Arzneimittel und Therapie

Migränekopfschmerzen: Das spricht für ASS

Schon 109 Jahre alt und immer noch Gegenstand intensiver klinischer und pharmakologischer Forschung: Acetylsalicylsäure (ASS) schneidet nicht nur bezüglich Wirksamkeit und Kosteneffektivität günstig ab; sie zeigt auch hinsichtlich der Magenverträglichkeit Vorteile. Eine Erklärung dafür liefern neue Erkenntnisse über die ASS-induzierte Bildung von zytoprotektivem NO.

Acetylsalicylsäure (ASS) kann neben seiner Prostaglandin- und Thrombozyten-hemmenden Wirkung auch einen direkten Beitrag zur Integrität des Gefäßendothels leisten. Dies geschieht über einen COX-unabhängigen Mechanismus, wobei die Effekte denen von Stickstoffmonoxid oder NO-Donatoren ähneln. Tatsächlich konnte inzwischen gezeigt werden, dass Acetylsalicylsäure als einziges nicht-steroidales Antirheumatikum (NSAR) die Aktivität der endothelialen NO-Synthetase (eNOS) steigert. Infolge der erhöhten NO-Konzentration wird dann die Ferritin-Produktion angestoßen und die Menge an freiem oxidativen Eisen gedrosselt. Außerdem erhöht NO über Aktivierung der Häm-Oxygenase-1 (OH-1) die Bilirubin-Konzentration. Dies scheint für die mukosale Integrität im Gastrointestinaltrakt eine wichtige Rolle zu spielen.

ASS-induzierter gastroprotektiver Effekt

NO wird heute als wichtiger Mediator für die gastrointestinale Mukosaprotektion betrachtet. Es entfaltet im Magen Prostaglandin-ähnliche schleimhautschützende Effekte. Auch der durch Prostaglandinsynthese-Hemmer reduzierten Magenschleimhautdurchblutung kann NO aufgrund seiner gefäßrelaxierenden Eigenschaften entgegenwirken. Prof. Dr. Henning Schroeder, Stanford (USA), ist davon überzeugt, dass diese ASS-induzierten, durch NO-vermittelten Reaktionswege für die relativ gute Magenverträglichkeit der ASS verantwortlich sind. Er verwies auf ein durch Studien bestätigtes Verträglichkeits-Ranking (Aramis database, Fries (J. Clin. Rheumatol. 4, 11 [1998]), in dem ASS vor anderen praxisrelevanten NSAR Platz 1 belegte.

Klinische Studien-Daten

Anhand einer Metaanalyse auf Basis individueller Patientendaten demonstrierte Professor Diener, dass 1000 mg ASS als gepufferte Brausetablette beim akuten Migräneanfall vergleichbar wirksam ist wie 50 mg Sumatriptan. Dies gilt auch für die migränetypischen Begleitsymptome Übelkeit, Licht- und Geräuschempfindlichkeit. Auch Patienten mit schwerer Migräne sprachen dabei auf Acetylsalicylsäure an. Ein Kosteneffektivitätsvergleich hinsichtlich der Schmerzlinderung beim Migräneanfall nach zwei Stunden ergab: ASS verursacht gegenüber Sumatriptan dabei etwa zehnmal weniger Kosten.

Beim Studienvergleich von intravenös verabreichter Acetylsalicylsäure (1000 mg) mit subkutan appliziertem Sumatriptan (6 mg) waren 76% der Triptan behandelten und 44% der ASS-behandelten Patienten nach zwei Stunden schmerzfrei. Die Nebenwirkungsrate fiel jedoch mit 8% für ASS (gegenüber 38% bei Sumatriptan) deutlich günstiger aus. Angesichts der bei Triptanen zu beachtenden kardiovaskulären Kontraindikationen stellt Acetylsalicylsäure eine wichtige Strategie zur Behandlung des akuten Migräneanfalls dar.

In einer übergreifenden Studienanalyse konnte außerdem gezeigt werden, dass die ASS-1000 mg-Brausetablette gegenüber der Kombination von ASS-Tablette plus Metoclopramid bei akuter Migräne mindestens gleich gut wirksam, jedoch nebenwirkungsärmer ist. Daher der Rat von Diener: "Wenn Acetylsalicylsäure zur Migränebehandlung eingesetzt werden soll, dann möglichst als gepufferte Brausetablette!".

Produktivitätsausfall durch Migräne

  • 6 bis 8% der Männer und 15 bis 18% der Frauen leiden unter Migräne
  • Migräne steht an Position 19 der weltweit häufigsten Krankheiten
  • In der EU gehen jährlich 190 Millionen Arbeits- bzw. Schultage durch Migräne verloren
  • Migränepatienten erleiden typischerweise zwölf bis 24 Attacken pro Jahr
  • Auf eine Million Menschen kommen täglich 3000 Migräneanfälle

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