Gutscheine und Preisnachlässe unzulässig: Gerichte bestätigen Bedeutung der P

BERLIN/OSNABRÜCK (tmb). Die rechtliche Position der Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist erneut durch zwei Gerichtsentscheidungen gestärkt worden. Die Landgerichte Berlin und Osnabrück erließen bereits im Dezember zwei einstweilige Verfügungen, mit denen Preisnachlässe über Kopplungsgeschäfte untersagt wurden.

Verschiedene Gerichte hatten zuvor unterschiedliche Positionen vertreten. So waren Nachlässe auf nicht verschreibungspflichtige Produkte nach dem Bezug verschreibungspflichtiger Arzneimittel als getrennte Vorgänge für zulässig erachtet worden. Dagegen betrachteten andere Gerichte solche Geschäfte als wirtschaftliche Einheit und untersagten die Nachlässe als Verstöße gegen die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (zu einer Übersicht siehe DAZ 2005, Nr. 47). Letztere Betrachtungsweise wurde durch die beiden erst kürzlich bekannt gewordenen Entscheidungen der Landgerichte Berlin und Osnabrück gestützt.

Kein Schwellenwert für Nachlässe

Am 1. Dezember untersagte das Landgericht Berlin einem Apotheker mit einer einstweiligen Verfügung, den Kunden Preisvorteile bis zu einem Euro bei nicht verschreibungspflichtigen Artikeln zu gewähren, wenn sie gleichzeitig ein Kassenrezept einlösen, und dafür zu werben (LG Berlin, Aktenzeichen 96 O 253/05 vom 1. 12. 2005). Es bezog sich dabei auf § 78 AMG und § 3 AMPreisVO. Bereits zuvor hatte der Apotheker sich einer Forderung unterworfen, Preisnachlässe von mehr als einem Euro zu unterlassen. Die einstweilige Verfügung bezieht sich daher nur auf Nachlässe bis zu einem Euro. Dazu entschied das Gericht, eine Geringwertigkeitsgrenze, unterhalb derer ein Preisnachlass erlaubt wäre, sei nicht anzuerkennen. Denn es gehe hier nicht um Zugabeverbote mit entsprechenden Ausnahmen, sondern "darum, jeglichen Preiswettbewerb auszuschließen". Damit sei die Zulassung von Schwellenwerten nicht vereinbar.

Verstoß gegen Zuwendungsverbot

Das Landgericht Osnabrück hatte über einen anderen Sachverhalt zu entscheiden, der aber das gleiche Problem tangiert. Mit einem Urteil vom 13. Dezember 2005 untersagte das Gericht einem Apotheker, den Versicherten einer bestimmten Krankenkasse Preisnachlässe für bestimmte apothekenpflichtige Arzneimittel, insbesondere gegen Erkältungskrankheiten, anzukündigen oder einzuräumen. Außerdem wurde untersagt, beim Erwerb von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur Gewichtsreduktion, gegen Haarausfall oder gegen Potenzstörungen Einkaufsgutscheine über 5 Euro zur Einlösung beim Kauf nicht preisgebundener Artikel auszugeben (LG Osnabrück, Aktenzeichen 18 O 688/05).

Das Gericht schätzte die Preisnachlässe und die Gutscheine als produktbezogene Werbung ein, weil sie notwendigerweise mit dem Absatz in Verbindung stünden. Die Ankündigung solcher Nachlässe oder Rabatte auf einen angekündigten oder allgemein geforderten Preis verstoße gegen das Zuwendungsverbot des § 7 Absatz 1 HeilMWerbG (Heilmittelwerbegesetz). Auch die Begrenzung auf Mitglieder einer bestimmten Krankenkasse rechtfertige die Nachlässe nicht.

Sogar wenn für alle Arzneimittel einer Produktgruppe Gutscheine gewährt würden, verstieße dies gegen § 7 HeilMWerbG. Denn diese Vorschrift solle nicht nur den Leistungswettbewerb zwischen den Anbietern sichern, sondern primär vor Arzneimittelfehlgebrauch schützen. Der Verbraucher solle nicht wegen eines Nebengeschäftes zum Kauf von Arzneimitteln veranlasst werden.

Die Differenzierung zwischen dem zum Gutscheinerwerb führenden Erstgeschäft und der späteren Einlösung des Gutscheins führe nicht zu einer abweichenden Bewertung. Dabei ging das Gericht auf die diesbezügliche Entscheidung des OLG Naumburg ein, das nur auf die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 78 Absatz 1 AMG Bezug genommen habe. Eine solche Differenzierung sei aber lebensfremd, da dem Apothekenkunden bewusst sei, dass der beim Zweitgeschäft erzielte Vorteil aus dem Erstgeschäft resultiert und damit eine Gesamtbewertung beider Geschäfte stattfinde. Da die mit dem Gutschein zu bezahlenden Artikel dem normalen Lebensbedarf zuzuordnen seien, ergebe sich letztlich ein Preisvorteil für den Kunden, wie dies auch vom OLG Köln erkannt worden sei.

Lauterkeit des Wettbewerbs betroffen

Die Verstöße gegen § 7 HeilMWerbG begründeten nach Auffassung des Gerichts sogar eine Verletzung der grundlegenden Norm des § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Während das Rabattgesetz aufgehoben wurde, stelle § 7 HeilMWerbG eine Verschärfung der Regelungen dar, weil die Rabattgewährung an Endverbraucher generell untersagt werde. Diese gesetzliche Wertung zeige, dass die Vorschrift des HeilMWerbG eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion habe.

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