Arzneimittel und Therapie

Levodopa bei Morbus Parkinson: Nutzlos, hilfreich oder schädlich?

Levodopa reduziert die Symptome einer Parkinsonerkrankung. Es besteht aber die Befürchtung, dass eine langfristige Levodopa-Einnahme die der Erkrankung zugrunde liegende Neurodegeneration beschleunigt. Eine amerikanische Studie ging dieser Mutmaßung nach.

Eine Parkinson-Erkrankung ist durch den fortschreitenden Verlust dopaminerger Neuronen in der Substantia nigra gekennzeichnet. Diese pathologischen neurodegenerativen Veränderungen gehen mit den klinischen Symptomen – das sind vor allem Bradykinesie, Tremor, Rigor, einer gestörten Wärme- und Schweißregulation und Mimikarmut – einher. Die Substitution von Dopamin durch Levodopa führt zu einer deutlichen Verbesserung der Krankheitssymptomatik und ist nach wie vor die klassische Standardtherapie.

Da aus Dopamin und Levodopa reaktive Sauerstoffradikale entstehen können, besteht die Befürchtung, dass durch die Gabe von Levodopa oxidativer Stress verstärkt und die Degeneration der verbliebenen Neuronen beschleunigt wird. Es gibt aber auch Hinweise, dass Levodopa auf geschädigte Neuronen einen protektiven Effekt ausübt. Was trifft nun zu? Ist Levodopa hilfreich, schädlich oder nutzlos? Mit dieser für den klinischen Alltag sehr wichtigen Frage befasste sich eine amerikanische Parkinson-Studiengruppe.

Multizentrische Studie

Für die randomisierte, doppelblinde, plazebokontrollierte Studie wurden 361 Patienten in einem frühen Krankheitsstadium ausgewählt und einer der folgenden vier Gruppen zugeteilt: Plazebogruppe (90 Teilnehmer), Vergleichsgruppe I, die täglich 37,5 mg Carbidopa und 150 mg Levodopa einnahm (92 Teilnehmer), Vergleichsgruppe II mit 75 mg Carbidopa und 300 mg Levodopa (88 Probanden) und Vergleichsgruppe III mit 150 mg Carbidopa und 600 mg Levodopa (91 Patienten).

Die Medikation wurde während 40 Wochen beibehalten, dann folgte eine zweiwöchige Pause. Der primäre Studienendpunkt war die Veränderung einer Skala, mit der das Ausmaß einer Parkinsonerkrankung beurteilt wird. Von 142 Patienten wurde zusätzlich bei Studienbeginn und nach 40 Wochen eine bildgebende neurologische Untersuchung zur Messung der Dopamintransporter-Dichte durchgeführt.

 

Widersprüchliche Ergebnisse

Nach 42 Wochen wurde die Erkrankung der Probanden mit Hilfe der Unified Parkinson's Disease Rating Scale (UPDRS) beurteilt. Die Erkrankung war in der Plazebogruppe am weitesten fortgeschritten (+7,8 Punkte). Patienten, die 150 mg oder 300 mg Levodopa einnahmen, hatten einen Zuwachs von +1,9 Punkten. Bei den Probanden der 600-mg-Gruppe wurde eine Abnahme der Krankheitssymptome um -1,4 Punkte (p < 0,001) ermittelt. Diese Ergebnisse sprechen für einen protektiven Effekt von Levodopa.

Die Auswertung eines speziellen bildgebenden Verfahrens (SPECT) zur Darstellung der striatalen Dopamin-Transporter-Dichte bei 116 Probanden zeigte ein anderes Bild: Unter der Therapie mit Levodopa kam es zu einem stärkeren Verlust von Dopamintransportern als unter einer Plazebogabe (Abnahme von –1,4% unter Plazebo, –7,2% bei 600 mg, –4% bei 300 mg und –6% bei 150 mg Levodopa). Diese Beobachtung deutet darauf hin, dass Levodopa den Verlust dopaminerger Nervenendigungen beschleunigt oder dass Levodopa zu einer Downregulation dopaminerger Transporter führt.

Patienten, die 600 mg Levodopa einnahmen, zeigten signifikant mehr unerwünschte Nebenwirkungen (Dyskinesie, Hypertonie, Kopfschmerzen, Übelkeit und Infektionen) als die Probanden der Plazebogruppe.

Levodopa: ja oder nein?

Die klinischen Effekte sprechen für neuroprotektive Eigenschaften von Levodopa, die bildgebenden Messungen weisen auf negative Effekte hin. Die Relevanz der bildgebenden Ergebnisse ist aber bislang unklar. Klar ist hingegen, dass Levodopa den Krankheitsverlauf aus klinischer Sicht günstig beeinflusst und nicht beschleunigt. Daher sollte Levodopa weiter gegeben werden. Da die unerwünschten Wirkungen mit hohen Dosen steigen, sollte für jeden Patienten diejenige Dosis gefunden werden, mit der die Krankheitssymptomatik zufrieden stellend beeinflusst werden kann.

Glossar

β-CIT: Radiopharmakon [iodine-123-labeled 2-β-carboxymethoxy-3-β-(4-iodophenyl)tropane], das an die Dopamintransporter bindet. Mit diesem Diagnostikum kann die Dichte der Dopamintransporter bestimmt werden. Dies erfolgt mittels SPECT.

SPECT: Single-Photon-Emissions-Computer-Tomographie; bildgebendes neurologisches Verfahren.

UPDRS: Unified Parkinson's Disease Rating Scale; Skala zur Beurteilung der Parkinson Erkrankung. Bewertet werden mentale und motorische Komponenten sowie Aktivitäten des täglichen Lebens. Positive Werte bedeuten eine Verschlechterung, negative eine Verbesserung.

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