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Dermatologie steigt in Versorgungsforschung ein

MÜNSTER (tmb). Die Versorgungsforschung steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen und wird bei der Nutzenbewertung für Arzneimittel nur unzureichend berücksichtigt. Dennoch beginnt sich in der Dermatologie eine Versorgungsforschung nach internationalem Vorbild zu entwickeln, wie bei einem Symposium zur Gesundheitsökonomie im Rahmen der Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie am 4. April in Münster deutlich wurde.

Prof. Dr. Dr. Reinhard Rychlik, Burscheid, verglich die Nutzenbewertung, wie sie in Deutschland im Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vorgenommen werden soll, mit den international verbreiteten Vorgehensweisen. Als Datenbasis werden üblicherweise unterschiedliche prospektive experimentelle und beobachtende, aber auch retrospektive Untersuchungen, Metaanalysen und Modelle herangezogen. Neben der Wirkung in artifiziellen Studiensituationen werden auch Daten zur Wirksamkeit von Arzneimitteln unter Alltagsbedingungen aus der Versorgungsforschung berücksichtigt.

Nutzenbewertung in Deutschland

Dagegen wurde der Nutzenbegriff für die Bewertung in Deutschland im GMG zunächst offen formuliert und nicht in einem wissenschaftlichen Diskurs konkretisiert. Durch das AVWG soll nun eine Nutzenbewertung anhand von Kriterien der evidenzbasierten Medizin, vorrangig mit Hilfe klinischer Studien zum direkten Vergleich patientenrelevanter Endpunkte, festgeschrieben werden. Bei dieser Vorgehensweise werden die Kosten nicht mit gesundheitsökonomischen Evaluationen erfasst, sondern im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots erst vom Gemeinsamen Bundesausschuss gesondert berücksichtigt. Doch erwartet Rychlik, dass eine Nutzenbewertung auf der Grundlage der Versorgungsforschung die Versorgungsqualität verbessern und Ressourcen einsparen würde. Stattdessen fördere das AVWG weiterhin Preisdiktat und Budgetierung.

Die Versorgungsforschung in Deutschland ist im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern noch kaum entwickelt. So beklagte Prof. Dr. Matthias Augustin, Hamburg, dass nur wenige systematisch erhobene Daten über den Versorgungsbedarf und die Versorgungsqualität verfügbar sind. In Deutschland findet Versorgungsforschung bisher überwiegend im Rahmen einzelner Projekte statt. Für die Dermatologie ermittelte Augustin etwa 101 Projekte von 35 Arbeitsgruppen. Die bisherigen Ergebnisse lassen eine Tendenz zur Unterversorgung erkennen, insbesondere für moderne Behandlungsansätze bei chronisch-entzündlichen Dermatosen.

Competenzzentrum Versorgungsforschung

Als Einstieg in eine möglichst umfassende Versorgungsforschung für die Dermatologie in Deutschland stellte Dr. Lisa Zimmer, Hamburg, das am 1. Oktober 2005 gegründete "Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie" (CVderm) vor. Es wird von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen unterstützt und ist als Forschungsschwerpunkt am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf angesiedelt. Dort sollen belastbare Daten zur Versorgungsrealität unter Alltagsbedingungen ermittelt werden, die eine wichtige Voraussetzung zur Steuerung der Ressourcenallokation im Gesundheitswesen bilden. Als Projekte des CVderm wurden bisher eine Erhebung zum Versorgungsstand des atopischen Ekzems bei Schulkindern in Schleswig-Holstein, zur Versorgungsqualität bei chronischen Wunden und zur Epidemiologie und Prognoseforschung für Hautkrankheiten initiiert. Darüber hinaus soll ein "Apothekennetzwerk" aufgebaut werden (siehe folgender Artikel).

Zu einem weiteren Forschungsprojekt über Vakuumtherapie chronischer Wunden präsentierte Dr. Katharina Herberger, Hamburg, bereits Ergebnisse. Anhand des Wundstatus, der Lebensqualität, gemessen mit dem Freiburg Life Quality Assessment, und eines neu entwickelten Konzeptes für den patientendefinierten Nutzen wurden eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität und eine hohe Akzeptanz der Vakuumtherapie ermittelt.

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