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Arzneimittel bei Allergien und Asthma

Allergien und Asthma weisen Ähnlichkeiten in der Symptomatik auf. Pathophysiologisch steht bei Allergien das körperfremde Allergen, bei Asthma die chronische Entzündung der Bronchien im Mittelpunkt. In den letzten Jahren ist insbesondere die Pharmakotherapie des Asthmas verbessert worden.

Etwa 30% der Weltbevölkerung sind von Allergien betroffen.

Als mögliche Ursachen werden neben einer genetischen Prädisposition eine übertriebene Hygiene und die Umweltbelastung diskutiert. Allerdings ergab die weltweit durchgeführte ISAAC-Studie, dass keine eindeutige Korrelation zwischen Umweltbelastung und Allergie-Inzidenz besteht. Präventivmaßnahmen gegen Allergien sind vor allem pränatal und in den ersten Lebensjahren eines Kindes sinnvoll.

Eine kausale Therapie der Allergie ist die Hyposensibilisierung. Dabei wird der Körper über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren ständig steigenden Allergenmengen ausgesetzt, die allergenspezifische IgE-Produktion sinkt langfristig, und die Effektorzellen werden positiv beeinflusst.

Antiallergika

Zur symptomatischen Therapie einer Allergie stehen Mastzellstabilisatoren, Antihistaminika (H1-Antagonisten) und Glucocorticoide zur Verfügung. Die Mastzellstabilisatoren Cromoglicinsäure, Nedocromil und Dinatriumcromoglicat unterbinden die Degranulation der Mastzellen. Dieser Effekt wirkt sich vor allem bei leichten Allergieformen befriedigend aus.

Antihistaminika stellen für die lokale Therapie am Auge das Therapieoptimum dar. Bei leichten bis mittelschweren Allergieformen wirken sie auch lokal im Bereich der oberen Atemwege und systemisch sehr gut. Die Präparate der ersten Generation, die sedierende, anticholinerge und antiadrenerge Nebenwirkungen aufweisen, sind heute Reservemittel, wenn Präparate der zweiten Generation (z. B. Terfenadin) kontraindiziert sind. Antihistaminika der zweiten Generation liegen teilweise als kardiotoxische Prodrugs vor, die normalerweise von der Leber durch das Enzym CYP-3A4 schnell in untoxische, antihistaminerg wirksame Metaboliten umgewandelt werden (s. u.: Ein klinischer Fall).

Für schwere Allergieformen ist die lokale Applikation von kurzwirksamen Glucocorticoiden unerlässlich. Sie sind wirksame Entzündungshemmer und werden in der Regel als Stoßtherapie, in besonders schweren Fällen auch als Dauertherapie eingesetzt. Da sie nur geringfügig resorbiert werden, haben sie kaum systemische Neben- und Wechselwirkungen.

Neue Wege in der Asthmatherapie

Die medikamentöse Therapie des Asthmas stützt sich heute in erster Linie auf entzündungshemmende Glucocorticoide und ≠2-Sympathomimetika zur Bronchodilatation. Sowohl für die Bedarfs- als auch für die Dauermedikation stehen gut wirksame Medikamente zur Verfügung, die aber hinsichtlich der Nebenwirkungen und der Behandlung der nächtlichen Asthmaanfälle noch unbefriedigend sind.

Mit der Zulassung des rekombinanten Anti-IgE-Antikörpers Omalizumab (Xolair®) wurde eine neue Therapieoption eröffnet. Er neutralisiert IgE-Antikörper, die als Folge allergischer Reaktionen gebildet werden, und hemmt die IgE-Produktion in den B-Zellen. Omalizumab ist nur bei eindeutig IgE-vermitteltem Asthma anwendbar. Klinische Studien haben eine gute Verträglichkeit belegt.

Auch der Bronchodilatator Tiotropiumbromid (Spiriva®), der seit 2002 zur Behandlung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zugelassen ist, bereichert die Therapiemöglichkeiten des Asthmas. Tiotropiumbromid leitet sich strukturell vom Atropin ab und liegt wie Ipratropiumbromid als quaternäres Ammoniumsalz vor. Es ist wesentlich besser und länger wirksam als Ipratropium, und die Nebenwirkungen sind geringer.

