Recht

Wird hier eine Chance verpasst?

Das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 9. November 2004 hat die von vielen bereits für beendet erklärte Debatte über die rechtliche Bewertung des grenzüberschreitenden Versandhandels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln wieder neu entzündet. Vor diesem Hintergrund ist möglicherweise auch der Referentenentwurf für eine Arzneimittelversandhandelsverordnung neu zu bewerten, den das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung im Oktober vorgelegt hat. Nach der Stellungnahme der Verbände laufen im Ministerium derzeit die Vorbereitungen für die Verabschiedung der Verordnung im Bundeskabinett.

Ziel des Verordnungsentwurfes ist „die Erhöhung der Sicherheit beim Versandhandel und elektronischen Handel mit Arzneimitteln durch Regelungen zur Gestaltung einschließlich des Betreibens und der Qualitätssicherung von Informationen in elektronischen Medien (Webseiten), zur Einschränkungen von Arzneimitteln im Versandhandel und elektronischen Handel sowie zum Versand und zur Auslieferung von Arzneimitteln“. Die geplante Verordnung soll die gleichzeitig mit der Freigabe des Versandhandels durch das GKV-Modernisierungsgesetz in das Apothekengesetz aufgenommene Ermächtigung umsetzen, Anforderungen an den Arzneimittelversand, an den elektronischen Handel und an die Gestaltung elektronischer Angebote aufzustellen. Der Entwurf setzt sich aus drei Teilen zusammen:

■      Änderung der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO)

■      Einführung einer Arzneimittel-Webseiten-Verordnung (AMWebV)

■      Änderung der Betriebsverordnung für Arzneimittelgroßhandelsbetriebe (GHBetrV)

Nachfolgend werden einzelne Bestimmungen des Verordnungsentwurfes näher beleuchtet.

 

Kein genereller Ausschluss verschreibungspflichtiger Arzneimittel

Gleichzeitig mit der Freigabe des Versandhandels durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) ermächtigte der Gesetzgeber das Bundesgesundheitsministerium, unter den dort genannten Voraussetzungen den Versand bestimmter Arzneimittel oder Arzneimittelgruppen per Rechtsverordnung zu verbieten1. Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein halbes Jahr nach Verabschiedung des GMG das deutsche Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel für gerechtfertigt erklärte, hätte es nahe gelegen, diese Ermächtigungsgrundlage zu nutzen,

um den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln generell auszuschließen.

Diesen Weg schlägt der Verordnungsentwurf jedoch nicht ein. In einem neuen § 17 a ApBetrO sollen nur für wenige Arzneimittelgruppen Einschränkungen beim Versandhandel und elektronischen Handel gelten. Ein absolutes Versandhandelsverbot für bestimmte Arzneimittel oder Arzneimittelgruppen enthält der Entwurf nicht, sondern schließt nur den Versand an den Patienten für folgende Arzneimittel aus:

■      Impfstoffe sowie Sera aus menschlichem Blut,

■      Arzneimittel im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 a AMG2 (u. a. Infusionslösungen, Diagnostika, radioaktive Arzneimittel, Arzneimittel zur klinischen Prüfung),

■      verkehrsund verschreibungspflichtige Betäubungsmittel (Anlage III des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln).

Folgende Arzneimittel dürfen nach dem Verordnungsentwurf an Patienten nur unter bestimmten Bedingungen versand werden:

■      flüssige Zubereitungen von Zytostatika und

■      radioaktive Arzneimittel.

Voraussetzung für den Versand dieser Arzneimittel an den Patienten ist, dass dabei die jeweils spezifischen Schutzmaßnahmen für Dritte während des gesamten Transportes und der Aushändigung gewährleistet werden. Ferner dürfen Arzneimittel mit einer sehr kurzen Haltbarkeitsdauer nur dann an den Patienten versandt werden, wenn eine entsprechende zeitgerechte Zustellung, auch unter Berücksichtigung einer Zweitzustellung, gewährleistet wird.

Welcher Umkehrschluss daraus zu ziehen ist, dass in diesen Fällen jeweils nur der Versand an den Patienten genannt ist, nicht jedoch den Versand an den Arzt, ist unklar. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, wieso die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen beim Versand an den Arzt nicht gelten sollen. Widersprüchliche Konsequenzen ergeben sich auch für radioaktive Arzneimittel, die einmal generell vom Versand an Patienten ausgenommen sind, ein anderes Mal unter bestimmten Voraussetzungen versandt werden dürfen.

Schließlich heißt es in einer Generalklausel:

„Unbeschadet der Vorschriften der Absätze 1 und 2 muss der Apothekenleiter in jedem Einzelfall entscheiden, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen das jeweilige Arzneimittel versendet werden kann.“

Kriterien für die Entscheidung des Apothekenleiters enthält die Regelung nicht.

 

Begründung fraglich

Zur Begründung des  engen  Ausnahmekatalogs für den Versandhandel mit Arzneimitteln verweist der Verordnungsentwurf vor allem auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des EuGH sowie auf den Wortlaut des § 21 ApoG.3 Diese Vorgaben sollen einen pauschalen Ausschluss verschreibungspflichtiger Arzneimittel vom Versandhandel nicht zulassen. Dieser Einwand verkennt jedoch, dass die Einstufung eines Arzneimittels als verschreibungspflichtig gerade nicht pauschal, sondern aufgrund einer Einzelfallentscheidung nach Maßgabe einer konkreten Risikoabwägung erfolgt, an die die gleichen verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen gestellt werden, wie an den Ausschluss vom Versandhandel an den Endverbraucher.

