Kommentar

Im Abseits

Angesichts der großen Aufmerksamkeit für die anstehende Gesundheitsreform, für "Sportschmerzschlussaus" und für das allgegenwärtige runde Leder geraten kleine Neuigkeiten leicht ins Abseits. Doch für den Apothekenalltag verdient es durchaus Beachtung, dass die Bundesapothekerkammer kürzlich einige gründlich überarbeitete Leitlinien zur Qualitätssicherung ins Internet (www.abda.de, in der linken Spalte unter Themen, Qualitätssicherung) gestellt hat, die Anfang Mai verabschiedet worden waren. Die geringe Deutlichkeit, mit der die ABDA selbst auf diese Leitlinien und ihre jüngste Neufassung hinweist, mag erstaunen, sollte aber ihren Wert nicht mindern.

Zur Erinnerung: Mit den BAK-Leitlinien fassen die Apotheker selbst zusammen, was sie als angemessenen und sinnvollen Entwicklungsstand der Berufsausübung in der Apotheke verstehen wollen. Sie können die Einrichtung eines apothekenspezifischen QMS erleichtern, wenden sich aber an alle Apotheken. Teilweise erinnern sie an Selbstverständlichkeiten, aber vielfach vermitteln sie, welche neuen Ideen wirklich als Konsens zu betrachten sind. Sie sind zugleich hilfreiche Handlungsanweisungen für die Praxis und Beurteilungsmaßstäbe für die pharmazeutische Arbeit. Damit bieten sie - ob gewollt oder nicht - sowohl Kriterien für jegliche Apothekentester als auch Ansätze zur Definition möglicher Inhalte für künftige Versorgungsverträge mit Krankenkassen. Alle Berufsangehörigen sind aufgefordert, die Leitlinien praktisch umzusetzen, auf mögliche Schwachstellen hinzuweisen und sie konstruktiv weiter zu entwickeln. Nur so können praktikable Regeln entstehen und nur so kann möglicher künftiger Ärger über praxisferne Verträge verhindert werden.

Doch haben alle Leitlinien auch Grenzen, was besonders in der Medizin gerne übersehen wird und vielfach zu überflüssigen Diskussionen führt: Leitlinien sind keine Gesetze. Wer in Kenntnis der Leitlinien von diesen Regeln abweicht, weil die Besonderheiten des Einzelfalls in den Leitlinien nicht beachtet werden können, handelt verantwortungsbewusst. Gerade diese Möglichkeit muss einen freien Beruf ausmachen. Dies setzt aber voraus, die Leitlinien zu kennen. Darum: Auch wenn die ABDA derzeit mehr mit "Sportschmerz" von sich reden machen will, sollte damit nicht alles andere "schlussaus" sein. Sehen Sie doch mal rein ins Internet, wenn der Ball gerade mal nicht rollt.

Thomas Müller-Bohn

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