BAK-Präsidentin Linz setzt auf Zusammenarbeit mit den Ärzten

BERLIN (ks). Tag für Tag müssen sich Apotheken mit arzneimittelbezogenen Problemen auseinandersetzen: unleserlich oder unvollständig ausgefüllte Rezepte, Doppelverordnungen, Wechselwirkungen, Lieferschwierigkeiten - die Liste der denkbaren Schwierigkeiten ist lang. Nach einer Hochrechnung der ABDA sind die mehr als 21.000 Apotheken in Deutschland jeden Tag rund 28.000 Mal als Problemlöser gefordert. Fast immer haben sie dabei auch Erfolg.

Um sich ein Bild darüber machen zu können, welche Probleme in der Apothekenpraxis auftauchen, haben die Landesapothekerkammern und die ABDA in diesem Frühjahr eine Aktionswoche in öffentlichen Apotheken durchgeführt. Eine Woche lang sollten die erkannten arzneimittelbezogenen Probleme (ABP) dokumentiert werden. Definiert wurden diese als "Ereignisse oder Umstände bei der Arzneimitteltherapie, die tatsächlich oder potenziell das Erreichen angestrebter Therapieziele verhindern". 1146 Apotheken nahmen an der Aktion teil und füllten 10.427 Dokumentationsbögen aus. Die Ergebnisse der Erhebung stellte BAK-Präsidentin Magdalene Linz am 6. Juni in Berlin vor.

Jedes 400. Rezept klärungsbedürftig

Es zeigte sich, dass vor allem ärztliche Verordnungen Fragen aufwerfen. Sie betrafen 91 Prozent der dokumentierten ABP. "Bei jedem 400. Rezept besteht Klärungsbedarf", erklärte Linz. Der Untersuchung zufolge ließen sich 82 Prozent der Zweifelsfälle rasch lösen. Jedes zehnte Problem wurde jedenfalls teilweise gelöst. In lediglich drei Prozent der Fälle kam man auch in der Apotheke nicht weiter. In mehr als 60 Prozent aller Fälle wurde ergänzend der Arzt kontaktiert. Insgesamt wurden 72 unterschiedliche ABP dokumentiert.

Am häufigsten mussten die Apotheker auf Wechselwirkungen aufmerksam machen (8,6%). An zweiter Stelle rangierten unvollständig oder unleserlich ausgefüllte Rezepte (8,3%). Zwar müssen sich Apotheker nur noch selten als Hieroglyphen-Leser unter Beweis stellen - dafür müssen sie falsche Schreibweisen, Namensverwechslungen und falsche Angaben zur Packungsgröße oder Stärke aufspüren. Angesichts der Vielzahl von Arzneimitteln, die Ärzten für die Verordnung zur Verfügung stehen und des hohen bürokratischen Aufwands in Arztpraxen könne sich schnell ein Fehler einschleichen, räumte Linz ein.

2,2 Prozent der ABP betrafen Doppelverordnungen. So wurde etwa einer Patientin von zwei unterschiedlichen Ärzten einmal Pravasin und einmal Pravastatin Stada verschrieben. Irrigerweise hielt sie Pravasin für ein Venenpräparat und lediglich Pravastatin für einen Cholesterinsenker. Eine Rückfrage bei den Ärzten konnte das Problem lösen - der Kundin konnte sodann ein Venenmittel zum Selbstkauf empfohlen werden.

Probleme bei der Selbstmedikation

Jedes vierte ABP war auf der Patientenebene festzumachen: In 6,2 Prozent der Fälle wussten Patienten nicht, wie sie ein Mittel einnehmen bzw. applizieren sollten oder hatten Handhabungsprobleme - etwa mit Asthmasprays. Aber auch ungeeignete Selbstmedikationswünsche machten eine apothekerliche Intervention nötig (4%). Linz berichtete von einer Patientin, die mit einem Rezept über Sandimmun in die Apotheke kam und zugleich ein Johanniskrautpräparat im Wege der Selbstmedikation erstehen wollte. Die Kundin wurde darüber aufgeklärt, dass Johanniskraut-haltige Arzneien oder Tees die Wirkung von Immunsuppressiva vermindern können und an ihren Arzt verwiesen. Aber auch auf der Vertriebsebene läuft nicht immer alles glatt: Dass ein verordnetes Arzneimittel außer Handel war, war mit 8,2 Prozent das am dritthäufigsten dokumentierte Problem. In 3,7 Prozent der Fälle kam es zu Lieferschwierigkeiten.

Aufruhr in der Ärzteschaft

Bereits vor der Pressekonferenz hatte die "Bild am Sonntag" (Ausgabe vom 4. Juni) über die Studie berichtet. Der Fokus lag dabei auf den hochgerechnet 7000 Rezepten täglich, die von Ärzten unvollständig oder falsch ausgestellt wurden. Bei der Ärzteschaft hatte dies für erhebliche Unruhe gesorgt. Die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, Cornelia Goesmann, erklärte, derartige Umfragen seien "bestenfalls Momentaufnahmen und schlimmstenfalls plumpe Stimmungsmache". Die bisher gute Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern werde durch solche Aktionen in Frage gestellt. Zudem würden Patienten unnötig irritiert.

Der Vorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Maximilian Zollner warf der BAK vor, den Eindruck zu erwecken, "dass in den Praxen niedergelassener Ärzte noch gearbeitet wird wie in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts". Wenn die BAK Probleme mit Verordnungen sehe, sollte sie darüber zunächst mit der Ärzteschaft sprechen, statt gleich in die Öffentlichkeit zu gehen. KBV-Vorstand Ulrich Weigeldt rückte die Relationen zurecht: Angesichts der täglich rund zwei Millionen verordneten Arzneien sei die Zahl von 7000 unvollständigen oder falschen Rezepten mit einem Anteil von rund 0,4 Prozent vergleichsweise gering. Linz setzt auf Kooperation

Linz bemühte sich, die durch die "BamS"-Berichterstattung entstandenen Irritationen auszuräumen. Die Studie zeige, dass die Kooperation und Kommunikation zwischen Apothekern und Ärzten von besonderer Bedeutung sei. Gerade hierdurch ließen sich viele Probleme lösen, betonte die BAK-Präsidentin. Viele Ärzte seien den Apothekern durchaus dankbar, dass sie bei ihren Verordnungen als "Filter" dienten. Linz betonte, dass das Erkennen und Lösen der ABP durch Apotheker sowohl den Patienten, als auch den Ärzten und dem Gesundheitswesen nutze: "In der Apotheke finden Sie gelebten Verbraucherschutz", sagte die BAK-Präsidentin. Sie verwies darauf, dass sich ABP besonders gut im Hausapothekenmodell aufspüren ließen. Mithilfe der Medikationsprofile seien Interaktionen oder Doppelverordnungen besser zu erkennen und zu vermeiden.

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