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Referentenentwurf für die 14. AMG-Novelle liegt vor

BONN (hb). Am 8. Februar 2005 hat das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) den bereits seit einiger Zeit erwarteten Referentenentwurf für das 14. Änderungsgesetz zum Arzneimittelgesetz (14. AMG-Novelle) vorgelegt. Er ist auf der Website des Ministeriums abrufbar (www.bmgs.bund.de) und wurde darüber hinaus den beteiligten Verkehrskreisen zur Stellungnahme übersandt.

Das Gesetz dient vornehmlich der nationalen Umsetzung der Neuerungen im europäischen Arzneimittelrecht, die sich aus dem so genannten Review 2001, das heißt konkret aus den

– Richtlinien 2004/24/EG und 2004/27/EG zur Änderung des Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel) sowie – der Richtlinie 2004/28/EG zur Änderung des Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel,

alle vom 31. März 2004, ergeben haben. Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen schwerpunktmäßig folgende Regelungsbereiche des Arzneimittelgesetzes und des Heilmittelwerbegesetzes:

Neue Definitionen

Es werden neue Definitionen für die Begriffe

  • homöopathisches Arzneimittel,
  • mit der Anwendung des Arzneimittels verbundenes Risiko, worunter auch jedes Risiko unerwünschter Auswirkungen auf die Umwelt verstanden werden soll,
  • Nutzen-Risiko-Verhältnis sowie
  • pflanzliche Arzneimittel eingeführt.

Etikettierung und Packungsbeilage

Die Regelungen zur Kennzeichnung homöopathischer Arzneimittel werden präzisiert, und es wird der Katalog der Pflichtangaben für traditionelle Arzneimittel vorgeschrieben.

In der Packungsbeilage wird die Reihenfolge der Angaben geändert. Soweit erforderlich und je nach Art des Arzneimittels soll die ausdrückliche Empfehlung aufgenommen werden, bei Fragen zur Klärung der Anwendung den Arzt oder Apotheker zu befragen. Die Packungsbeilage für ein Humanarzneimittel soll auf Ersuchen von Patientenorganisationen auch in Formaten verfügbar gemacht werden, die für blinde und sehbehinderte Personen geeignet sind. Im Rahmen eines Zulassungsantrags für Humanarzneimittel sollen zusätzlich die Ergebnisse von Bewertungen der Packungsbeilage vorzulegen sein, die in Zusammenarbeit mit Patienten-Zielgruppen durchgeführt wurden.

Herstellung und Qualitätskontrolle

Für die Erteilung einer Herstellungserlaubnis wird gefordert, dass anstelle des bisherigen Herstellungs-, Kontroll-, und Vertriebsleiters "mindestens eine" Person mit der nach § 15 AMG erforderlichen Sachkenntnis (sog. "qualified person") als Hauptverantwortlicher benannt werden muss. Darüber hinaus muss Personal mit ausreichender fachlicher Qualifikation und praktischer Erfahrung und in ausreichender Zahl vorhanden sein, davon insbesondere ein Leiter der Herstellung und ein Leiter der Qualitätskontrolle. Für letztere werden jedoch im AMG entgegen dem bisherigen Recht keine spezifischen Sachkenntnisse festgelegt.

Zulassung- und Zulassungsverlängerung

  • Im Falle der Anwendung eines Arzneimittels außerhalb der zugelassenen Indikation soll keine Zulassungspflicht bestehen. Hiermit werden die rechtlichen Voraussetzungen für den in Deutschland bislang nicht geregelten "compassionate use" geschaffen. Näheres wird durch eine Rechtsverordnung geregelt.
  • Die Zulassungsbehörde soll nun nicht mehr nur auf Anforderung des Antragstellers, sondern regelmäßig einen Beurteilungsbericht zu einem zugelassenen Arzneimittel erstellen.
  • Die Zulassung soll im Regelfall nur noch einmal fünf Jahre nach der erstmaligen Erteilung verlängert werden. Danach soll sie unbegrenzt gelten. Im Gegenzug wird der Turnus zur Abgabe der Berichte über Arzneimittelrisiken von fünf auf drei Jahre verkürzt.
  • Es wird ein Benutzungszwang für eine erteilte Arzneimittelzulassung eingeführt. Diese soll erlöschen, wenn von ihr innerhalb von drei Jahren nach Erteilung oder auch danach in drei aufeinander folgenden Jahren kein Gebrauch gemacht wird. Zur Anwendung der Regelung werden die Pharmaunternehmen die Zulassungsbehörden darüber informieren müssen, wann ein Arzneimittel in den Verkehr gebracht wird und wann das Inverkehrbringen vorübergehend oder endgültig eingestellt wird.
  • Die Vorschriften zur gegenseitigen Anerkennung von Zulassungen sowie zur simultanen Antragstellung innerhalb der Europäischen Union werden in einem neuen Paragraphen 25b erfasst (bisher § 25 Abs. 5b bis 5e).