Das Gegenteil ist richtig: Es widerspricht der arzneimittelrechtlich vorgeschriebenen Risikoabwägung, die der Einstufung von Arzneimitteln als verschreibungspflichtig zugrunde liegt4, wenn die aus Risikogründen für verschreibungspflichtig erklärten Arzneimittel anschließend einem Vertriebsweg überlassen werden, bei dem die Kontrolle der Verschreibungspflicht und die Abwehr von Arzneimittelrisiken systembedingt wesentlich geringer ist, als bei der Arzneimittelabgabe durch öffentliche Apotheken. Dass dies so ist, ergibt sich bereits daraus, dass beim Versandhandel die Abgabe des Arzneimittels an eine andere Per- son als den Bestimmungsadressaten nicht die Ausnahme darstellt, sondern nach der Praxis der Postzustellung und den hieran angepassten recht- lichen Vorschriften der Regelfall ist. Das von den Internetapotheken gerne gegenüber dem Endverbraucher als Wettbewerbsargument, bei ihnen sei die „Hemmschwelle“ niedriger als bei den öffentlichen Apotheken, bringt es auf den Punkt: diese Hemmschwelle, die mit der Vorlage einer Verschreibung in einer öffentlichen Apotheke verbunden ist, wird insbesondere dann wirksam,  wenn einer der typischen Missbrauchstatbestände, wie z. B. Arzneimittelfehlgebrauch, Arzneimittelmehrverbrauch oder Rezeptfälschung, vorliegt. Mit dem Wegfall der in der Präsenzapotheke selbstverständlichen sozialen Kontrolle im Fernhandel entfällt eine wesentliche Sicherheitsvorkehrung im Zusammenhang mit der Verschreibungspflicht für Arzneimittel. Die vom Landgericht Frankfurt hierzu im Verfahren gegen DocMorris getroffenen Feststellungen sind nach wie vor gültig5.

Die Aussage in der Begründung des Verordnungsentwurfes, wonach davon ausgegangen werden könne, dass bei Beachtung der üblichen Vorsichtsmaßnahmen die Qualität durch einen Versand per Post oder sonstigen gewerblichen Zustellungsdienst nicht beeinträchtigt wird, „da auch bisher in Deutschland der Versand von apothekenpflichtigen, nicht apothekenpflichtigen und thermolabilen Arzneimitteln in verschiedenen Bereichen rechtlich nicht verboten ist und praktiziert wird“, ist nicht schlüssig. Sie konstatiert lediglich, dass der Verordnungsgeber die mit dem Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verbundenen Risiken erst ein Jahr nach Freigabe des Versandhandels angeht. Dass in der Zwischenzeit keine spektakulären Arzneimittelzwischenfälle im Zusammenhang mit dem Versandhandel eingetreten sind, kann keineswegs auf ausreichende Sicherheitsvorkehrungen, sondern allenfalls auf den bislang vergleichsweise geringen Umfang des Versandhandels zurückgeführt werden, und ist ansonsten ein glücklicher Zufall. Daraus ableiten zu wollen, es seien keine zusätzlichen Anforderungen erforderlich, würde das erhebliche Risikopotential missachten, das mit dem unkontrollierten Konsum verschreibungspflichtiger Arzneimittel verbunden ist.

Auch der EuGH betont in seinem DocMorris-Urteil die gemeinschaftsrechtlich verankerte Unterscheidung zwischen  verschreibungspflichtigen und nichtverschreibungspflichtigen  Arzneimitteln und verweist darauf, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten bei der Erteilung der Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels gemeinschaftsrechtlich verpflichtet sind genaue Angaben zu dessen Einstufung, also zu seiner Verschreibungspflichtigkeit, zu machen haben6. Die Unterscheidung zwischen verschreibungspflichtigen und nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die auf diesen Kriterien beruht und somit die potenziellen Gefahren des Arzneimittels betreffen, finden, wie der EuGH betont, auch in der gemeinschaftsrechtlichen Regelung über die Werbung für Arzneimittel Anwendung7. Er verweist in diesem Zusammen  hang ferner auf Art. 14 der Richtlinie 97/7,  der den Verbraucherschutz  im  Fernabsatz  betrifft und den Mitgliedsstaaten den Erlass von Rechtsvorschriften erlaubt, mit denen unter Beachtung des EG-Vertrags im Interesse der Allgemeinheit der Vertrieb im Fernabsatz für Arzneimittel in ihrem Hoheitsgebiet untersagt wird. Auch diese Bestimmung lasse den Schluss zu, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die Möglichkeit eines Mitgliedsstaats, den Versandhandel mit Arzneimitteln zu verbieten, nicht schon deshalb ausschließen wolle, weil die Vorschriften über das Inverkehrbringen von Arzneimitteln harmonisiert worden seien8.

Den Einwand, einer „pauschalen Ausgrenzung“

der verschreibungspflichtigen Arzneimittel aus dem Versandhandel stehe das Gemeinschaftsrecht entgegen, weist im Übrigen auch das Kammergericht zurück und stützt sich dabei auf die Rechtsprechung des EuGH9. Der Verordnungsgeber sollte daher die Gelegenheit nutzen, und die verschreibungspflichtigen Arzneimittel wieder aus dem Versand nehmen.

