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Generikahersteller: AVWG trifft die Falschen

BERLIN (ks). Der Verband Pro Generika will aufräumen mit Vorurteilen gegen generische Arzneimittel. Immer wieder hört man, Generika seien in Deutschland zu teuer, der Preisabstand zum Erstanbieter zu gering und die Abstände bei den Generika untereinander zu groß. Für Pro Generika-Geschäftsführer Hermann Hofmann sind dies lediglich "Pseudodebatten", die bedauerlicherweise immer wieder ungeprüft von der Politik übernommen würden. So sei auch das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) unter fraglichen Annahmen zustande gekommen.

Die 17 Mitgliedsfirmen von Pro Generika, die Hofmann zufolge 90 Prozent des deutschen Gesamtmarktes repräsentieren, sind verärgert über die Regelungen des AVWG: Die drastische Absenkung der Festbeträge und der zehnprozentige Preisabschlag, der auch noch rückwirkend zum 1. April gilt, sind für die Hersteller von Nachahmerpräparaten nicht verständlich. Obwohl Generika 2005 rund 3,4 Mrd. Euro eingespart haben, würden sie noch immer bestraft, monierte Hofmann am 9. Mai in Berlin. Er verwies darauf, dass im letzten Jahr zudem 1,1 Mrd. Euro verschenkt worden seien, weil unnötigerweise teuren Erstanbieter-Präparaten der Vorzug gegeben wurde. Dabei, so Hofmann, lasse sich der wahre Kostentreiber im Arzneimittelbereich leicht ausmachen: die Strukturkomponente. Nach Zahlen von IMS Health ist diese im ersten Quartal 2006 wieder um 9,4 Prozent angestiegen. Der Umsatz steigerte sich in dieser Zeit gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum um 8,9 Prozent, die Mengenentwicklung war mit minus 0,5 Prozent leicht rückläufig. Im nicht-generikafähigen Markt gingen die Umsätze (nach Apothekenverkaufspreis) sogar um 15,6 Prozent nach oben – wo generische Verordnungen möglich waren, stieg der Umsatz nur um 1,9 Prozent. Allerdings ist das geringe Wachstum im generikafähigen Markt nicht so sehr den Generika selbst zuzuschreiben: Ihr Umsatz wuchs bei einem Mengen-Plus von 3,8 Prozent um 12,9 Prozent. Dieser Anstieg konnte allerdings durch einen Umsatzrückgang von minus 17,7 Prozent bei den patentfreien Erstanbietern ausgeglichen werden. Hofmann erklärte diese Umsatzsteigerung damit, dass im vergangen Jahr besonders viele Patente für Arzneimittel mit teuren Ausgangssubstanzen und Herstellungsverfahren ausgelaufen seien.

Kritik am AVWG

Bei Pro Generika befürchtet man, dass das AVWG den Anstieg der Strukturkomponente künftig noch verstärken wird. So könne die Neudefinition des Innovationsbegriffs dazu führen, dass Arzneimittel, die lediglich für relevante Patientengruppen oder Indikationsbereiche einen höheren Nutzen haben als andere Medikamente dieser Wirkstoffklasse, nicht mehr mit einem Festbetrag belegt würden. Dass das AVWG die Generikaquote (derzeit 70 Prozent im generikafähigen Markt) steigen lassen könnte, erwartet Hofmann nicht. Hoffnung hierfür könnte die Bonus-Malus-Regelung geben – doch dieser steht Pro Generika mehr als skeptisch gegenüber: "Wir glauben, die Regelung wird den Praxistest nicht überstehen", so Hofmann. Ärzte würden durch sie massiv überfordert und das Arzt-Patienten-Verhältnis geschädigt.

Broschüre soll "Sechs –Irrtümer" ausräumen

Hofmann zufolge beruhen die politischen Entscheidungen nicht zuletzt auf lange gepflegten Irrtümern zu Generika. Pro Generika hat daher eine Broschüre erarbeitet, die zu sechs typischen Fehlannahmen Stellung bezieht. So weist der Verband die Behauptung zurück, der Preisabstand zwischen Erstpräparaten und Generika schrumpfe kontinuierlich. Tatsächlich habe sich der Preisabstand zwischen 2000 und 2004 auf 38 Prozent vergrößert, das Erstanbieterpräparat sei im Schnitt 62 Prozent teuer. Auch von Studien, die angeblich belegen, dass das deutsche Preisniveau von Generika zu hoch sei, will Hofmann nichts mehr hören. Wirklich seriösen Untersuchungen zufolge bewege sich Deutschland bei seinen Generikapreisen im EU-Durchschnitt. Ein vorläufiger Tiefpunkt in dieser Debatte sei das Interview mit dem Unions-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder im "Stern". Kauder hatte hier erklärt, Generika seien hierzulande zu teuer. Für Hofmann ein klarer Fall des "Nachplapperns" ungeprüfter Behauptungen interessierter Dritter. Auch die Darstellung großer Generikaunternehmen als "böse" will sich Pro Generika nicht mehr gefallen lassen. Hofmann betonte die Türöffnerfunktion, die gerade der größten Generikahersteller für die kleineren Unternehmen übernehmen: Ohne den Außendienst von Ratiopharm oder Hexal würden viele Ärzte gar nicht von neuen Patentabläufen und preiswerten Alternativen zum Original erfahren.

Durchgängig

zehn Prozent Zuzahlung Der Verband erneuerte zudem seine Forderung, eine generelle zehnprozentige Zuzahlung für Arzneimittel einzuführen. "Wenn die Mindestzuzahlung von fünf Euro wegfällt, werden preisgünstige Arzneimittel auch für die Patienten preiswerter – das setzt die richtigen Anreize", so Hofmann. Für wenig sinnvoll hält er hingegen die Option, Patienten von der Zuzahlung freizustellen, wenn sie sich für ein Arzneimittel entscheiden, dessen Preis 30 Prozent unter Festbetrag liegt. Hofmann hält es für kaum wahrscheinlich, dass viele Hersteller eine solche Preissenkung vornehmen werden.

Der Verband Pro Generika will aufräumen mit Vorurteilen gegen Generika: Sie seien zu teuer, der Preisabstand zum Erstanbieter zu gering und die Abstände bei den Generika untereinander zu groß. Für Pro Generika-Geschäftsführer Hermann Hofmann sind dies lediglich "Pseudodebatten", von der Politik unkritisch übernommen.

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