Arztsoftware soll manipulationsfrei werden

BERLIN (ks). Laut AVWG darf in Arztpraxen künftig nur noch manipulationsfreie, von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zertifizierte Software zum Einsatz kommen. Bis Ende des Jahres sollen sich KBV und Krankenkassen geeinigt haben, welche Voraussetzungen diese zu erfüllen hat. Mit einer Selbstverpflichtung versuchen die Software-Hersteller schon jetzt, den Einfluss der Pharmaunternehmen auf den Arzt zu mindern.

Der Verband Deutscher Arztinformationssystemhersteller (VDAP) und die KBV stellten die Selbstverpflichtung am 9. Mai in Berlin vor. Die im VDAP zusammengeschlossenen Hersteller sowie 19 weitere Firmen wollen künftig ausschließen, dass Ärzte bei der Anwendung ihrer Software durch Werbung unterbrochen werden. Auch die automatische Substitution eines Präparates durch das System soll es künftig nicht mehr geben - allein der Arzt soll über die Auswahl entscheiden. Weiterhin müssen werbende Informationen von Pharmaunternehmen für den Anwender deutlich erkennbar durch den Zusatz "Anzeige/Werbung" gekennzeichnet werden.

Zudem soll künftig eine Medikamentendatenbank bereit stehen, die einen objektiven Preisvergleich ermöglicht. Eine Sortierung erfolgt nach den Kriterien Preis/Alphabet. Tabu ist es, das Präparat des jeweiligen Sponsors an erster Stelle zu platzieren. Preis-basierte Alternativanzeigen für wirkstoffgleiche Generika oder Reimporte soll es nur dann geben, wenn das beworbene Präparat günstiger oder preisgleich ist. Nicht zuletzt wurde vereinbart, dass der Arzt gegen einen Aufpreis von 30 bis 40 Euro monatlich stets auch eine werbefreie Version der Software erhalten kann. Der Wechsel von einer werbegestützten zu einer werbefreien Version und umgekehrt soll jederzeit möglich sein.

Beim VDAP ist man überzeugt, dass die Selbstverpflichtung die vom AVWG geforderte Manipulationsfreiheit gewährleistet. Der Vorsitzende des Verbands, Lars Hübner, erklärte, dass eine weitere gesetzliche Regelung zu Werbung in Arztsoftware daher "obsolet" sei. Wünschenswert wäre noch, dass bald alle Unternehmen der Arztsoftwareindustrie dieser Selbstverpflichtung beitreten. Für KBV-Vorstand Ulrich Weigeldt ist die Selbstverpflichtungserklärung "eine gute Ausgangsposition für die Beratungen". Er zeigte sich zufrieden mit der Vereinbarung, glaubt aber, dass eine völlig werbefreie Praxis "Illusion" sei. Ohne die Zuschüsse der Pharmaindustrie wären die EDV-Programme deutlich teurer.

Doch nicht alle sind zufrieden: Für Sandra Kunzl vom Verein für werbefreie Praxissoftware (VFWPS) ist die Selbstverpflichtung "kaum mehr als ein Lippenbekenntnis und ein klarer Hinweis darauf, dass sich an der Manipulation von Ärzten auf dem Rücken der Beitragszahler in nächster Zeit kaum etwas ändern wird". Kunzl betonte, das AVWG bleibe ein "Papiertiger", wenn es keinen konkreten Anforderungskatalog an Arztsoftwaresysteme gebe, dessen Einhaltung kontrolliert wird.

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