 

Erhöhte Anforderungen an ortsnahe Zustellung

Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass künftig die Zustellung durch eine Person, die unmittelbar der Weisung des Apothekenleiters unterstellt ist (Bote) ohne eine Versandhandelserlaubnis nach

§ 11 a Apothekengesetz nur noch dann zulässig

sein soll, wenn die Zustellung „nicht grundsätzlich als Leistung der Apotheke angeboten wird, sondern nur im Einzelfall erfolgt“10.

Mit dieser Regelung würde eine Zusage zurückgenommen, die den Apothekern während des Gesetzgebungsverfahrens zum GMG gemacht wurde. Gleichzeitig mit der Freigabe des Versandhandels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln wurden damals nämlich die Möglichkeiten der öffentlichen Apotheke ausgeweitet, Arzneimittel durch Boten zuzustellen11. Damit sollte der öffentlichen Apotheke die Chance eröffnet werden, ihre Vorteile im Hinblick auf die örtliche Präsenz, den unmittelbaren Kontakt zum Patienten und den Vorteil  der kurzen Versorgungswege voll auszuschöpfen, um der Konkurrenz durch den neu eröffneten Fernhandel, der aufgrund seiner fehlenden Präsenzverpflichtungen, der größeren Bündelungsmöglichkeiten und die zum Teil geringeren gesetzlichen Anforderungen im EU-Ausland erhebliche Wettbewerbsvorteile genießt, erfolgreich begegnen zu können.

Durch den Verordnungsentwurf würde der erlaubnisfreie Botendienst auf äußerst seltene Fälle beschränkt und die Werbung mit dieser Leistung als Service der Apotheke grundsätzlich verboten. Der reguläre Botendienst der Apotheken würde verschärften Voraussetzungen für den Versandhandel mit Arzneimitteln unterworfen und damit die vorgesehene Kompensation der Wettbewerbsnachteile der öffentlichen Apotheke wieder zurückgenommen. Dies ist umso unverständlicher, als gerade diese patientennahen Servicemöglichkeiten im Gesetzgebungsverfahrens stets als Gegenargument gegen Befürchtungen der öffentlichen Apotheken gegenüber der Freigabe des europaweiten Arzneiversands nach Deutschland ins Feld geführt wurden. Die vorgesehene Regelung würde ferner dem Hausapothekenmodell die Grundlage entziehen, das gerade nicht auf Versandapotheken, sondern auf die wohnortnahe Betreuung setzt und regelmäßig einen Lieferservice einschließt.

Die Erstreckung der Erlaubnispflicht gemäß § 11 a

Apothekengesetz auf die Zustellung durch einen Boten, also eine Person, die unmittelbar der Weisung des Apothekenleiters unterstellt ist, ist auch unter Gesichtspunkten der Arzneimittelsicherheit nicht erforderlich. Allein die unmittelbare Unterstellung des aushändigenden Boten unter den Apothekenleiter unterscheidet diese Auslieferung maßgeblich von einer Zustellung im Wege des Versandhandels. Der Apothekenleiter ist dadurch unmittelbar in der Lage, die Einhaltung der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung zu überwachen und zu garantieren. Im Übrigen würde die Ausgestaltung der Botenzustellung als enge Ausnahmeregelung, verknüpft mit Werberestriktionen für die Apotheke, zu neuen rechtlichen und tatsächlichen Abgrenzungsproblemen führen. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollten daher die Worte „sofern diese nicht grundsätzlich als Leistung der Apotheke angeboten wird, sondern nur im Einzelfall erfolgt“ aus dem vorgesehenen Änderungstext gestrichen werden12.

 

Rezeptsammelstellen ausländischer Apotheken

Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass in § 24 Abs. 1 ApBetrO folgender Satz angefügt wird:

 

„Einrichtungen mit Sitz in Deutschland zum Sammeln von Verschreibungen für Apotheken mit Sitz in einem anderen Staat als Deutschland bedürfen einer Genehmigung der für das Apothekenwesen zuständigen deutschen Behörde.“

 

Auf diese Einrichtungen sollen die bisherigen Regelungen zu den Rezeptsammelstellen entsprechend Anwendung finden. Diese beziehen sich auf eine enge Ausnahme von den im Apothekengesetz geregelten Grundsätzen des deutschen Apothekensystems. Nur in Fällen, in denen eine Rezeptsammelstelle zur „ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortsteilen ohne Apotheke“ erforderlich ist, darf die vorgeschriebene Erlaubnis erteilt werden. Sie ist zu befristen und darf die Dauer von drei Jahren nicht überschreiten. Ferner muss der Behälter, in dem die Verschreibungen gesammelt werden, zu den auf ihm angegebenen Zeiten durch einen Boten, der zum Personal der Apotheke gehören muss, geleert oder abgeholt werden.

Da diese Voraussetzungen offenbar auch nach dem

Verordnungsentwurf nicht geändert werden sollen, ist nicht ersichtlich, welchen zusätzlichen Regelungszweck der vorgeschlagene Satz haben soll. Dass § 24 ApBetrO für sämtliche in Deutschland befindlichen Rezeptsammelstellen gilt, ist auch ohne die Änderung geltende Rechtslage. Solange andererseits eine Apotheke aus einem anderen Mitgliedsstaat nicht in Deutschland aktiv ist, wird sie ohnehin weder durch die bisherige noch durch die vorgesehene Regelung berührt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in den meisten anderen europäischen Mitgliedsstaaten keine Niederlassungsfreiheit gilt, sondern bereits die Errichtung einer Apotheke einer Reihe von Anforderungen, wie zum Beispiel Bedürfnisprüfung und Abstandsgebot, unterworfen ist. Diese Rechtslage ist durch die Apothekerrichtlinie 85/433/EWG vom 16. Dezember 1985 ausdrücklich anerkannt worden. Es wäre daher nicht nachvollziehbar, wollte der deutsche Verordnungsgeber im Hinblick auf eine unmittelbar mit der Tätigkeit der Präsenzapotheke verbundene Dienstleistung neue Betätigungsmöglichkeiten für Apotheken aus anderen Mitgliedsstaaten schaffen.

