Industrie zur Reform: Leistungsseite vernachlässigt

BERLIN (ks). Kritik am Reformkompromiss übten auch die Verbände der Pharmaindustrie. Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) beklagte, dass die Leistungsseite in der Diskussion um den Gesundheitsfonds vernachlässigt wurde. Beim Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) sprach man von einem "mittelmäßigen Kompromiss", der zu einer "unzumutbaren Bevormundung von Versicherten und Leistungserbringern" führen werde.

VFA-Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer, kritisierte, dass der Gesundheitsfonds in der Öffentlichkeit seit Wochen fast alle Aufmerksamkeit absorbiere: "Für die Leistungsseite, hat sich kaum jemand interessiert". Dabei hätte diese aus Sicht des VFA in der Verhandlungskommission genauer betrachtet werden müssen - denn auch hier stimmten die Arbeitsentwürfe aus dem Ministerium nicht mit den Eckpunkten überein.

So werde - anders als in den Eckpunkten vereinbart - keine Kosten-Nutzen-Bewertung nach internationalen Standards festgeschrieben. Auch die geplanten Erstattungshöchstbeträge für innovative Medikamente verheißen aus für Yzer nichts Gutes. Nicht zuletzt werde es bei der Zweitmeinung für besondere Arzneimittel "genau auf die Ausgestaltung ankommen, damit der Zugang zu innovativen Arzneimittel für Patienten nicht zum Hürdenlauf wird".

Der BPI äußerte Skepsis, ob die jetzt gefundene Einigung den "Belastungen der Realität" standhalten werde. Die geplanten Neuerungen würden, entgegen anderslautender Beteuerungen, zu deutlichen Mehrbelastungen sowohl für privat als auch gesetzlich Versicherte führen. "Von nachhaltigen Lösungen sind wir meilenweit entfernt", sagte Thomas Brauner, stellvertretender BPI-Hauptgeschäftsführer. Durch die Konzentration der Debatte auf Fonds und Beitragsbelastung werde übersehen, dass die große Koalition die Versicherten zunehmend vom medizinischen Fortschritt abkopple. So würden unnötige und wettbewerbsfeindliche Hürden aufgebaut, die den Marktzugang innovativer Therapien und moderner diagnostischer Verfahren blockierten. Statt tatsächlich auf mehr Wettbewerb zu setzen, werde die Kaskade der Kostendämpfungspolitik der letzten Jahre fortgesetzt. "Uns steht eine zunehmende Verstaatlichung und Zentralisierung der medizinischen Versorgung ins Haus", erklärte Brauner.

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