Arzneimittel und Therapie

Herpes zoster: Impfung gegen Gürtelrose

Herpes zoster wird durch Reaktivierung eines endogen im Nervensystem persistierenden Varizella-zoster-Virus (VZV) ausgelöst. Inzidenz und Schweregrad der Erkrankung steigen mit zunehmendem Lebensalter an. Mit einem VZV-Lebendimpfstoff (Zostavax&trade) kann die Häufigkeit des Auftretens der Erkrankung verringert sowie Symptome und Komplikationen drastisch gemildert werden, wie eine Studie mit über 38.500 Patienten gezeigt hat.

Frühere Studien hatten zu der Annahme geführt, dass die Gabe von VZV-Vakzinen an ältere Menschen deren zellvermittelte Immunität gegenüber dem Virus boostern kann. Nun sollte an einer großen Zahl von Probanden geprüft werden, ob durch Gabe eines Impfstoffes mit attenuierten Varizella-zoster-Viren die Inzidenz oder der Schweregrad (oder beides) von Herpes zoster und postherpetischer Neuralgie bei älteren Erwachsenen (über 60 Jahre) reduziert werden kann.

Krankheitslast mittels Skala bewertet

Es wurde eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit 38.546 Erwachsenen mit einem Mindestalter von 60 Jahren (Median: 69 Jahre) durchgeführt. 19.270 Patienten erhielten einen VZV-Lebendimpfstoff ("Zoster-Impfstoff", Oka/Merck), 19.276 ein Placebo. Die Diagnose Herpes zoster wurde anhand von klinischen Kriterien und Laboruntersuchungen gestellt. Die mit Herpes zoster assoziierten Schmerzen und Symptome wurden über einen Zeitraum von sechs Monaten mehrmals erfasst.

Der primäre Endpunkt war die Krankheitslast ("burden of illness") durch Herpes zoster innerhalb eines halben Jahres nach Auftreten des Hautausschlages. Diese Variable wurde durch die Inzidenz, den Schweregrad und die Dauer der mit der Erkrankung verbundenen Schmerzen und Symptome beeinflusst. Der sekundäre Endpunkt war die Inzidenz von postherpetischer Neuralgie. Die Schmerzintensität wurde mithilfe einer Punkteskala von Null bis 10 (0 = kein Schmerz, 10 = schlimmster vorstellbarer Schmerz) bewertet. Der Bereich von Null bis drei Punkten war jedoch nicht mit einer bedeutsamen Verminderung der Lebensqualität oder einer Einschränkung der Aktivitäten des täglichen Lebens verbunden.

Inzidenz und Schweregrad verringert

Über 95% der Patienten beendeten die Studie, der Beobachtungszeitraum (für Herpes zoster) lag im Median bei 3,1 Jahren. In die Wirksamkeitsanalyse wurden insgesamt 957 bestätigte Fälle von Herpes zoster (315 unter Empfängern des Impfstoffs und 642 unter Placebo) und 107 Fälle von postherpetischer Neuralgie (27 unter Empfängern des Impfstoffs und 80 unter Placebo) einbezogen. Die Anwendung des Impfstoffs verringerte die Inzidenz von Herpes zoster um 51,3%, die Krankheitslast durch Herpes zoster um 61,1% und die Inzidenz einer postherpetischen Neuralgie um 66,5%.

Nebenwirkungen detailliert erfasst

Im Rahmen einer Substudie wurde mithilfe von Tagebüchern bei mehr als 6000 Teilnehmern eine detaillierte Erfassung der innerhalb von 42 Tagen nach der Impfung auftretenden Nebenwirkungen vorgenommen. Zu den häufigsten Lokalreaktionen an der Injektionsstelle zählten dabei Erythem, Schmerzen, Schwellungen und Pruritus. Sie traten unter den Empfängern des Impfstoffs signifikant häufiger auf als unter Placebo, waren aber im Allgemeinen nur geringgradig ausgeprägt. Schwerwiegende, möglicherweise in Zusammenhang mit der Impfung stehende Nebenwirkungen traten nur bei insgesamt fünf Patienten (zwei in der Vakzin-Gruppe, drei in der Placebo-Gruppe) auf.

Häufiger Gürtelrose wegen steigender Lebenserwartung

Die Studie hat gezeigt, dass die Gabe eines VZV-Lebendimpfstoffs zu einer deutlich geringeren Morbidität durch Herpes zoster und postherpetische Neuralgie bei Erwachsenen im höheren Lebensalter führen kann. Aufgrund der ansteigenden Lebenserwartung ist davon auszugehen, dass Zoster-Erkrankungen immer häufiger beobachtet werden. Mit der Zulassung eines solchen Impfstoffes könnten die besonders im höheren Lebensalter häufiger auftretenden Komplikationen reduziert werden. Sowohl bei der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA als auch bei der EMEA wurden nach den positiven Ergebnissen der Studie Zulassungsanträge für einen Lebendimpfstoff gegen Herpes zoster (vorgesehener Handelsname: Zostavax&trade) eingereicht.

Therapie der Gürtelrose Bei jüngeren Patienten ohne Risikofaktoren heilt die Gürtelrose auch ohne spezifische antivirale Therapie meist komplikationslos aus. Bei Patienten ab dem 50. Lebensjahr, bei Risikofaktoren (z. B. Patienten mit Immunschwäche) oder einem erwarteten komplizierten Verlauf besteht eine Indikation zur systemischen antiviralen Therapie. Die häufigste und wichtigste Komplikation ist die postherpetische Neuralgie. Dabei handelt es sich um akute oder chronische Nervenschmerzen, die bei ca. 10 bis 20% der Patienten und gehäuft ab dem 50. Lebensjahr auftreten. Sie können über Monate oder sogar Jahre bestehen bleiben und sind oft behandlungsresistent. Die Behandlung erfolgt analgetisch und lokalanästhetisch, bei schwerer Symptomatik auch in Kombination mit Antikonvulsiva, Antidepressiva oder Neuroleptika (siehe Tabelle).

Beratung von Patienten mit chronischen Schmerzen Nach einer Herpes-zoster-Infektion oder auch nach einer Amputation treten oft Schmerzen auf, die nicht sichtbar sind wie z. B. ein Gipsbein. Häufig treffen Patienten deshalb bei ihren Angehörigen, Freunden oder Kollegen auf Unverständnis, teilweise kommt es zum sozialen Rückzug. Folgende Tipps können Patienten dabei unterstützen, mit ihren Schmerzen besser fertig zu werden:

  • Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wenn Ihre Schmerzen durch die verordneten Medikamente nicht ausreichend gelindert werden oder sich verschlimmern.
  • Unterstützen Sie die medikamentöse Therapie durch eine positive Lebenseinstellung und eine gesunde Lebensführung (gesunde Ernährung, wenig Alkohol, regelmäßiger Schlaf).
  • Erlernen Sie Entspannungstechniken (autogenes Training, progressive Muskelentspannung nach Jacobson).
  • Pflegen Sie soziale Kontakte, denn Einsamkeit verstärkt das Schmerzempfinden. Schließen Sie sich einer Selbsthilfegruppe an.
  • Nehmen Sie gegebenenfalls eine psychologische Beratung durch geschulte Therapeuten, wie sie in vielen Schmerzambulanzen angeboten wird, in Anspruch.

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