 

Arzneimittel-Webseiten-Verordnung

Art. 2 des Verordnungsentwurfs dient der Einführung der „Verordnung betreffend die Information in elektronischen Medien über Arzneimittel in Verbindung mit dem Versandhandel mit Arzneimitteln“ (Arzneimittel-Webseiten-Verordnung –  AMWebV). Diese Verordnung dient der Arzneimittelsicherheit und der Anwendersicherheit sowie dem Verbraucherschutz. Sie regelt die Anforderungen an die Gestaltung einschließlich des Betreibens und der Qualitätssicherung von Webseiten, die in Verbindung mit dem Versandhandel und elektronischen Handel mit Arzneimitteln betrieben werden.

Mit der Arzneimittel-Webseiten-Verordnung macht der Verordnungsgeber erneut den Versuch, grenzüberschreitende Sachverhalte durch nationale Vorschriften zu regeln. Dies ergibt sich nicht nur indirekt aus einzelnen Formulierungen des Verordnungsentwurfes, sondern ist sachnotwendig,  da das Internet durch die faktische Aufhebung der Nationalgrenzen gekennzeichnet ist. Gleichwohl fehlen jedoch konkrete Abgaben zum Anwendungsbereich der Verordnung, so dass die in diesem Bereich bestehende eingetretene Rechtsunsicherheit nicht beseitigt wird.So stellte das OLG Hamm in einem Urteil zur Anwendbarkeit der Arzneimittelpreisverordnung auf Arzneimittelsendungen an deutsche Endverbraucher fest, dass der Gesetzgeber in Zusammenhang mit keine ausdrückliche Regelung für einen grenzüberschreitenden Warenverkehr mit Arzneimitteln getroffen habe, obwohl bei Verabschiedung des GMG die Problematik des verbilligten Arzneimittelbezugs aus dem Ausland bekannt gewesen sei13. Dass bei gesetzlicher Festlegung eines einheitlichen Endverbraucherpreises auch die Umgehung durch Ausfuhr zwecks Wiedereinfuhr gesetzlich ausgeschlossen werden muss, weil andernfalls  eine nicht akzeptable Inländerdiskriminierung stattfinden würde, hat der deutsche Gesetzgeber auf der Grundlage einer Einigung mit der EU- Kommission erst 2002 für die Buchpreisbindung festgeschrieben.14 

 

Es ist daher nicht verwunderlich, dass das OLG Hamm eine solche ausdrückliche Regelung im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden Arzneimittelversand an Endverbraucher vermisst15. Da an den deutschen Endverbraucher nur in Deutschland zugelassene Arzneimittel abgegeben werden dürfen, beruht der zur Zeit stattfindende grenzüberschreitende Versandhandel mit Arzneimitteln, soweit er sich an die Zulassungsvorschriften hält, ausschließlich auf dem Umgehungstatbestand der Ausfuhr zur Wiedereinfuhr zwecks Umgehung der Arzneimittelpreisverordnung. Da die in § 73 Abs. 1 AMG vorgesehene Bindung des grenzüberschreitenden Versandhandels an die deutschen arzneimittelrechtlichen Regelungen zumindest im Hinblick auf die Arzneimittelpreisverordnung derzeit massiv in Frage gestellt wird, sind Gesetz-  und Verordnungsgeber aufgefordert, ein dem § 4 BPG entsprechendes Umgehungsverbot zur Gewährleistung des in § 78 AMG vorgeschriebenen einheitlichen Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel zu verankern.16

Vor diesem Hintergrund erhält die Arzneimittel- Webseiten-Verordnung eine besondere Bedeutung. Auch diese Verordnung erhebt ausweislich einzelner Regelungen den Anspruch, auf Angebote ausländischer Anbieter anwendbar zu sein, ohne jedoch ihren Anwendungsbereich zu konkretisieren. Geht der Verordnungsgeber  –  wie man dem Entwurf entnehmen kann  – davon aus, dass die Verordnung auch auf Anbieter aus anderen Ländern anwendbar ist, dann sollte er dies ausdrücklich in den Verordnungstext aufnehmen, um eine Grundlage für die Durchsetzbarkeit zu schaffen, wie nicht zuletzt das Urteil des OLG Hamm zeigt. Er kann sich dabei auf Art. 3 der E-Commerce-Richtlinie berufen, wonach die Mitgliedsstaaten Maßnahmen ergreifen können, die im Hinblick auf einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft vom Herkunftslandprinzip abweichen, wenn die Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Gesundheit erforderlich ist17. Auch nach dem Teledienstegesetz unterliegt das Angebot und die Erbringung eines Teledienstes durch einen Diensteanbieter, der in einem anderen Staat im Geltungsbereich der E-Commerce-Richtlinie niedergelassen ist, abweichend vom Herkunftslandsprinzip den Einschränkungen des innerstaatlichen Rechts, soweit dies dem Schutz der öffentlichen Gesundheit vor Beeinträchtigungen und ernsthaften oder schwerwiegenden Gefahren dient und die auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts in Betracht kommenden Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu diesem Schutzziel stehen18.

