Arzneimittel und Therapie

Maserninfektion: Lebensgefährliche Komplikation verhindern

Bisher wurde angenommen, dass die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) als tödlich verlaufende Spätfolge einer Maserninfektion selten auftritt. Dass dem nicht so ist belegen Studienergebnisse aus den USA. Auch in Deutschland sterben immer wieder Kinder an dieser speziellen Gehirnentzündung.

Die SSPE ist eine gefürchtete Komplikation der Masern, die durchschnittlich sechs bis acht Jahre nach der Masernerkrankung auftritt. Oftmals können sich die Patienten gar nicht mehr daran erinnern, ob sie oder ihre Kinder überhaupt an den Masern erkrankt waren. Die Infektion hat einen langsam progredienten Verlauf über ein bis drei Jahre und zählt damit zu den so genannten slow virus infections. Diese Entzündung der gesamten Hirnsubstanz beginnt mit psychischen und intellektuellen Veränderungen und endet mit dem Dezerebrationssyndrom (funktionelle Abkoppelung des Hirnstammes vom gesamten Neocortex). Die Prognose ist ungünstig, die Erkrankung führt in nahezu 100% zum Tod. Durch Impfungen gegen die Masern könnte diese Komplikation verhindert werden.

Verzögerter Krankheitsverlauf

In Deutschland treten in regelmäßigen Abständen Masern-Epidemien auf. Als Folge dieser Virus-Infektion erkranken circa vier bis zehn Kinder an der subakuten sklerosierenden Panenzephalitis. Statistiken belegen, dass seit 1988 über 120 Kinder daran verstorben sind. Besonders ausgeprägt ist das Risiko bei Kindern unter einem Jahr. Erkranken sie an Masern, erhöht sich das SSPE-Risiko auf 1 : 5000. Diese Schätzung wird jetzt durch neue epidemiologische Daten aus den USA gestützt.

Masern sind in den USA sehr selten. Die letzten größeren Ausbrüche gab es zwischen 1989 und 1991. Von den 55.622 Erkrankten waren die meisten unter fünf Jahre alt, wie die Analyse dieser Epidemien ergab. Insgesamt verstarben 123 Menschen an den Masern. Zwölf Patienten mit gesicherter SSPE haben die Forscher den Masernausbrüchen zugeordnet. Bei sieben Patienten wurde aus Hirnproben das zur Zeit der Epidemie zirkulierende Masernvirus nachgewiesen.

Die Untersucher gehen davon aus, dass von allen Kranken der Epidemie nur 30 bis 50% gemeldet wurden. Aus diesen Annahmen errechneten sie auf Grundlage der 55.622 gemeldeten Masernkranken ein SSPE-Risiko von 65 bis 110 pro einer Million Erkrankten. Daraus ergibt sich ein sieben- bis 13-mal höheres Risiko an SSPE zu sterben, als bisher für die USA angenommen. Die vermutete Rate lag bisher bei 8,5 pro einer Million Erkrankten.

Dr. med. Ingo Blank, Arzt und Journalist

Quelle 
Tödliche Masernkomplikation ist häufiger als bisher vermutet. Ärzte Zeitung vom 2. November 2005.

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