Arzneimittel und Therapie

Chronisch-entzündliche Darmerkrankung: Infliximab auch bei Colitis ulcerosa wir

Infliximab ist zur Therapie des schwergradigen, aktiven Morbus Crohn und des Morbus Crohn mit Fistelbildung nach Ausschöpfung anderer Therapien zugelassen. In zwei Studien wurde der Antikörper Patienten mit Colitis ulcerosa infundiert, deren Krankheitsaktivität trotz Standardtherapie mittelschwer bis schwer ausgeprägt war. Die Symptome besserten sich innerhalb von acht Wochen bei fast zwei Drittel der Patienten gegenüber einem Drittel mit Placebo. Der Vorteil hielt bei fortgesetzter Behandlung über ein Jahr lang an.

Infliximab (Remicade®) ist ein chimärer monoklonaler Antikörper gegen den Tumornekrosefaktor-α (TNF-α). Er bindet mit hoher Affinität an lösliche und unlösliche Formen von TNF-α und hebt dessen biologische Aktivität auf.

Als proentzündliches Zytokin spielt TNF-α eine wichtige Rolle bei Morbus Crohn und wurde auch im Blut, Stuhl und Dickdarmgewebe von Patienten mit Colitis ulcerosa in erhöhter Konzentration gemessen. Bei Morbus Crohn erwies sich Infliximab als wirksam, bei Colitis ulcerosa wurde seine Wirksamkeit kürzlich in zwei Studien untersucht.

An den Studien ACT 1 und ACT 2 (Active ulcerative colitis trials) nahmen je 364 Erwachsene teil, deren Colitis-ulcerosa-Aktivität trotz Standardbehandlung (5-Aminosalicylsäure-Derivate, Glucocorticoide, eines der Immunsuppressiva Azathioprin oder Mercaptopurin) mittelschwer bis schwer ausgeprägt war. Randomisiert und doppelblind erhielt je ein Drittel der Patienten zusätzlich zur Standardbehandlung intravenös Infliximab in den Dosierungen 5 oder 10 mg/kg Körpergewicht oder Placebo. Die Infusionen fanden in Woche 0, 2 und 6 statt und danach alle acht Wochen bis Woche 46 beziehungsweise Woche 22 (ACT 2). Die Patienten wurden 54 oder 30 Wochen (ACT 2) nachbeobachtet.

Mayo-Score misst Krankheitsaktivität

Die Symptome wurden mit dem Mayo-Score beurteilt. Dabei schlugen Stuhlfrequenz, rektale Blutungen, endoskopischer Befund und Gesamturteil des Arztes mit jeweils 0 bis 3 Punkten zu Buche. Die Patienten hatten zu Beginn einen Mayo-Score zwischen 6 und 12.

Primärer Endpunkt war das klinische Ansprechen in Woche 8. Als klinisches Ansprechen galt ein Abfall des Mayo-Scores um mindestens drei Punkte und um mindestens 30% zusammen mit einem Absinken des Punktwerts für rektale Blutungen um mindestens einen Punkt oder einen absoluten Punktwert für rektale Blutungen von höchstens 1. Klinische Remission war ein Mayo-Score von höchstens 2 ohne einen Einzelpunktwert über 1. Schleimhautheilung war definiert als endoskopischer Punktwert von höchstens 1.

Rund 60% der Teilnehmer waren männlich. Das Durchschnittsalter lag bei gut 40 Jahren. 72% der Patienten nahmen 5-Aminosalicylsäure-Derivate ein, 56% Glucocorticoide und 46% Immunsuppressiva. Mehr Patienten der Placebo-Gruppe als der Infliximab-Gruppen brachen die Therapie vorzeitig ab: 61% gegenüber 37% mit 5 mg und 40% mit 10 mg Infliximab in ACT 1 sowie 46% gegenüber 20% mit 5 mg und 22% mit 10 mg Infliximab in ACT 2.

Infliximab verbessert Symptome

In Woche 8 der Studie ACT 1 sprachen 37% der Placebo-Gruppe gegenüber 69% mit 5 mg und 61% mit 10 mg Infliximab klinisch an. In Woche 8 der Studie ACT 2 waren es 29% mit Placebo gegenüber 64% mit 5 mg und 69% mit 10 mg Infliximab. Die Unterschiede zwischen den Infliximab-Gruppen und der Placebo-Gruppe waren signifikant. Zwischen den beiden Infliximab-Dosierungen bestand kein Unterschied.

Ein klinisches Ansprechen oder eine klinische Remission hatten 1,7- bis über 2-mal mehr Infliximab-Patienten als Placebo-Patienten in Woche 8 und Woche 30 beider Studien sowie in Woche 54 von ACT 1. Zu den gleichen Zeitpunkten war die Schleimhaut mit Infliximab bei deutlich mehr Patienten als mit Placebo geheilt. In Woche 30 (in ACT 1 auch Woche 54) war außerdem der Anteil der Patienten größer, die in klinischer Remission waren und Glucocorticoide abgesetzt hatten.

Nebenwirkungen wie beim M. Crohn

Nebenwirkungen traten insgesamt in allen Gruppen vergleichbar häufig auf. Schwere Nebenwirkungen betrafen in ACT 1 knapp ein Viertel aller Behandlungsgruppen, in ACT 2 ein Fünftel der Placebo-Gruppe, aber nur ein Zehntel der Infliximab-Gruppen. Neurologische Nebenwirkungen – zwei Fälle von Sehnervenentzündung und eine multifokale Erkrankung motorischer Nerven – beschränkten sich auf die Infliximab-Gruppen. Schwere Infektionen traten bei 4% der Placebo-Gruppe, 2,5% mit 5 mg und 7% mit 10 mg (bzw. in ACT 2 1% gegenüber 2% und 2,5%) auf. Unter 10 mg Infliximab trat ein Tuberkulose-Fall auf, unter 5 mg Infliximab eine tödliche Lungenentzündung durch Histoplasmose.

Fazit

Die beiden Studien demonstrierten die Wirksamkeit von Infliximab bei Patienten, die trotz Standardtherapie an mittelschwerer bis schwerer Colitis ulcerosa leiden, sowohl für die Induktionstherapie (die ersten drei Infusionen) als auch für die anschließende Erhaltungstherapie. Die 5-mg-Dosierung war ebenso wirksam wie die 10-mg-Dosierung. Bei mit Infliximab behandelten Colitis-ulcerosa-Patienten traten aber auch seltene, schwere Nebenwirkungen auf, wie sie von der Therapie des Morbus Crohn bekannt sind

Nomenklatur monoklonaler Antikörper

Art des Antikörpers (INN-Endung)

  • chimär (-ximab)
  • humanisiert (-zumab)
  • voll human (-umab)

Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn?

Beide Erkrankungen sind durch eine Entzündung der Darmschleimhaut charakterisiert. Während der Morbus Crohn sowohl am Dünndarm als auch am Dickdarm auftreten kann, befällt die Colitis ulcerosa nur den Dickdarm. Der Morbus Crohn verläuft zunächst oft stumm. Später treten Bauchschmerzen und bedingt durch die gestörte Nahrungsaufnahme Gewichtsverluste auf. Die Colitis ulcerosa äußert sich vor allem durch blutig-schleimige Stuhlentleerungen und – falls der ganze Dickdarm entzündet ist – heftige Durchfälle.

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