Die in der Arzneimittel-Webseiten-Verordnung vorgesehenen Anforderungen zielen auf den Schutz der öffentlichen Gesundheit und stützen sich auf eine Mitteilung der EU-Kommission über Qualitätskriterien für Websites zum Gesundheitswesen vom 29. November 2002. Es kann für den deutschen Verordnungsgeber daher kein Hindernis bestehen, den Anforderungen der E-Commerce- Richtlinie und des Teledienstegesetzes nachzukommen. Im Sinne der Herstellung von Rechtssicherheit und Wettbewerbsgleichheit sollte der Anwendungsbereich der Verordnung ausdrücklich auf Internetangebote erstreckt werden, die aus anderen Staaten einschließlich der Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums an deutsche Endverbraucher gerichtet werden.

 

Internet-Bestellformulare genauer fassen

Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass Bestellformulare auf Webseiten derartig gestaltet sein müssen, dass der Besteller zweifelsfrei das Arzneimittel insbesondere in seiner Bezeichnung, Darreichungsform, Stärke und Inhalt nach Gewicht, Rauminhalt und Stückzahl angeben kann. Zur weiteren Information zu dem Arzneimittel dürfen von dem Bestellformular auch Links angeboten werden, soweit sie mit der Verwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen oder für die gesundheitliche Aufklärung wichtig sind.

Diese Formulierung unterstellt ein Blankoformular und verpflichtet den Anbieter lediglich, die Möglichkeit zu schaffen, dass der Endverbraucher seinerseits die erforderlichen Angaben macht, die zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit erforderlich sind. Dies entspricht jedoch weder der Praxis bei der Abwicklung von Internetbestellungen noch der Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 6 Heilmittelwerbegesetz (HWG)19.

 

Diese Ausnahmeregelung des Heilmittelwerbegesetzes für den Betreiber einer Internetseite mit einem elektronischen Bestellformular trägt der Tatsache Rechnung, dass der Endverbraucher in der Regel nicht in der Lage ist, ein Arzneimittel durch Ausfüllen eines Blankoformulars ordnungsgemäß zu identifizieren und zu bestellen, sondern dass hierfür die Bereitstellung der erforderlichen Angaben in Form eines Bestellformulars durch den Anbieter erforderlich und üblich ist. Gerade bei Arzneimitteln ist es entscheidend, dass das zu bestellende Produkt eindeutig identifiziert wird und Verwechslungen möglichst ausgeschlossen werden.

Das HWG nimmt daher die für die Identifizierung des zu bestellenden Arzneimittels vom Anbieter bereitgestellten Angaben von seinem Geltungsbereich und damit insbesondere vom Verbot der Publikumswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel aus. Für ein Blankoformular hätte es keiner Ausnahmeregelung im HWG bedurft.

Es ist daher erforderlich, die Anforderungen an  das Bestellformular auf die vom Anbieter bereitgestellten und vorformulierten Angaben auszurichten und hierfür bestimmte Mindestvoraussetzungen aufzustellen. Diese Mindestanforderungen sollten zum einen die im Verordnungsentwurf vorgesehenen Angaben umfassen.

 

Darüber hinaus ist es erforderlich, dass das im Zusammenhang mit dem Bestellformular gemachte Angebot an den deutschen Endverbraucher erkennen lässt, ob es sich bei dem angebotenen Arzneimittel um ein in Deutschland verkehrsfähiges Arzneimittel handelt. Sowohl nach dem deutschen Arzneimittelrecht, als auch nach dem Gemeinschaftsrecht und der Rechtssprechung des EuGH ist die Abgabe von Arzneimitteln an deutsche Endverbraucher im Wege des Versandhandels nur für Arzneimittel zulässig, die in Deutschland zugelassen sind20. Das Prinzip der nationalen Verkehrsfähigkeit von Arzneimitteln wurde durch die jüngsten Änderungen des Gemeinschaftskodexes weiterverschärft, z. B. durch eine Anzeigepflicht für den Import von Arzneimitteln, die eine zentrale europäische Zulassung besitzen21.

 

Welche Bedeutung der grenzüberschreitende Versand nicht zugelassener Arzneimittel an deutsche Endverbraucher hat, verdeutlicht das Urteil des Kammergerichts, das sich ausführlich mit der Abgrenzung zum erlaubten Einzelbezug gem. § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG befasste und ausdrücklich das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr im Hinblick auf diesen Verstoß feststellte.

Soweit überhaupt Internetbestellungen für Arzneimittel zugelassen werden, sollten hierfür folgende Mindestvoraussetzungen in § 3 der Verordnung verankert werden:

 

„Bestellformulare für den elektronischen Handel mit Arzneimitteln müssen alle Angaben aufführen, die für eine ordnungsgemäße Bestellung notwendig sind. Insbesondere muss das zu bestellende Arzneimittel zweifelsfrei im Hinblick auf seine Bezeichnung, Darreichungsform, Stärke und Inhalt nach Gewicht, Rauminhalt oder Stückzahl bestimmt und, soweit es der Pflicht zur Zulassung unterliegt, mit der Angabe der Zulassungsbehörde und des Mitgliedsstaat versehen sein, in dem das Arzneimittel verkehrsfähig ist. Zur weiteren Information zu dem Arzneimittel dürfen von dem Bestellformular auch Verknüpfungen zu anderen Webseiten angeboten werden, soweit sie mit der Verwendung des Arzneimittels in Zusammenhang stehen oder für die gesundheitliche Aufklärung wichtig sind und mit dem Heilmittelwerbegesetz im Einklang stehen.“ (Änderungen gegenüber dem Entwurf markiert)

