Ratiopharm: Staatsanwaltschaft - Ermittlungsverfahren bleibt eingestellt

BERLIN/ULM (ks). Der Fall Ratiopharm lässt die Medien nicht los. In seiner letzten Ausgabe griff der "Stern" die angeblichen Ärzte-Bestechungen des Generikaherstellers abermals auf. Auch das TV-Magazin "Monitor" berichtete am 19. Januar von neuen firmeninternen Dokumenten, sowie Aussagen von Ärzten und ehemaligen Ratiopharm-Referenten, die Aufschluss über das System Ratiopharm geben sollten. Der Chef der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) Ingo Kailuweit forderte die Ulmer Staatsanwaltschaft auf, das Ermittlungsverfahren wieder aufzugreifen - diese sieht hierfür jedoch keinen Anlass.

Die KKH verwies am 18. Januar auf eine Stichprobe bei niedergelassenen Ärzten, die nach Informationen von "Monitor" und "Stern" Sonderzahlungen von Ratiopharm erhalten haben sollen. Das Ergebnis: Gegenüber seinem durchschnittlichen Marktanteil von rund 18 Prozent unter Generikaherstellern erreichte Ratiopharm bei diesen Ärzten einen Anteil von rund 60 Prozent. Kailuweit betonte: "Wenn Ärzte zu ihrem eigenen wirtschaftlichen Vorteil teurere Medikamente als notwendig verordnen, muss eingeschritten werden". Die Preise für Arzneimittel seien überhöht, weil die Geldzahlungen an Ärzte in die Preisgestaltung der Pharmaunternehmen eingehen. Kailuweit forderte die Staatsanwaltschaft auf, die Ermittlungen gegen den Pharmakonzern unverzüglich wieder aufzunehmen.

Darüber hinaus sei die Politik gefordert, im Rahmen der Gesundheitsreform eine rechtliche Klarstellung herbeizuführen. Ohne harte strafrechtliche Konsequenzen würden alle Bemühungen gegen Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen ad absurdum geführt. "Die bisherigen Regelungen in den Berufsordnungen der Ärzte und Apotheker sind hier nur ein stumpfes Schwert", so Kailuweit.

Staatsanwaltschaft sieht keine Rechtsgrundlage

Die Staatsanwaltschaft Ulm ließ daraufhin verlauten, dass sie an ihrer Entscheidung, die Ermittlungen gegen Verantwortliche des Unternehmens nicht weiter zu führen, festhalte. Sie sieht nach wie vor keinen Anfangsverdacht gegeben. Ein Strafbarkeit scheitere schon daran, dass es sich bei Ärzten nicht um Amtsträger handle. Die Staatsanwaltschaft wies ergänzend darauf hin, dass auch aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht folge, dass der Kassenarzt bei wirkstoffgleichen Medikamenten stets nur das preisgünstigste Medikament verschreiben dürfe. Unter strafrechtlichen Aspekten habe dies zur Folge, dass die Auswahl des möglicherweise nicht billigsten, jedoch zur Erreichung des Behandlungserfolges notwendigen und wirksamen Medikaments durch den Arzt keinen als Untreue strafbaren Pflichtenverstoß darstellt.

Transparency fordert neue Haftungsregelungen

Auch die Anti-Korruptionsorganisation Transparency Deutschland hat sich mittlerweile zu Wort gemeldet. Sie forderte die kassenärztlichen Vereinigungen und Ärztekammern auf, das missbräuchliche Verhalten der Ärzte besser zu "kontrollieren, ethisch zu diskreditieren und abzustellen". Auch die Aufsicht durch die Bundesländer und der Gesetzgeber seien gefordert, da Ratiopharm "ungeniert" Gesetzeslücken ausnutze. Es sei bedauerlich, dass die Staatsanwaltschaft keine Rechtsgrundlagen habe, um Ermittlungen durchzuführen, sagte Dr. Anke Martiny, Vorsitzende der zuständigen Arbeitsgruppe bei Transparency Deutschland. "Das geltende Recht muss überprüft werden. Dass niedergelassene Ärzte keine Amtsträger sind, darf nicht dazu führen, dass sie ungestraft Geld oder geldwerte Vorteile auf Kosten der Versichertengemeinschaft kassieren." Sie forderte den Gesetzgeber auf, über Haftungsregelungen nachzudenken, die es den Kassen ohne bürokratischen Aufwand erlauben, Gelder zurückzufordern, die ihnen durch Betrug, Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung der Wirtschaft und der Ärzte entgehen.

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