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Gehe-Informationstagung: Die Apothekenzukunft wird pharmazeutisch entschieden

BERLIN (ral). Eine Diskussion mit Vertretern der Politik über die anstehende Gesundheitsreform zu führen, ist derzeit eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Außer persönlichen Meinungen ist kaum etwas in Erfahrung zu bringen. Das war auch auf der Gehe-Apotheker-Informationstagung am 9. Mai in Berlin nicht anders, bei der Annette Widmann-Mauz (CDU), Dr. Marlies Volkmer (SPD) und Biggi Bender (Grüne) das Wort hatten. Deutlicher wurde hier ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf. Für ihn steht fest: Die Zukunft der Apotheke wird pharmazeutisch entschieden.

"Die Strukturen im Gesundheitswesen müssen immer wieder überprüft und wenn nötig neuen Gegebenheiten angepasst werden", stellte Widmann-Mauz zu Beginn ihres Statements heraus. Sicher sei, dass in Zukunft aufgrund der demografischen Entwicklung mehr Geld als heute im Gesundheitswesen benötigt werde – zumindest dann, wenn der Status quo der Versorgung aufrechterhalten werden soll. Die Frage sei nur, wer dieses Mehr an Geld schultern müsse. Hierüber werde derzeit im Arbeitskreis verhandelt, weshalb sie dazu auch keine näheren Aussagen machen könne.

Näher ging Widmann-Mauz dafür auf das ABDA-Modell zur GKV-Finanzreform ein. Dieses Modell mit seiner erweiterten Aut-idem-Regelung ist aus Sicht der Politikerin durchaus diskussionswürdig. Allerdings zweifelt sie daran, dass die Erweiterung von aut idem und die damit verbundene größere Verantwortung auch wirklich von allen Apothekern – und nicht nur von der Berufsvertretung – gewünscht wird. Die Frage der Haftung sei hier vorab zu klären. Bedenken müsse man zudem, wie der Generikamarkt auf das ABDA-Modell reagiere. Hier gebe es noch viel Gesprächsbedarf.

Naturalrabattverbot macht Beratung glaubwürdiger

Einen Schritt in die richtige Richtung sieht Dr. Marlies Volkmer im Arzneimittelverordnungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG). Ihrer Ansicht nach können auch die Apotheker mit diesem Gesetz gut leben. Sie sei sich zwar bewusst, dass der Wegfall der Naturalrabatte für die Apotheker einen Einschnitt bedeutet, jedoch habe man Rabatte ja nicht gänzlich verboten. Abgesehen davon könne man das Naturalrabattverbot auch als Stärkung der Apothekerposition betrachten – insbesondere, wenn man über eine erweiterte Aut-idem-Regelung nachdenke. Denn die Beratung – das Pfund, mit dem die Apotheker laut Volkmer wuchern sollen – könne durch das Verbot unabhängiger von finanziellen Anreizen und damit glaubwürdiger durchgeführt werden. In der anstehenden Gesundheitsreform sieht Volkmer darüber hinaus keine große Gefahr für den Berufsstand. Weder sei man daran interessiert, den Versandhandel auszuweiten, noch besteht aus ihrer Sicht Bedarf für eine Änderung bei den Regelungen zu Fremd- und Mehrbesitz.

Modell grün: Wirkstoffbezogene Erstattung

Nach Einschätzung von Biggi Bender wird sich die Große Koalition bei der Entscheidungsfindung zur Gesundheitsreform sehr schwer tun. Zu befürchten sei, dass am Ende nur eine "Reform der Gesichtswahrungsaspekte" herauskomme, die weder das Problem der Ausgaben-, noch das der Einnahmenseite der GKV wirklich in Angriff nehme. Ein Lösungsvorschlag von ihrer Seite sind Direktverträge zwischen Herstellern und Kassen zur Regelung des verschreibungspflichtigen Marktes.

Allerdings fehle hierfür derzeit die gesetzliche Grundlage. Denkbar wäre laut Bender als Basis für die Verträge eine wirkstoffbezogene Erstattung. Die Apotheker könnten im Rahmen dieser Lösung für die Auswahl der Präparate zuständig sein – und somit eine stärkere Position im Gesundheitssystem einnehmen.

Drei Schwerpunktthemen der ABDA

Für ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf gibt es von Seiten der Apotheker drei Schwerpunktthemen, auf die sie sich konzentrieren müssen, um sich in Zeiten ständiger Reformbemühungen behaupten zu können. Als erstes Schwerpunktthema nannte er die Vermittlung des Patientennutzens durch eine optimale Arzneimittelversorgung. In diesem Zusammenhang gelte es eine gute Arzneimittelberatung in jeder Apotheke erlebbar zu machen.

Medikationsmanagement, pharmazeutische Betreuung, Nutzenbewertung von Arzneimitteln, Pharmakovigilanz und die Erstellung apothekereigener Statistiken seien darüber hinaus Maßnahmen, die zur Vermittlung des Patientennutzens beitragen könnten und daher verstärkt in Angriff genommen werden müssten.

Als zweites Schwerpunktthema nannte er die optimale Arzneimittelversorgung durch den freien Heilberuf Apotheke. "Die Vorteile einer unabhängig erbrachten Leistung müssen deutlich herausgestellt werden", so Wolf. Das Kombimodell, das eine preisunabhängige Apothekervergütung ermögliche, habe hier einen großen Beitrag geleistet. Wichtig sei es darüber hinaus, die Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen zu suchen und die Funktionen der Selbstverwaltung auszubauen. Vom Gesetzgeber forderte Wolf die Gewährleistung des erforderlichen Ordnungsrahmens.

"Der freie Heilberuf im Leistungs- und Qualitätswettbewerb" war das dritte Schwerpunktthema, das Wolf ansprach. Es müsse endlich deutlich werden, dass sich die Apotheker bereits heute im Wettbewerb befinden und diesen nicht ablehnen.

Für die Zukunft sieht Wolf einen Ausbau der flexiblen Vertragspolitik unter dem Dach der Apothekerverbände als geeignete Maßnahme für eine Stärkung dieses Schwerpunktthemas.

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