 

Der deutsche Endverbraucher kann nur dann sicher sein, dass er ein Arzneimittel mit deutscher Zulassung erhält, wenn dies bereits durch die Angaben im Bestellformular sichergestellt ist. Wäre dies nicht der Fall, hätte er im Übrigen auch keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Lieferung eines in Deutschland verkehrsfähigen Arzneimittels. Die vorgeschlagene Regelung dient daher über die Arzneimittelsicherheit hinaus auch dem Schutz des Verbrauchers.

Durch die vorgeschlagene Fassung des § 3 Satz 2 des Verordnungsentwurfes soll ferner klargestellt werden, dass alle nicht unmittelbar für die ordnungsmäßige Bestellung notwendigen Angaben weiterhin dem Heilmittelwerbegesetz unterliegen. Dies gilt insbesondere bei der Verknüpfung von Bestellformularen mit anderen Internetseiten.22

 

Prof. Dr. Hilko J. Meyer, Fachhochschule Frankfurt am Main,
Fachbereich Wirtschaft und Recht,
Schwerpunkt „Recht und Management des Gesundheitswesens“,
Nibelungenplatz 1,
60318 Frankfurt am Main,
E-Mail: amg@vital-link.com

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1 § 21 Abs. 2 Nr. 1a ApoG. Danach können in der Apothekenbetriebsordnung Regelungen getroffen werden „zur Bestimmung von Arzneimitteln oder Arzneimittelgruppen, deren Abgabe auf dem Wege des Versandhandels aus Gründen der Arzneimittelsicherheit oder des Verbraucherschutzes nicht zulässig ist, soweit nicht mit angemessenen Mitteln die Arzneimittelsicherheit oder der Verbraucherschutz gewährleistet werden können und die Annahme der Risiken begründet ist und die Risiken unverhältnismäßig sind“.

2 Diese Bestimmung bezieht sich auf folgende Arzneimittel:

a)  aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile, die, soweit es sich um Gerinnungsfaktorenzubereitungen handelt, von dem hämostaseologisch qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden dürfen,

b)  menschliches oder tierisches Gewebe,

c)  Infusionslösungen in Behältnissen mit mindestens 500 ml, die zum Ersatz oder zur Korrektur von Körperflüssigkeit bestimmt sind, sowie Lösungen zur Hämodialyse und Peritonealdialyse,

d)  Zubereitungen, die ausschließlich dazu bestimmt sind, die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktion des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen,

e)  medizinische Gase, bei denen auch die Abgabe an Heilpraktiker zulässig ist,

f)  radioaktive Arzneimittel oder

g)  Arzneimittel, die mit dem Hinweis „Zur klinischen Prüfung bestimmt“ versehen sind, sofern sie kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

3 Vgl. Anmerkung 1.

4 §§ 48, 49 AMG

5 Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 09.11.2000, Az.: 2-03 O 365/00: „Beim Versand von Arzneimitteln aus Apotheken kann der Schutz der menschlichen Gesundheit nicht ebenso gut gewährleistet werden, wie bei der Übergabe des Arzneimittels in den Apothekenbetriebsräumen. So ist zunächst die persönliche Beratung, die ein Patient in der Apotheke vor Ort regelmäßig erfährt, von anderer Qualität als die Beratung, die die Beklagte im Rahmen ihres Internethandels anbietet. Zum einen kann ein Apotheker allein schon aus dem Alter, der Körperstatur und sonstiger äußerer Merkmale des vor ihm stehenden Kunden Rückschlüsse auf die Geeignetheit und Verträglichkeit bestimmter Medikamente gerade für diesen Kunden ziehen, was bei einer telefonischen oder schriftlichen Beratung naturgemäß nicht der Fall ist. Auch ist es im Rahmen der persönlichen Beratung für den Kunden möglich, sofort Rückfragen zu stellen, während ein Kunde der Internetapotheke dazu nach Erhalt des Medikamentes erst unter der angegebenen Telefonnummer bei der Beklagten anrufen bzw. eine E-Mail schicken muss. Dabei gerät er leicht in Versuchung, etwaige Fragen auf sich beruhen zu lassen und das Medikament einzunehmen, ohne mögliche Bedenken vorher abgeklärt zu haben. Auch ist ein Medikamentenmissbrauch bei der Bestellung von Arzneimitteln via Internet leichter möglich, als beim Kauf des Medikamentes in den Apothekenbetriebsräumen. Zwar gibt die Beklagte nach ihren eigenen Angaben die Medikamente nur in solchen Mengen ab, die dem üblichen persönlichen Bedarf eines Patienten entsprechen. Jedoch kann dies einen Patienten nicht daran hindern, das Medikament in zahlreichen kleinen Einzelportionen zu beziehen, um dann insgesamt eine erhebliche Menge anzusammeln. Dies ist zwar in eingeschränktem Maße auch beim persönlichen Kauf in einer Apotheke möglich, gleichwohl dürfte die Hemmschwelle hier noch größer sein, als bei der Bestellung via Versandhandel.“

