DAZ aktuell

Länder wollen OTC-Werbung erleichtern

BERLIN (ks). Auf Initiative des Bundesrats entstand im vergangenen Herbst ein Gesetzentwurf zur Änderung des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Er sieht insbesondere vor, die Liste der Krankheiten zu streichen, auf die sich eine Publikumswerbung für Arzneimittel nicht beziehen darf. Am 17. Februar beschäftigte sich der Bundestag in erster Lesung mit diesem Entwurf. Vertreter von SPD und Grünen sprachen sich zwar für eine Liberalisierung des HWG aus –  sie wollen diese jedoch erst im Rahmen der 14. Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) angehen.

Der Gesetzentwurf des Bundesrats stand am späten Donnerstag Abend auf der Tagesordnung des Parlaments. Eine Debatte fand nicht mehr statt – die vorbereiteten Reden wurden lediglich zu Protokoll gegeben. Für den Gesetzentwurf der unionsgeführten Bundesländer machte sich die baden-württembergische Sozialministerin Tanja Gönner (CDU) stark. Sie verwies darauf, dass die HWG-Bestimmungen zur Werbung außerhalb der Fachkreise seit 1965 nicht wesentlich verändert wurden.

Das Verhältnis der Patienten zu den Leistungsanbietern habe sich in dieser Zeit hingegen grundlegend gewandelt. Gönner: "Das Bedürfnis nach gesundheitsbezogenen Informationen ist enorm gestiegen. Wir brauchen daher eine zeitgemäße Neuordnung der Arzneimittelwerbung, die einerseits diesem berechtigten Informationsbedürfnis gerecht wird und andererseits einen hinreichenden Schutz vor rein plakativer Werbung bietet".

So beschränke auch die vorgesehene Neuregelung die Laienwerbung auf solche Arzneimittel oder Medizinprodukte, die nach ihrer Zusammensetzung und Zweckbestimmung ohne Tätigwerden eines Arztes – erforderlichenfalls nach Beratung durch den Apotheker – verwendet werden können. Darüber hinaus soll ein Pflichthinweis in der Werbung sicherstellen, dass bei unklarer Ursache oder länger anhaltenden Beschwerden grundsätzlich ein Arzt zu Rate gezogen wird.

Kritik am Referentenentwurf zur 14. AMG-Novelle

Gönner zeigte sich erfreut, dass die Bundesregierung in ihrem ersten Referentenentwurf zur 14. AMG-Novelle (siehe auch DAZ Nr. 7/2005, S. 40 f.) die Werbung für Schönheitsoperationen einschränken will – ebenso sieht es der Gesetzentwurf der Länder vor. Ansonsten sei sie von der Vorlage der Bundesregierung jedoch "sehr enttäuscht". Er bestätige sie in der Notwendigkeit, die HWG-Liberalisierung in einem eigenständigen Gesetz vorab umzusetzen. Ein Zuwarten auf ein Gesetzespaket zu einer allgemeinen Reform des Arzneimittelrechts sei sowohl für die Verbraucher als auch für die meist mittelständischen Firmen "nicht zumutbar".

SPD will Krankheiten-Liste nicht ganz aufgeben

Für die SPD betonte die Abgeordnete Carola Reimann, dass man der Diskussion um die Werbung für OTC-Präparate offen gegenüber stehe. Allerdings müsse das, was für rezeptfreie Arzneimittel gelte, auch für Heilmittel und Medizinprodukte sowie für Therapien gelten. "Deswegen springt der Entwurf des Bundesrats, der sich nur auf Human- und Tierarzneimittel bezieht, zu kurz", so Reimann. Ebenso sieht es ihre Parteikollegin Marlies Volkmer: Für sie ist der Gesetzentwurf des Bundesrats "nur bedingt im Interesse der Patientinnen und Patienten".

So bestehe etwa bei rezeptfreien Medikamenten, die bei Krebs eingesetzt werden können, eine erhebliche Gefährdung der Patienten: Sie könnten sich – angeregt durch die Werbung und ohne Kontrolle eines Arztes – selbst behandeln und damit unter Umständen auf eine notwendige hochwirksame Behandlung verzichten. Die SPD will daher die Publikumswerbung für Arzneimittel, die bei gravierenden Krankheiten und Leiden eingesetzt werden, auch weiterhin verbieten. Dazu zählen Präparate zur Behandlung von Krebs, einer Sucht, schweren meldepflichtigen Infektionen oder zur Behandlung von Komplikationen im Wochenbett.

Volkmer verteidigte zudem das Vorhaben der Regierungskoalition die Diskussion um die HWG-Änderungen im Rahmen der 14. AMG-Novelle zu führen: "Alle diesbezüglichen Änderungen des deutschen Rechts betreffen die Industrie in der einen oder anderen Weise. Deshalb ist es sinnvoller, die zu treffenden Regelungen in ein Gesamtpaket zu packen".

Grüne: OTC-Hersteller müssen werben dürfen

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Birgitt Bender, erklärte, dass man mit der Ausgrenzung der OTC-Präparate aus dem GKV-Leistungskatalog den Wettbewerb in diesem Marktsegment habe stärken wollen. "Wenn wir aber Wettbewerb wollen, müssen wir den Herstellern auch das Recht zugestehen, ihre Produkte zu bewerben und bekannt zu machen. Gerade für viele kleinere und mittelständische Arzneimittelhersteller, die nicht darauf vertrauen können, dass ihre Medikamente in den Apotheken besonders herausgestellt werden, ist das wichtig." Grundsätzlich teile sie daher das Anliegen des Bundesrats, die Werbemöglichkeiten für rezeptfreie Arzneimittel zu erweitern. Doch wie ihre SPD-Kolleginnen ist Bender der Ansicht, dass man nicht vollständig auf Werbebeschränkungen verzichten kann.

FDP: Anhörung nötig

Die FDP begrüßte die angedachte Modernisierung des HWG. Der Abgeordnete Detlef Parr betonte aber, dass der Gesetzentwurf in einer Anhörung noch geprüft werden müsse. Eine Anhörung zum Gesetzentwurf kann der Bundestagsausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung beschließen. Dieser hat sich am 23. Februar – nach Redaktionsschluss der DAZ – mit der Materie beschäftigt.

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