Verordnungsausschluss für kurzwirksame Insulinanaloga?

BERLIN (ks). Voraussichtlich im April will der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) darüber entscheiden, welche praktische Konsequenzen die Nutzenbewertung von kurzwirksamen Insulinanaloga durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) mit sich ziehen wird. Angedacht ist eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinien. Hier könnte bestimmt werden, dass kurzwirksame Insulinanaloga für Patienten mit Typ-2-Diabetes nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden dürfen, solange diese deutlich teurer sind als Humaninsuline. Am 21. Februar leitete der G-BA ein Stellungnahmeverfahren zu diesem Vorschlag ein.

Im vergangenen Jahr war dem IQWiG der Auftrag erteilt worden, alle im Rahmen von Disease-Management-Programmen verwendeten Arzneimittel auf ihren Nutzen hin zu überprüfen. Den Anfang machte das Institut mit der Bewertung kurzwirksamer Insulinanaloga bei Diabetes Typ 2. Die Nutzenbewertung langwirksamer Analoginsuline sowie beider Analoga für die Behandlung von Patienten mit Diabetes Typ 1 sollen folgen. Die Wissenschaftler kamen nach Auswertung der Studien zu dem Ergebnis, dass die kurzwirksamen Analogpräparate keinen Zusatznutzen gegenüber den bewährten Humaninsulinen haben (siehe DAZ Nr. 6, 2005, S. 39).

Der G-BA hat sich diese Bewertung zu eigen gemacht und muss hieraus nun Konsequenzen ziehen. Der Unterausschuss Arzneimittel des G-BA hat bereits eine Beschlussvorlage erarbeitet, die eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinien vorsieht. Zu dieser können sich nun die Betroffenen - Industrie und Selbsthilfegruppen - binnen vier Wochen äußern. Der Vorsitzende des G-BA, Dr. Rainer Hess, betonte am 21. Februar in Berlin, dass niemand die Wirksamkeit der kurzwirksamen Insulinanaloga bezweifle - das Problem sei der Preis dieser Medikamente. Da nicht ersichtlich sei, dass sie gegenüber Humaninsulinen einen Zusatznutzen aufweisen, sei ein um mehr als 30 Prozent höherer Preis nicht gerechtfertigt. Solange dieser erhebliche Preisunterschied bestehe, sei die Verordnung von Insulinanaloga unwirtschaftlich. Die GKV soll ihre Kosten daher nicht mehr übernehmen. Ausnahmen sollen allerdings für solche Patienten gelten, die bereits gut auf die moderneren Präparate eingestellt sind. Dennoch seien die Ärzte gefordert, einen Umstellungsprozess einzuleiten, betonte Hess.

Kritik an Studiensituation

Dem G-BA ist vor allem eines nicht verständlich: Bereits seit zehn Jahren sind Analoginsuline auf dem Markt. Doch kein Hersteller machte sich die Mühe, in dieser Zeit Studien zu ihrem Nutzen durchzuführen. Auch die Patientenvertreter im G-BA zeigten sich hierüber "enttäuscht".

Rolf Stuppardt, Vorstandsvorsitzender des IKK-Bundesverbandes, erwartet daher mit Spannung, welche Argumente die Betroffenen nun vorbringen werden. Die Anhörung werde "richtungsweisend" sein - auch für die noch kommenden Entscheidungen zu Nutzenbewertungen, so der IKK-Chef. Hersteller und Selbsthilfeorganisationen machen bereits gegen die Entscheidung des IQWiG mobil und überhäufen den G-BA mit Beschwerdebriefen.

Gemeinsame Festbetragsgruppe unwahrscheinlich

Alternativ zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinien könnte der G-BA auch einen Therapiehinweis ausgeben. Dieses weniger scharf wirkende Instrument wurde im jüngst verabschiedeten Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung nochmals explizit geregelt. Theoretisch könnte das Problem auch dadurch gelöst werden, dass alle Insuline in einer gemeinsamen Festbetragsgruppe zusammengefasst werden. Allerdings müsste der Festbetrag dann oberhalb des Preises für Humaninsuline festgelegt werden, das Preisniveau würde also insgesamt angehoben werden. Daher geht Hess nicht davon aus, dass es zu einer Festbetragsgruppenbildung kommt.

Künftig will der G-BA bei neuen Arzneimitteln möglichst verhindern, dass viele Patienten auf diese umgestellt werden, solange deren Zusatznutzen noch nicht belegt ist. Daher hat er bereits jetzt beim IQWiG einen Eil-Antrag auf Nutzenbewertung von inhalativen Insulinen gestellt. In einem so genannten "rapid-response"-Verfahren soll noch vor Markteinführung dieses neuen Medikaments ein erstes Meinungsbild des Instituts eingeholt werden.

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