Apotheker sehen sich durch Gerichtsentscheid bestätigt

BERLIN (ks). Dass die Saarbrücker DocMorris-Filiale gut drei Monate nach ihrer Eröffnung wieder schließen muss, hat unter Apothekern für Erleichterung gesorgt. Verbraucherschützer und Grüne reagierten dagegen mit Unverständnis. Insgesamt waren die Reaktionen jedoch verhalten: Als das Landgericht Saarbrücken Anfang August entschieden hatte, dass die DocMorris-Apotheke geöffnet bleiben darf, war der Medienwirbel weitaus größer. Offenbar wurde manchem jetzt erst klar, dass das Landgericht keine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Betriebserlaubnis getroffen hatte.

Die Landesapothekerkammern sehen sich durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. "Die Regierung des Saarlandes kann sich jetzt nicht mehr hinter europarechtlichen Argumenten verstecken", erklärte Ulrich Laut, Geschäftsführer der LAK Hessen. Dr. Günther Hanke, Präsident der LAK Baden-Württemberg, sagte, die Entscheidung untermauere "die besondere Bedeutung der freien inhabergeführten Apotheke für den Patienten und die flächendeckende Arzneimittelversorgung".

Die Saarbrücker Apothekerin Helga Neumann-Seiwert, die ein Parallelverfahren gegen das saarländische Gesundheitsministerium führt, sieht "die Rechtsstaatlichkeit wieder hergestellt". Nun müsse in Ruhe und aller Sachlichkeit geprüft werden, welche Vor- und Nachteile es hat, Kapitalgesellschaften als Apothekenbetreiber zuzulassen. "Der Versuch, die Arzneimittelversorgung mit einem chaotischen Schnellschuss rein kommerziellen Kräften auszuliefern, ist damit gescheitert", sagte Neumann-Seiwert.

"Wettbewerb ausgebremst"

Bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bedauert man hingegen, dass ausländischen Apothekenbetreibern der Weg zur Öffnung von Präsenzapotheken in Deutschland vorerst versperrt bleiben soll. Damit werde die "starre Preispolitik auf dem Apothekenmarkt gefestigt", sagte Vorstand Klaus Müller. Er habe sich von der Eröffnung der deutschen DocMorris-Filiale einen Anstoß zu mehr Wettbewerb versprochen. Mit der Folge, dass Verbraucher von günstigen freiverkäuflichen Arzneimitteln profitieren können. Eine völlige Freigabe des Arzneimittelmarktes lehnt Müller jedoch ab.

Sollte der Fremdbesitz tatsächlich eines Tages in Deutschland erlaubt werden, so müssten für alle Apothekenbetreiber dieselben Spielregeln gelten: "Beratungsqualität, Versorgung in Notfällen und die flächendeckende Versorgung - insbesondere in den ländlichen Regionen - dürfen nicht gefährdet werden." Es müsse zudem sichergestellt sein, dass die Verpflichtung, alle zugelassenen Medikamente bereit zu halten, nicht aus wirtschaftlichen Gründen aufgeweicht wird. "Eine rechtliche Neuregelung muss dafür sorgen, dass der hohe deutsche Standard der Arzneimittelversorgung und Beratung der Apotheken aufrechterhalten wird", forderte Müller.

"Zunftwesen" beenden

Der wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, Matthias Berninger, nannte den Beschluss des Verwaltungsgerichts einen "Schildbürgerstreich": "Statt Mittelstand zu fördern wird das Mittelalter beschworen. Das immer noch auf dem Zunftwesen basierende System der Apotheken muss endlich beendet werden". Dieser "ständische Anachronismus" dürfe nicht weiter über Gerichtsverfahren entschieden werden, forderte Berninger. Stattdessen müsse die Regierung "endlich im Sinne der Verbraucher handeln". Einen entsprechenden Antrag, der nun in den Bundestag eingebracht werden soll, hat die Fraktion bereits formuliert.

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