Das neue inhalative Glucocorticoid Ciclesonid (Alvesco®) ist seit Anfang 2005 in Deutschland zur Therapie des persistierenden Asthmas bei Erwachsenen ab 18 Jahren zugelassen. Da es selektiv in der Lunge aktiviert wird, soll es kaum lokale (Mundsoor und Heiserkeit) und systemische Nebenwirkungen (Osteoporose) hervorrufen. Ein weiterer Vorteil ist die einmal tägliche Einnahme. Es wird als Dosieraerosol angeboten.

In der Entwicklung befinden sich Roflumilast und Cilomilast, selektive Inhibitoren der Phosphodiesterase 4 (PDE-4), die in den Entzündungsprozess von Atemwegserkrankungen eingreifen. In den bisher vorliegenden Studien zeigte sich eine Verbesserung der Lungenfunktion. Für Adenosin-A2A-Rezeptorantagonisten, die sich in der präklinischen Prüfung befinden, wird eine ähnliche Indikation wie für die PDE-4-Inhibitoren diskutiert.

Ein klinischer Fall

Ein 33-jähriger Mann, der wegen einer saisonalen allergischen Rhinitis (Heuschnupfen) und einer Onychomykose mehrerer Fußnägel gleichzeitig mit Terfenadin und Itraconazol therapiert wurde, wurde bewusstlos aufgefunden. Die klinischen Untersuchungen ergaben eine QT-Zeit-Verlängerung, was auf eine Torsade-de-pointes-Tachykardie schließen lässt. Diese war auf eine Interaktion von Terfenadin und Itraconazol zurückzuführen. Terfenadin hemmt den Kalium-Einstrom in die Herzmuskelzellen und damit deren Repolarisation, was die QT-Zeit verlängert; da es durch CYP-3A4 schnell zu der nicht toxischen Wirkform Fexofenadin verstoffwechselt wird, ist es normalerweise unbedenklich. Itraconazol hemmt jedoch CYP-3A4 spezifisch, sodass Terfenadin zu toxischen Konzentrationen kumulieren kann.

Pulmonale Applikationssysteme

Die wichtigsten Antiasthmatika werden heute durch Inhalation appliziert; dabei ist die richtige Handhabung der pulmonalen Applikationssysteme entscheidend für den Therapieerfolg.

Klassische inhalative Zubereitungen sind die Dosieraerosole, deren Treibmittel heute frei von Fluorchlorkohlenwasserstoffen sind.

Elektrische Vernebler werden hauptsächlich im Krankenhaus oder in der Wohnung verwendet, insbesondere bei Kindern und Schwerkranken. Nachteil: Die Inhalation dauert relativ lange (15 Minuten) und erfordert eine umständliche Vorbereitung.

Dosieraerosole verlangen vom Anwender eine optimale Koordination und einen langsamen inspiratorischen Flow. Nur 10 bis 15% der versprühten Substanz erreichen die Lungen. Diese Menge kann durch Spacer, deren Qualität allerdings sehr unterschiedlich ist, deutlich erhöht werden.

Pulverinhalatoren stehen als Mehrdosen-Applikatoren mit Einzelbepackung (Diskus®) oder mit Reservoirsystem (Twisthaler® Turbohaler®, Easyhaler®, Aktivinhalator®) zur Verfügung. Auch sie benötigen einen bestimmten inspiratorischen Flow, damit genügend Substanz in der Lunge deponiert wird. Alle modernen Pulverinhalatoren sind benutzerfreundlich, aber teurer als Dosieraerosole.

Richtig angewendet sind die heute gebräuchlichen Applikationssysteme weitgehend gleichwertig. Bei der Auswahl sind die individuellen Fähigkeiten des Patienten zu berücksichtigen.

Antihistaminika der zweiten Generation sollten nicht zugleich mit Hemmstoffen des Enzyms CYP-3A4, z.B. Itraconazol, angewendet werden, weil sie dann zu toxischen Konzentrationen kumulieren. Die Asthmatherapie ist im letzten Jahr durch die neu zugelassenen Wirkstoffe Omalizumab und Ciclesonid bereichert worden. Die Dosieraerosole wurden auf FCKW-freie Treibmittel umgestellt.

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