Glosse

Räumt die Freiwahl um!

Das Oberlandesgericht Naumburg hat wieder Recht gesprochen. Das Gericht - bekannt durch sein Fünf-Euro-Gutschein-Urteil für die "Zur Rose-Apotheke" - entschied Anfang Dezember, dass auch wärmende Winterschals zu den apothekenüblichen Waren gehören und in der Apotheke verkauft werden dürfen. Zwar hat ein Schal "durchaus auch eine modische Funktion" - wer hätte das gedacht: der Schal als Kleidungsstück mit zum Teil dekorativer Wirkung - doch kommt ihm unstreitbar auch eine andere Funktion zu, nämlich eine gesundheitsfördernde, gerade im Fall einer bereits bestehenden Erkrankung. Auch in der einschlägigen Fachliteratur, in Beiträgen zum Thema Erkältungskrankheiten, werde ja neben anderen Maßnahmen empfohlen, bei Halsentzündungen einen Schal zu tragen. Ergo: Apotheken dürfen Schals verkaufen - erst recht, wenn der objektiv vorhandene Gesundheitsbezug mit netter Werbung verknüpft wird wie "…damit die Erkältung keine Chance hat".

Außerdem wird durch den Schalverkauf die ordnungsgemäße Arzneimittelabgabe in keiner Weise beeinträchtigt. Und im Übrigen hat ja der Gesetzgeber eine Liberalisierung der Apothekenbetriebsordnung ausdrücklich gewollt. Selbst das Bundesverfassungsgericht war schon 2002 der Auffassung, dass die Apotheke die Möglichkeit haben muss, im Wettbewerb mit anderen Verkaufsstellen seine Kundenorientierung herauszustellen.

Ist das der gerichtlich abgesegnete Fanfarenstoß für den Apothekenshop? Also, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, räumt Eure Freiwahl um! Vergrößert das Randsortiment und modernisiert Euer Marketingverhalten - in den nächsten Jahren kommt was auf Euch zu. Wenn das OLG Naumburg seinen liberalen Kurs fortsetzt, und vielleicht auch andere Gerichte nachziehen, dann wird's erst richtig bunt in der Apotheke. Da steckt Potenzial drin - warum nur der Winterschal, warum nicht auch die Winterhandschuhe, die Kniewärmer, die lange Angora-Unterhose und das Baumwoll-Leibchen gegen die Eiseskälte? Die dicke wärmende Daunensteppdecke zum Abdecken der mit Eukalyptussalbe eingerieben Brustpartie hat doch eindeutig medizinischen und der Heilung förderlichen Charakter, ist also typisch apothekenüblich: also, rein ins Sortiment! Auch die Winter-Damenstrumpfhose im modischen Dessin wird sicher ein Verkaufsschlager! Ein netter Werbespruch dazu wie "Heiße Beine - und die Vogelgrippe zieht Leine" fördert den Verkaufserfolg. Auch Tchibo macht sein Geschäft schon lange nicht mehr mit Kaffee.

Peter Ditzel

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