Arzneimittel und Therapie

Depressionen: Alternativen bei Therapieversagen

Welcher Weg ist Erfolg versprechend nach einem Versagen der Erst-Linien-Therapie: Der Wechsel des Medikaments oder eine Kombination verschiedener Wirkstoffe? Mit dieser Frage befassten sich zwei Studien zur Therapie der Major Depression. Mit einer Kombination erzielt einer von drei Patienten eine Remission, von einem Wechsel profitiert ein Patient von vier. So das Fazit der zwei Untersuchungen.

Patienten, die an einer Major Depression leiden, sprechen nicht immer auf eine Erst-Linien-Therapie an, so dass weitere therapeutische Alternativen ergriffen werden müssen. Als mögliche Schritte kommen der Wechsel auf einen anderen Wirkstoff ("switching") oder eine Kombinationstherapie ("Augmentation") in Frage. Im Rahmen der STAR*D-Studie (STAR*D = Sequenced Treatment Alternatives to Relieve Depression), einer großen Langzeitstudie zur Behandlung der Depression, werden diese Alternativen genauer untersucht. Mehr als tausend Patienten mit nicht-psychotischer schwerer Depression, bei denen nach einer rund dreimonatigen Therapie mit Citalopram keine Remission eingetreten war oder die die Therapie nicht vertragen hatten, konnten sich für einen Therapiewechsel oder eine Kombinationstherapie entscheiden. 727 Studienteilnehmer wechselten die Therapie, 565 nahmen ein zweites Medikament ein. Alle Patienten wurden ambulant behandelt; der primäre Studienendpunkt war jeweils die Remission der Symptome (ermittelt anhand der Hamil-ton-Rating-Scale für Depressionen HRSD-17). Sekundäre Studienendpunkte waren Remission und Response nach der QIDS-SR-16-Skala (QIDS-SR = Quick Inventory of Depressive Symptomatology-Self –Report).

Medikation um ein zweites Medikament erweitern ...

Für die Gruppe der Kombinationstherapie (Augmentation) wurden multizentrisch 565 ambulante Patienten mit nicht-psychotischer schwerer Depression randomisiert, die nicht auf Citalopram (mittlere Enddosis 55 mg/Tag) angesprochen hatten. 279 Studienteilnehmer erhielten zusätzlich zu Citalopram täglich bis zu 400 mg Bupropion, 286 Patienten bis zu 60 mg Buspiron. Primärer Studienendpunkt war die Symptomremission (ein Score von 7 oder weniger auf der Hamilton-Depressionsskala). Sekundäre Studienendpunkte waren Veränderungen innerhalb der QIDS-SR bei Remission und Response.

In beiden Armen kam es bei einem Drittel der Patienten innerhalb von 14 Wochen zu einer Remission. Die Remissionsraten waren mit 29,7% (Bupropion-Gruppe) und 30,1 % (Buspiron-Gruppe) nahezu identisch. Bei den sekundären Studienendpunkten zeigte sich ein leichter Benefit für Bupropion, das zu weniger Therapieabbrüchen aufgrund unerwünschter Wirkungen führte und Schwere und Anzahl depressiver Symptome effektiver reduzierte.

... oder zu einem anderen Wirkstoff wechseln

Um die Wirkungen eines Therapiewechsels untersuchen zu können, wurden 727 Patienten mit persistierender Major Depression nach erfolgloser Citalopramtherapie ebenfalls in einer multizentrischen Studie auf drei Gruppen randomisiert.

  • 238 Studienteilnehmer wurden mit Sertralin (max. 200 mg pro Tag) therapiert,
  • 239 Patienten erhielten Bupropion (bis zu maximal 400 mg pro Tag),
  • 250 Probanden erhielten Venlafaxin (maximal 375 mg am Tag).

Primärer Studienendpunkt war wiederum die Symptomremission, gemessen anhand der Hamilton-Rating-Scale für Depressionen (HRSD-17), sekundäre Studienendpunkte bezogen sich auf Veränderungen in der QIDS-SR-16-Skala.

Die Remissionsraten beim primären und sekundären Studienendpunkt betrugen für Bupropion 21,3% und 25,5%, für Sertralin 17,6 und 26,6% und für Venlafaxin 24,8 und 25%. Die Unterschiede sind statistisch nicht signifikant. Das bedeutet, dass 25% der Patienten innerhalb von 14 Wochen nach dem Switch symptomfrei waren, wobei es hinsichtlich Effektivität, Sicherheit und Verträglichkeit keine Unterschiede zwischen den drei Gruppen gab.

Kommentar

Ein Kommentar befasst sich näher mit diesen Studien und attestiert ihnen trotz fehlender Placebokontrolle einen sinnvollen und sorgfältigen Aufbau sowie einen konkreten Bezug zum klinischen Alltag. Aus ihren Ergebnissen lassen sich unterschiedliche Schlüsse ziehen: Positiv erscheint, dass nach Versagen einer Ersttherapie mit Citalopram – das in den USA am häufigsten eingesetzte SSRI – durch eine Augmentation oder den Wechsel auf ein anderes Antidepressivum jedem dritten bzw. jedem vierten Patienten weiter geholfen werden kann. Allerdings gibt der Kommentator zu bedenken, dass trotz vieler therapeutischer Möglichkeiten weit mehr als die Hälfte aller psychisch kranker Patienten keine oder eine viel zu spät einsetzte effektive Therapie erhält und psychisch Kranke nach wie vor benachteiligt sind.

Kurzcharakteristika der verwendeten Antidepressiva

  • Citalopram (z. B. Cipramil®) ist ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
  • Bupropion (z. B. Zyban®) ist ein Dopamin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer und wird in Deutschland vor allem zur Raucherentwöhnung eingesetzt.
  • Buspiron (z. B. Anxut®, Bespar®) ist ein partieller Agonist am postsynaptischen 5-HT1A-Rezeptor, der die Wirkung der SSRIs verstärkt. Buspiron wird nicht als antidepressives Monotherapeutikum eingesetzt.
  • Sertralin (z. B. Zoloft®) gehört zu den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern.
  • Venlafaxin (z. B. Trevilor®) ist ein Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.