DocMorris-Zulassung: Sozialministerin Stolz kritisiert Parteifreund Hecken

BERLIN (ks). Im Streit um die Apothekenbetriebserlaubnis für die Saarbrücker Filiale der holländischen Internetapotheke DocMorris findet der saarländische Gesundheitsminister Josef Hecken (CDU) vor allem bei den Grünen Unterstützung. Mit seiner Amts- und Parteikollegin aus Baden-Württemberg befindet er sich hingegen auf Konfrontationskurs. Auch Verbraucherschützer sehen eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes kritisch.

Die Grünen begrüßten am 9. August die Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken zugunsten von DocMorris und zeigten sich ganz auf einer Linie mit Hecken. Ihre Fraktionsvorsitzende Renate Künast erklärte, die Regierung müsse aber auch "unabhängig von den Entscheidungen der Gerichte" beim Apothekenrecht handeln. Das "wettbewerbsfeindliche Mehrbesitzverbot" sei nur eine von vielen nicht zu rechtfertigenden Regelungen im Apothekenwesen.

"Wenn die Regierung mehr Wettbewerb im Gesundheitsbereich will, darf sie hier nicht kneifen", so Künast. Zuspruch kam auch vom SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. Er zeigte sich überzeugt, dass die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots "zu einer besseren Versorgung der Patienten und mittelfristig zu Einsparungen von mindestens einer Milliarde Euro führen" wird.

Krankenkassen hoffen auf Kosteneinsparungen

Auch die AOK hat keinerlei Bedenken, dass DocMorris oder anderen Unternehmen der Betrieb einer Apotheke in Deutschland erlaubt wird. Nach Einschätzung von Norbert Schleert, Leiter der Abteilung Arznei- und Heilmittel beim AOK-Bundesverband, seien hierdurch keine Qualitätseinbußen zu befürchten. Dies zeige etwa das Beispiel USA. Dagegen könne mehr Wettbewerb die Kosten im Gesundheitswesen deutlich senken. Ein Ende des Fremdbesitzverbotes sei daher ganz im Sinne der AOK.

Baden-Württemberg sieht Versorgung gefährdet

Baden-Württembergs Sozialministerin Monika Stolz (CDU) hegt hingegen "erhebliche Bedenken" gegen die Genehmigung der ersten deutschen DocMorris-Filiale. Sie befürchtet "eine massive Wettbewerbsbeeinträchtigung" für die deutschen Apotheken und eine Konzentration von Apothekenunternehmen auf Ballungsräume. "Als Gesundheitsministerin eines Flächenlandes ist es mir ein zentrales Anliegen, dass die Strukturen so sind, dass auch auf dem Land eine gute Versorgung gewährleistet ist", sagte Stolz den "Stuttgarter Nachrichten". Sie sehe derzeit keinen Anlass das bewährte System in Frage zu stellen und habe daher das Saarland gebeten, die Entscheidung zu überprüfen.

Verbraucherschützer skeptisch

Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, sieht die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes ebenfalls kritisch: "Würden örtliche Apotheken über den Preiswettbewerb rausgekickt, könnte ein Monopol entstehen, das den Preis diktiert". Aus Sicht des Verbraucherschützers sind Apothekenketten "nur akzeptabel, wenn sie die gleichen Standards wie die traditionellen Apotheken erfüllen". So müsse beispielsweise ein Vollsortiment angeboten werden, um die Konzentration auf Mittel mit hoher Gewinnmarge zu verhindern.

BMG will weitere Gerichtsentscheidungen abwarten

Im Bundesgesundheitsministerium hält man sich mit einer Stellungnahme zurück. Man wolle den Ausgang der gerichtlichen Auseinandersetzung abwarten, sagte eine Sprecherin. Würden Gerichte so entscheiden, dass die deutsche Rechtsetzung ans EU-Recht angepasst werden muss, würde dies allerdings "unmittelbar geschehen".

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