Weitere Anzeigepflichten. In Zukunft sollen die Zulassungsinhaber die Zulassungsbehörden unverzüglich über alle Verbote oder Beschränkungen in Kenntnis setzen, die durch Behörden in anderen Ländern getroffen wurden, sowie über alle anderen neuen Informationen, die die Beurteilung des Nutzens und der Risiken des betreffenden Arzneimittels beeinflussen könnten. Darüber hinaus sollen auf Verlangen der Zulassungsbehörde alle Angaben und Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die belegen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis weiterhin positiv zu bewerten ist.

Zulassung von Generika und Unterlagenschutz. Es wird ein neuer § 24b mit dem Titel "Zulassung eines Generikums, Unterlagenschutz" ins das Gesetz eingeführt. Hier wird der Begriff des Generikums erstmals dezidiert beschrieben. Außerdem werden die Regelungen zum Unterlagenschutz (Verwertungsschutz) und zum Vermarktungsschutz modifiziert. Auch im Falle einer innerhalb der ersten acht Jahre nach Erteilung der Zulassung erwirkten neuen Indikation von bedeutendem klinischen Nutzen für das "Originalarzneimittel" beträgt die Schutzfrist maximal elf Jahre.

Information der Öffentlichkeit über Zulassungen. Die Information der Öffentlichkeit über zugelassene Arzneimittel wird erheblich ausgeweitet. Neben den bereits bislang geforderten Bekanntmachungen zum Zulassungsstatus im Bundesanzeiger soll die Zulassungsbehörde auch die Zusammenfassung der Produktmerkmale (entspricht der Fachinformation), den Beurteilungsbericht mit einer Stellungnahme in Bezug auf die Ergebnisse der pharmazeutischen, vorklinischen und klinischen Versuche sowie bei Humanarzneimitteln Angaben über Auflagen, die im Zusammenhang mit der Zulassung erteilt wurden, zusammen mit den Fristen für deren Erfüllung unverzüglich öffentlich verfügbar machen, und zwar auf elektronischen Speichermedien oder zur Einsichtnahme vor Ort.

Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel. Die Registrierung, Registrierungsunterlagen, Entscheidung über die Registrierung und sonstige Verfahrensvorschriften für traditionelle pflanzliche Arzneimittel werden in den neuen Paragraphen 39a bis 39d geregelt.

Verschreibungspflicht. Die Regelungen werden durch Wegfall der automatischen Verschreibungspflicht vereinfacht.

Pharmakovigilanz. Die Zulassungsbehörden erhalten die Befugnis, in Betrieben und Einrichtungen die Arzneimittel herstellen oder in den Verkehr bringen oder klinisch prüfen, Pharmakovigilanz-Inspektionen vorzunehmen.

Transparenz bei den Zulassungs- und Überwachungsbehörden. Es wird ein neuer § 77a mit dem Titel "Unabhängigkeit und Transparenz" in das Gesetz eingeführt. Hiernach sollen die Zulassungs- und Überwachungsbehörden sicherstellen, dass ihre mit der Zulassung und Überwachung befassten Bediensteten sowie die von ihnen beauftragten Sachverständigen keine finanziellen oder sonstigen Interessen in der pharmazeutischen Industrie haben, die ihre Neutralität beeinflussen könnten. Dies soll mit einer jährlich abzugebenden Erklärung der jeweiligen Personen zu belegen sein.

Außerdem sollen die Behörden die Geschäftsordnungen ihrer Ausschüsse, die Tagesordnungen sowie die Ergebnisprotokolle ihrer Sitzungen unter Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen öffentlich zugänglich machen müssen.

Heilmittelwerbegesetz Im HWG wird die Liste von Krankheiten, auf die sich die Werbung für Arzneimittel außerhalb der Fachkreise nicht beziehen darf, auf die folgenden vier beschränkt:

  • nach Infektionsschutzgesetz meldepflichtige Krankheiten,
  • bösartige Neubildungen,
  • Suchtkrankheiten, ausgenommen Nikotinabhängigkeit,
  • krankhafte Komplikationen der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochenbetts.

Außerdem sollen nicht-verschreibungspflichtige, erstattungsfähige Arzneimittel beim Publikum nicht mehr beworben werden dürfen (§ 10 Abs. 1 HWG). Wie aus der Begründung zu dem Gesetzentwurf hervorgeht, soll das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht durch eine intensive Bewerbung dieser Arzneimittel belastet werden.

Kurze Frist zur Stellungnahme

Angesichts des Umfangs des Referentenentwurfs für die 14. AMG-Novelle (90 Seiten inklusive Begründung) erscheint die Frist zur Stellungnahme bis zum 28. Februar, die das BMGS eingeräumt hat, doch recht kurz bemessen. Eine Anhörung der Verbände ist ebenfalls relativ kurzfristig vorgesehen.

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