6 Die nationalen Behörden haben bei der Einstufung der Arzneimittel die in Art. 71 Abs. 1 des Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (EU-Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001) aufgeführten Kriterien zugrunde zulegen, die die mit dem Gebrauch des betreffenden Arzneimittels verbundenen potenziellen Gefahren zum Gegenstand haben. Nach dieser Bestimmung dürfen Arzneimittel nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben werden, wenn sie

–   selbst bei normalem Gebrauch ohne ärztliche Überwachung direkt oder indirekt eine Gefahr darstellen können, oder

–   häufig und in sehr starkem Maße unter anormalen Bedingungen verwendet werden und dies die Gesundheit direkt oder indirekt gefährden kann, oder

–   Stoffe oder Zubereitungen aus diesen Stoffen enthalten, deren Wirkung und/oder Nebenwirkungen unbedingt noch genauer erforscht werden müssen, oder

–   von Ausnahmen abgesehen zur parenteralen Anwendung von einem Arzt verschrieben werden sollten.

Arzneimittel, die diesen Kriterien nicht entsprechen, dürfen nach Art. 72 Gemeinschaftskodex ohne ärztliche Verschreibung abgegeben werden.

7 Art. 88 Abs. 1 Gemeinschaftskodex.

8 „Hinsichtlich verschreibungspflichtiger Arzneimittel erfordert die öffentliche Versorgung  eine strengere Kontrolle. (…) Angesichts der Gefahren, die mit der Verwendung dieser Arzneimittel verbunden sein können, könnte das Erfordernis, die Echtheit der ärztlichen Verschreibungen wirksam und verantwortlich nachprüfen zu können und die Aushändigung des Arzneimittels an den Kunden selbst oder an eine von ihm mit dessen Abholung beauftragte Person zu gewährleisten, ein Verbot des Versandhandels rechtfertigen. Wie die irische Regierung dargelegt hat, könnte die Zulassung einer Ausgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel erst nach Erhalt der Verschreibung und ohne weitere Kontrolle das Risiko erhöhen, dass ärztliche Verschreibungen missbräuchlich oder fehlerhaft verwendet werden. Im Übrigen kann die tatsächlich gegebene Möglichkeit, dass ein Arzneimittel, das ein in einem Mitgliedstaat wohnender Käufer bei einer Apotheke in einem anderen Mitgliedstaat erwirbt, in einer anderen Sprache etikettiert ist als in der Sprache des Heimatstaats des Käufers, im Fall von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gravierendere Folgen haben.

9  „Soweit der Beklagte darauf verweist, der EuGH habe in der Entscheidung DocMorris (Rdn. 119) die Rechtfertigung des Versandhandelverbotes nur im Konjunktiv ausgedrückt, folgt daraus keine Verpflichtung des nationalen Gerichts zu prüfen, ob im jeweiligen Einzelfall vom EuGH genannten Gefahren tatsächlich vorliegen. Denn schon in Ziffer 124 seiner Erwägungen hat der EuGH ausdrücklich erklärt, dass Art. 30 EG-Vertrag – wegen der Gesundheitsgefahren – das entsprechende Versandhandelsverbot rechtfertigen kann. Der EuGH überlässt damit den nationalen Institutionen                         

die Entscheidung, welches Schutzniveau gewährleistet werden soll.“ Urteil des Kammergerichts Berlin vom 9. November 2004, Az.: 5 U 300/01)

10 Neufassung des § 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ApBetrO.

11 Statt im „begründeten Einzelfall“ ist die Zustellung seitdem

„im Einzelfall“ zulässig (§ 17 Abs. 2 ApBetrO)

12  Der Text  würde dann wie folgt lauten: „Die Zustellung durch eine Person, die unmittelbar der Weisung des Apothekenleiters unterstellt ist (Bote), ist ohne Erlaubnis nach § 11a des Apothekengesetzes zulässig; dabei sind die Arzneimittel für jeden Empfänger getrennt zu verpacken und jeweils mit dessen Namen und Anschrift zu versehen. Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 und 2 und Satz 2 gilt entsprechend; Absatz 2a Satz 1 Nr. 5 bis 7 und 9 sowie die §§ 17a und 17b gelten entsprechend, soweit dies zum Zweck des ordnungsgemäßen Inverkehrbringens von Arzneimitteln erforderlich ist.“

13 Urteil vom 21. September 2004, Az.: 4U 74/04 (nicht rechtskräftig) 14 § 4 Buchpreisbindungsgesetz (BPG) vom 2. September 2002 lautet wie folgt:

(1) Die Preisbindung gilt nicht für grenzüberschreitende Verkäufe innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes.

(2)Der nach § 5 festgesetzte Endpreis ist auf grenzüberschreitende Verkäufe von Büchern innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes anzuwenden, wenn sich aus objektiven Umständen ergibt, dass die betreffenden Bücher allein zum Zwecke ihrer Wiedereinfuhr ausgeführt worden sind, um dieses Gesetz zu umgehen.

15 Allerdings lässt sich die Geltung der Arzneimittelpreisverordnung auf grenzüberschreitende Arzneimittellieferungen aus § 73 Abs. 1 AMG herleiten, der laut Gesetzesbegründung darauf zielt, „die Anforderungen des innereuropäischen Versandhandels mit Arzneimitteln nach Deutschland an den in Deutschland geltenden Anforderungen auszurichten“. Zu den arzneimittelrechtlichen Anforderungen an die Abgabe von Arzneimitteln gehören z. B. auch die auf § 78 AMG beruhenden Spannenregelungen der Arzneimittelpreisverordnung.

