Achtung Gesundheitsreform

MÜNCHEN (ks). Die Apotheker wollen den Wettbewerb und sind offen für Reformen Ų doch was die große Koalition und Ministeriumsbeamte derzeit in Berlin austüfteln, ist für ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf "ein Frontalangriff auf das Berufsbild des Apothekers". Bei einer Pressekonferenz im Vorfeld des Deutschen Apothekertages in München beklagte Wolf, dass die Vorschläge der Apotheker für eine Weiterentwicklung des Gesundheitssystems bei der Regierung auf taube Ohren stoßen.

"Der Reformentwurf bietet nichts, wofür zu kämpfen sich lohnte", sagte Wolf am 20. September vor Journalisten. Weder stärke die Reform die Eigenverantwortung, noch honoriere sie die Prävention oder kümmere sie sich um eine bessere Versorgung. Die Koalition habe lediglich eine "gigantische Geldumverteilungsmaschine" vor Augen, mit der nicht ein einziges Problem im Gesundheitswesen gelöst werde. Was die Arzneimittelversorgung betrifft, sei die Politik mit ihren derzeitigen Vorschlägen auf dem Weg, das heutige System faktisch zu zerstören.

Wolf betonte, dass die Apotheker nicht gegen mehr Wettbewerb seien – dieser müsse jedoch den Versicherten zugute kommen. Insbesondere dürfe er weder die Versorgungsqualität beeinträchtigen noch die Arzneimittelsicherheit gefährden.

Doch nach dem Willen der großen Koalition müssen die Apotheken im kommenden Jahr vor allem zusehen, dass sie 500 Mio. Euro für die gesetzlichen Kassen einsparen. Dazu wird ihnen ermöglicht, mit jeder Pharmafirma individuell Preise auszuhandeln, soweit derartige Verträge noch nicht zwischen Krankenkasse und Hersteller vereinbart wurden. Wird die Einsparsumme nicht erreicht, müssen die Apotheken damit rechnen, dass ihr an die Kassen zu leistender Rabatt erhöht wird. Für Wolf ist diese neue Verhandlungsmöglichkeit zwischen Apothekern und Herstellern schlicht "Unsinn". Schließlich seien es nicht die Apotheker, die die Nachfrage nach verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bestimmen. Der ABDA-Präsident erinnerte daran, dass etwa 83 Prozent der Kosten, die den Kassen für ein Arzneimittel entstehen, unabhängig von den Ausgaben für Apothekerleistungen seien.

Der richtige Ansatz sei es daher, Pharmaunternehmen und Krankenkassen die Preise direkt miteinander aushandeln zu lassen. Das sieht der bisherige Arbeitsentwurf für das Reformgesetz zwar vor – allerdings ohne hierfür Anreize zu setzen. Und somit wird doppelt belohnt, wer keine Rabatte vereinbart, erläuterte Wolf: "Er hat weniger Arbeit und kann sich über die Garantie freuen, dass die Apotheker mit Zwangsrabatten für sein Däumchendrehen einstehen – das ist purer Hohn."

Apotheken reform- und dialogbereit

Wolf machte deutlich, dass sich die Apotheker nicht dagegen wehren, das Gesundheitssystem weiterzuentwickeln. Den Weg "vom freien Heilberuf zum kaufmännischen Angestellten mit pharmazeutischem Feigenblatt" werde man jedoch nicht mitgehen. Die ABDA habe der Politik in den vergangenen Wochen immer wieder eigene Vorschläge unterbreitet. So seien die Apotheker durchaus bereit, die Umstellung auf Höchstpreise mit zu tragen, wenn sie – wie bisher – durch die feste Apothekenvergütung preisneutral gestellt werden. Zudem stünden sie bei der Umsetzung von Verträgen zwischen Kassen und Herstellern gerne unterstützend beiseite. "Wir sorgen dafür, dass die Einsparungen direkt bei den Kassen ankommen. Das wirkt sich positiv auf die Beitragssätze und die Lohnnebenkosten aus", sagte Wolf. Ein solches Vorgehen liege auch auf einer Linie mit dem erst in diesem Frühjahr verabschiedeten Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz. Es zeuge nicht von Logik, das AVWG, mit dem Naturalrabatte verboten und Barrabatte begrenzt wurden, wieder auszuhebeln, wo es der GKV gerade zu "substanziellen Einsparungen" verhelfe, so der ABDA-Präsident.

6000 Apotheken in der Existenz gefährdet

Nicht zuletzt warnte Wolf vor dem Verlust von Arbeitsplätzen in Apotheken, wenn die Regierung an ihrer Idee festhalten sollte, 500 Mio. Euro von den Apotheken zu verlangen. Schätzungen, wonach die Reform in ihrer jetzigen Ausgestaltung für rund 6000 Apotheken das Aus bedeuten würde, hält er für "recht realistisch". Der ABDA-Präsident forderte die Regierung auf, einen Neuanfang zu starten. "Wir Apotheker haben gute Argumente für eine bessere Reform", sagte er. Am 23. September wollten Apotheker gemeinsam mit anderen Berufsgruppen des Gesundheitswesens am Veranstaltungsort des Deutschen Apothekertages, dem Internationalen Congress-Centrum München, eine Protestveranstaltung gegen die geplante Reform abhalten. Das Motto: Achtung Gesundheitsreform.

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