Bundesregierung: Der Poker um die Gesundheit geht in die heiße Phase

Am 9. Januar startet die erste Klausurtagung des schwarz-roten Bundeskabinetts im brandenburgischen Genshagen. In einem Schloss vor den Toren Berlins werden die Regierungsmitglieder und –Parteichefs ihre Vorhaben für das kommende halbe Jahr diskutieren. Das voraussichtlich bedeutendste Thema der Klausur wird das so genannte Maßnahmenpaket für Wachstum und Beschäftigung sein. Aber auch die Gesundheitspolitik steht auf der Tagesordnung. Um den Jahreswechsel zeigte sich erneut, dass die Differenzen zwischen Union und SPD über den richtigen Reformkurs nach wie vor nicht ausgeräumt sind. Dennoch bekräftigen beide Seiten stets aufs Neue, dass ein Kompromiss möglich sei.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt betonte in der vergan–genen Woche, dass die geplante Gesundheitsreform die vernünftigsten Vorschläge von Union und SPD verbinden werde. Die Koalitionsparteien würden noch im ersten Halbjahr 2006 ein gemeinsames Konzept für die künftige Finanzierung des Gesundheitswesens vorlegen. Ziel müsse dabei sein, „dass kein Mensch im Land ohne Versicherungsschutz dasteht und dass allen unabhängig von ihrem Einkommen der medizinische Fortschritt zugute kommt“. Auch der CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla äußerte sich zu Jahresbeginn zuversichtlich, dass man einen Kompromiss finden werde. Unverzichtbar sei es, mehr Wettbewerbselemente im Gesundheitssystem zu verankern. Zugleich machte Pofalla deutlich, dass eine Reform nicht ohne staatlichen Zuschuss auskommen werde.

Abschied von der Bürgerversicherung Schmidts früherer Berater Karl Lauterbach, der nun für die SPD im Bundestag sitzt, zeigte sich ebenfalls kompromissbereit. Er räumte ein, dass das von den Sozialdemokraten favorisierte Modell der Bürgerversicherung derzeit nicht durchsetzbar ist. Das habe er selbst und „die SPD als Partei“ akzeptiert. Als „machbar“ bezeichnete der Gesundheitsökonom jedoch den Vorschlag der Union, die Krankenversicherung für Kinder nicht mehr über Beiträge, sondern über Steuern zu finanzieren. Außerdem könnte die Versicherungspflichtgrenze „ein wenig“ erhöht werden – konkret wurde er jedoch nicht. Mit diesen beiden Maßnahmen könnten die Beiträge der gesetzlichen Kassen um etwa 1,5 Punkte gesenkt werden. Lauterbach: „Das wäre sehr gut für den Arbeitsmarkt, und wir würden die systematische Verschiebung der guten Risiken weg von der gesetzlichen hin zur privaten Krankenversicherung zumindest stoppen.“

Finanzexperten lehnen Steuerzuschuss ab Der Vorschlag, Kinder in der GKV künftig über Steuergelder zu finanzieren, stößt bei den Haushaltspolitikern der Regierungskoalition allerdings auf wenig Gegenliebe. „Ich sehe dafür keinen ökonomisch verantwortbaren Spielraum“, sagte SPD-Finanzexperte Joachim Poss dem „Handelsblatt“. Es werde auch so schon schwer genug werden, die für dieses Jahr erwartete Wirtschaftsbelebung ins Jahr 2007 zu retten. Der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter empfahl, Aussagen aus den Reihen der Sozialpolitiker nicht zu ernst zu nehmen. Die Forderungen mögen gesundheitspolitisch zwar wünschenswert sein - „so falsch kann aber kein Taschenrechner rechnen, dass dabei freie -Finanzmittel für eine solche Operation im Bundeshaushalt herauskämen“. Kampeter verwies zudem darauf, dass die Koalition beschlossen habe, dass die Koalitionsspitzen über die Marschrichtung in der Gesundheitspolitik entscheiden. „Herr Lauterbach gehört nicht dazu“, so der CDU-Politiker.

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