16 Die aus der gegenwärtigen Rechtsanwendungspraxis für die deutschen Apotheken resultierende Wettbewerbsungleichheit wird noch dadurch vergrößert, dass sich die bekannten ausländischen Internetapotheken   –  zum Teil mit ausdrücklicher Billigung der gesetzlichen Krankenkassen  –  nicht an die Vorgaben des § 13 SGB V halten, wo-nach auch bei Leistungen aus dem europäischen Ausland die vorgesehenen Zuzahlungen in Abzug zu bringen sind. So gibt eine niederländische Versandapotheke gesetzlich Versicherten einen Sofortbonus in Höhe der halben Zuzahlung. Darüber hinaus erhalten gesetzlich Versicherte, die von der Zuzahlung befreit sind, diesen Bonus ebenfalls. Die Intention des Gesetzgebers wird damit konterkariert.

17  Art. 3 Abs. 4 a) i) 2. Spiegelstrich der Richtlinie 2000/31/EG  18 § 4 Abs. 5 Nr. 3 Teledienstegesetz. Für das Verfahren zur Einleitung derartiger Maßnahmen verweist das Teledienstegesetz auf die in Art. 3 Abs. 4 und 5 E-Commerce-Richtlinie vorgesehenen Konsultations- und Informationspflichten.

19 Danach findet das Heilmittelwerbegesetz beim elektronischen Handel mit Arzneimitteln keine Anwendung „auf das Bestellformular und die dort aufgeführten Angaben, soweit diese für eine ordnungsgemäße Bestellung notwendig sind“.

20 Der EuGH hat in seinem Urteil vom 11. Dezember 2003 (Rechts- sache C  –  322/01) ausdrücklich festgestellt, dass die entsprechende Regelung des § 73 Abs. 1 AMG, der die durch Art. 6 Abs. 1 Ge- meinschaftskodex vorgeschriebene Zulassungspflicht in deutsches Recht umsetzt, mit dem EG-Vertrag im Einklang steht und nicht unter Berufung auf den freien Warenverkehr umgangen werden darf.

21 Art. 76 Abs. 3 Gemeinschaftskodex, eingefügt durch Richtlinie

2004/24/EG vom 31. März 2004.

22 Die Absicht des Gesetzgebers, sachliche Information und kommerzielle Ansprache des Endverbrauchers deutlich zu trennen, er- gibt sich auch aus dem neuen § 1 Abs. 5 HWG, wonach nur Schriftwechsel und Unterlagen, die nicht Werbezwecken dienen und die zur Beantwortung einer konkreten Anfrage zu einem bestimmten Arzneimittel erforderlich sind, dem HWG nicht mehr unterliegen.

 

 

 

 

 

 

Das Wichtigste in Kürze 
 

Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung hat im Oktober einen Referentenentwurf für eine Arzneimittelversandhandelsverordnung vorgelegt. Derzeit laufen die Vorbereitungen für die Verabschiedung der Verordnung im Bundeskabinett.

Nachfolgend haben wir nochmals die Kernpunkte der Verordnung zusammengefasst:

Neu: § 17 a ApBetrO – Ausschluss vom Versand Ein Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist nicht vorgesehen – obwohl der EuGH dies für zulässig erklärt hat. Vom Versand an Patienten ausgeschlossen werden sollen:

  • Impfstoffe sowie Sera aus menschlichem Blut
  • Arzneimittel im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 a AMG (u. a. Infusionslösungen, Diagnostika, radioaktive Arzneimittel, Arzneimittel zur klinischen Prüfung)
  • verkehrs- und verschreibungspflichtige Betäubungsmittel

Flüssige Zubereitungen von Zytostatika und radioaktive Arzneimittel dürfen nur unter bestimmten Bedingungen (Schutzmaßnahmen beim Transport, Gewährleistung der zeitgerechten Zustellung etc.) an Patienten versand werden.

Abgesehen davon muss der Apothekenleiter "in jedem Einzelfall entscheiden, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen das jeweilige Arzneimittel versendet werden kann." Kriterien für die Entscheidung des Apothekenleiters enthält die Regelung nicht.

§ 11a ApG: Erhöhte Anforderungen an ortsnahe Zustellung Laut Entwurf soll der Botendienst einer Apotheke ohne Versandhandelserlaubnis nach § 11 a Apothekengesetz nur noch im Einzelfall erlaubt sein.

§ 24 Abs. 1 ApBetrO – Rezeptsammelstellen für ausländische Apotheken? Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass in § 24 Abs. 1 ApBetrO folgender Satz angefügt wird: "Einrichtungen mit Sitz in Deutschland zum Sammeln von Verschreibungen für Apotheken mit Sitz in einem anderen Staat als Deutschland bedürfen einer Genehmigung der für das Apothekenwesen zuständigen deutschen Behörde." Dieser Satz ist eigentlich redundant – es sei denn ausländischen Apotheken soll der Boden als Rezeptsammelstelle bereitet werden.

Neu: Arzneimittel-Webseiten-Verordnung Die Arzneimittel-Webseiten-Verordnung (AMWebV) soll die Anforderungen an Webseiten, die in Verbindung mit dem Versandhandel mit Arzneimitteln betrieben werden, regeln. Allerdings fehlen konkrete Abgaben zum Anwendungsbereich der Verordnung, so dass weiterhin Rechtsunsicherheit über die Geltung für ausländische Angebote besteht.


 

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