Zerreißprobe für Schwarz-Rot

BERLIN (ks). Der Streit um die Gesundheitsreform schwelt weiter. Pläne, in der vergangenen Woche eine Einigung zu finden, erwiesen sich als illusorisch. Auch am 21. September konnte die politische Arbeitsgruppe um Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller nicht zueinander finden. Kanzlerin Angela Merkel traf sich einen Tag später zu einem Krisengespräch mit SPD-Chef Kurt Beck. Beide widersprachen im Anschluss Gerüchten um ein Aus des Gesundheitsfonds. Eine klare Kompromisslinie war jedoch auch am Freitag noch nicht erkennbar.

Am Donnerstagabend hatte sich die Kanzlerin bei einem Treffen mit den Unions-Ministerpräsidenten deren Bedenken gegen den neuesten Arbeitsentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium angehört. Merkel erklärte daraufhin, für eine vernünftige Umsetzung der Reformeckpunkte sei "noch viel Arbeit nötig". Um die Wogen zu glätten wurde kurzfristig ein Gespräch zwischen Merkel und Beck anberaumt. Beide bekräftigten, die Reform weiterhin umsetzen zu wollen. Merkel riet zu mehr Gelassenheit.

"Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg", so die Kanzlerin - auch wenn dieser gegenwärtig noch nicht genau vorgezeichnet sei. Nun sollen sich erneut Fachleute mit den strittigen Themen auseinandersetzen. Nach wie vor gibt es erhebliche Differenzen bei den Regelungen zur Neuordnung des Risikostrukturausgleichs, der privaten Krankenversicherung sowie der maximalen Höhe der Zusatzprämie. Auch wenn die Ministerpräsidenten erklären, grundsätzlich hinter den Eckpunkten zu stehen, werden bereits Änderungen gefordert: „Wenn eine einzelne Zahl nicht stimmt, muss man darüber reden“, sagte der hessische Ministerpräsident Roland Koch. Im Visier steht die Ein-Prozent-Klausel für den geplanten Zusatzbeitrag. Zöller regte an, die Belastungsobergrenze auf zwei bis drei Prozent des jeweiligen Haushaltseinkommens auszuweiten. "Das ist praktikabler als die Verabredung in den Eckpunkten", sagte er.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Carola Reimann, erklärte hingegen, dass ein solcher Kompromiss nicht akzeptabel sei. SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles sagte, mit der Diskussion um die Belastungsobergrenze sei die "gemeinsame Plattform verlassen" worden. Ohne einen Grundkonsens sei die Vertrauensbasis für die Verhandlungen verloren, so die SPD-Linke. SPD-Chef Beck stellte am Freitag klar, dass die Überforderungsklausel unverzichtbarer Bestandteil der Reform bleibe. "Praxiseinwände" sollen nun in weiteren Fachgesprächen ausgeräumt werden.

Vermittlungsausschuss ist keine Lösung

Aus der CSU-Landesgruppe im Bundestag wurde unterdessen deutlich, dass sich Bayern zur Klärung der Probleme nicht auf den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat verweisen lassen will. Auch der niedersächsische Ministerpräsident hält von einem solchen Vorgehen nichts. Es sei angeraten, den umfassenden Gesetzentwurf erst ins Parlament einzubringen, wenn er in großen Zügen mit den Gremien von CDU, CSU und SPD Zustimmung gefunden hat, sagte Christian Wulff. Anderenfalls käme es zu einem "bunten Treiben unter Einschluss des Vermittlungsausschusses". Am Dienstag will die Reform- Arbeitsgruppe weiterverhandeln. Ein Beschluss des Bundeskabinetts zum Reform-Entwurf ist nunmehr nicht vor Ende Oktober zu erwarten.

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