Biology for the Investigation of the Treatment Effects of Reducing Cholesterol) wurde gezeigt, was man mit einer zusätzlichen Anhebung des HDL-Cholesterins bei Dyslipid–ämie erreichen kann.

In der ARBITER-2-Studie erhielten Patienten mit koronarer Herzkrankheit zusätzlich zu der Therapie mit Simvastatin täglich 1 g verzögert freisetzende Nicotinsäure (Nia–span®). Bei den Patienten stieg der HDL-Cholesterinspiegel im Mittel um 20 bis 30%.

Kardiovaskuläre Ereignisse wie plötzlicher Herztod, Apoplex oder akutes Koronarsyndrom traten in der Nicotinsäure-Gruppe seltener auf als in der Vergleichsgruppe. In der ARBITER-3-Studie wurde die Atherosklerose anhand der Intima-Media-Dicke der Karotis bestimmt. Dafür wurden Patienten, die ARBITER-2 beendet hatten, für weitere zwölf Monate mit der Kombinationstherapie behandelt. Die HDL-Cholesterinspiegel nahmen mit der Nicotinsäure um durchschnittlich 23,7% zu. Dies war mit einem signifikanten Rückgang der Intima-Media-Dicke der Karotis um 68% verbunden.

Unterschiedliche pharmakologische Ansatzpunkte

Statine beeinflussen die HDL-Werte nicht sehr stark. Die Wirkstoffe, die, teilweise zugelassen, teilweise noch in der klinischen Prüfung, für eine HDL-Steigerung zur Verfügung stehen, sind unter anderem Nicotinsäure, Fibrate, Glitazone und Inhibitoren des Cholesterin-Ester-Transport-Proteins (CETP), zu denen Torcetrapib gehört. Sie setzen an unterschiedlichen Schritten des HDL-Stoffwechsels an und können zu HDL-Erhöhungen zwischen 15 und 45% führen. Die klinische Evidenz dieser Substanzen ist bisher allerdings nicht mit der der Statine vergleichbar. Lediglich für die Fibrate und die Nicotinsäure liegen klinische Studien vor. Allerdings brauche man Geduld, um die Effekte auf das HDL abzuwarten, meinte Professor Kreuzer. Manchmal könne man sogar nach 24 Monaten Therapie noch eine weitere HDL-Erhöhung beobachten.

Welche Patienten am ehesten von einer Erhöhung des HDL-Cholesterins profitieren, lasse sich derzeit noch nicht abschätzen, so Kreuzer. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt scheint es daher sinnvoll, vor allem diejenigen Patienten zu behandeln, die ein besonders hohes Risiko haben. Zu dieser Gruppe gehören zum Beispiel Patienten mit ausgedehnten Veränderungen der Koronarien, deren Risiko nicht alleine durch ein erhöhtes LDL-Cholesterin zu erklären ist. {au}Quelle Prof. Dr. med. Jörg Kreuzer, Limburg: Seminar "Prävention und Therapie der Atherosklerose: Bewertung der Risikofaktoren Typ-2-Diabetes, Dyslipoproteinämie und Hypertonie", 112. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, Wiesbaden, 25. April 2006, veranstaltet von der Merck Pharma GmbH, Darmstadt. hel

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