Ernährung aktuell

Jodversorgung: In Deutschland herrscht noch immer Jodmangel

Das Spurenelement Jod, das ein wichtiger Bestandteil der Schilddrüsenhormone ist, wird in Deutschland nach wie vor nur in unzureichender Menge aufgenommen. Zwar hat sich mit freiwilligen Prophylaxemaßnahmen wie der Jodierung des Speisesalzes die Versorgungslage in Deutschland verbessert, doch nach WHO-Kriterien besteht noch immer ein milder Jodmangel.

Das Spurenelement Jod dient dem körpereigenen Aufbau der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). Der menschliche erwachsene Organismus hat einen Jodspeicher von 10 bis 20 mg, davon befinden sich 8 bis 15 mg in der Schilddrüse. Die Jodausscheidung erfolgt vorwiegend renal nach Dejodierung der Schilddrüsenhormone; etwa 15 bis 20 µg werden über die Fäces ausgeschieden.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt in Abhängigkeit von Alter und Lebenssituation eine tägliche Jodzufuhr von 40 bis 260 µg. Schilddrüsenhormone sind besonders im Wachstumsalter von Bedeutung, da sie sowohl die körperliche als auch die geistige Entwicklung beeinflussen. Während in der Schwangerschaft ein erhöhter Bedarf infolge einer verstärkten renalen Durchblutung und einem damit verbundenen erhöhten Jodgehalt im Urin entsteht, müssen in der Stillzeit die Jodmengen, die mit der Frauenmilch verloren gehen, ausgeglichen werden (s. Tab. 1).

Jodquelle Nr. 1: Seefische

Jod kommt zwar praktisch in allen Lebensmitteln vor, ausreichende Mengen liefern jedoch nur Seefische wie Schellfisch oder Seelachs und Algen. Für die Ernährung in Deutschland kommen an erster Stelle Seefische in Betracht; sie liefern bis zu 240 µg Jod/100 g verzehrsfähigem Anteil. Des Weiteren können Milchprodukte in Abhängigkeit von der Fütterung der Tiere und bestimmte Gemüse zu einem geringen Teil zur Jodversorgung beitragen (s. Tab. 2). Für alle jodhaltigen Lebensmittel gilt, dass durch Kochen ein Teil des Jods verloren geht.

Optimum noch nicht erreicht

1996 fand zum bislang letzten Mal ein so genanntes "Jod-Monitoring" in Deutschland statt. Damals ermittelte das Bundesministerium für Gesundheit eine mittlere Zufuhr von 119 µg Jod/Tag bei Jugendlichen und Erwachsenen, was etwa zwei Drittel der von der DGE empfohlenen Zufuhrmenge entspricht. Obwohl sich die Jodversorgungslage in Deutschland in den letzten Jahren verbessert hat, liegt die durchschnittliche Jodzufuhr noch immer unterhalb der Zufuhrempfehlungen und ist somit mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Jodmangelerkrankungen verbunden (Tab. 3). Das International Council for the Control of Iodine Deficiency Disorders (ICCIDD) teilte im Jahr 2003 mit, dass weiterhin ein milder Jodmangel (Jodmangel Grad I) für alle Altersgruppen besteht, der sich nicht nur auf Süddeutschland beschränkt. Nach Angaben des WHO-Berichts "Jodversorgung weltweit" (Dezember 2004) gelten etwa 22,3 Mio. Deutsche, darunter 1,3 Mio. Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren, als jodunterversorgt. Positiv bewertet die DGE die Entwicklung bei Kindern: der Neugeborenenkropf trete nicht mehr auf und auch bei sechs- bis zehnjährigen Kindern sei regional von einer ausgeglichenen Versorgung auszugehen.

Viel versprechend: Jodsalz

Um dem bevölkerungsweiten Jodmangel entgegen zu wirken, empfiehlt die DGE neben einer ausgewogenen Ernährung mit ein bis zwei Fischmahlzeiten in der Woche sowie täglich Milch oder Milchprodukten, die Verwendung von Jodsalz im Privathaushalt, aber auch in der Gemeinschaftsverpflegung, Gastronomie sowie in der Lebensmittelherstellung. Jodsalz enthält zwischen 15 und 25 mg Jod/kg Speisesalz und eignet sich besonders gut zur Jodmangelprophylaxe, da es zum einen sehr preiswert und zum anderen unabhängig von den Ernährungsgewohnheiten des Einzelnen verwendet wird. Bei einem erhöhten Jodbedarf in Schwangerschaft, Stillzeit und Pubertät oder bei Lebensmittelunverträglichkeiten und Einhaltung einer salzarmen Ernährung können gezielt Jodidtabletten nach Absprache mit einem Arzt eingenommen werden.

Skepsis ist unbegründet

Kritiker werfen diesen Empfehlungen "Zwangsmedikation" vor; die Jodprophylaxe führe zu erheblichen gesundheitlichen Problemen wie einer Hyperthyreose. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat jedoch im Jahr 2004 diese Vorwürfe untersucht und kam zu dem Ergebnis, dass eine Jodprophylaxe weder Schilddrüsenerkrankungen auslöst oder verschlimmert noch zu Folgeerkrankungen führt. Vielmehr hat sie die Versorgungslage der Bevölkerung verbessert. Nahrungsjod hat selbst bei der Basedow-Hyperthyreose keine Auswirkungen, nur eine latente Hyperthyreose durch autonome Zentren der Schilddrüse kann durch Jod klinisch relevant werden, was andererseits aber zu einer frühzeitigen Erkennung solcher Zentren beitragen kann.

Jodallergien wie etwa die Jodakne (Jododerma tuberosum) treten dagegen erst bei wesentlich höheren Dosierungen auf, die z. B. in Jod-Kontrastmitteln verwendet werden. Die Toxizität von Jod ist sehr gering; die WHO hält eine langfristige tägliche Aufnahme von bis zu 1 mg Jod (= 50 g Jodsalz) für unbedenklich.

Sushi für die Schilddrüse?

Jodid in der Nahrung ist grundsätzlich gesund. Doch auch hier gilt: Die Dosis macht das Gift. So warnt das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin vor Jodiddosen von mehr als 500 µg pro Tag. Sie können Schilddrüsenkrankheiten induzieren oder verschlechtern. Dieses Risiko ist hierzulande allerdings eher begrenzt. Es sei denn, Algen, und hier insbesondere Braunalgen gehören regelmäßig auf den Speiseplan. Wer Braunalgen kauft, sollte deshalb auf den Jodgehalt achten. Unbedenklich sind dagegen Sushi, denn sie werden mit Rotalgen umwickelt.

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