Arzneimittel und Therapie

Antiallergikum: Allergiekarriere von Kindesbeinen an behindern

Die Entwicklung von Allergien beginnt häufig schon im frühen Kindesalter. Die Allergiekarriere sollte daher möglichst frühzeitig unterbrochen werden. Mehr als die Hälfte aller Arzneimittel in der Kinderheilkunde werden aber außerhalb des Zulassungsbereiches, also off label, eingesetzt, da keine Studien vorliegen. Jetzt können Kinder bereits nach Vollendung des ersten Lebensjahres mit dem Antihistaminikum Desloratadin behandelt werden: Aufgrund der Datenlage wurde die Zulassung des nicht-sedierenden, langwirksamen Histaminantagonisten erweitert.

Während im Kleinkindesalter Nahrungsmittelallergene (insbesondere Hühner- und Milcheiweiß) im Vordergrund stehen, kommen später ständig wiederkehrende Allergene von Milbe, Katze und Hund hinzu. Im weiteren Verlauf einer Allergiker-Karriere stehen dann saisonale Sensibilisierungen gegen Baum- und Gräserpollen im Vordergrund. Das Beschwerdespektrum verschiebt sich zusehends von Manifestationen auf der Haut hin zu Beeinträchtigungen der oberen Atemwege. Asthmatische Beschwerden bilden schließlich nicht selten den Höhepunkt, ohne dass die vorangegangenen Krankheitsmanifestationen verschwinden müssen. Frühes Eingreifen tut Not!

Die Zusammenhänge von frühen Sensibilisierungen und der Entwicklung eines Asthma bronchiale liegen aufgrund epidemiologischer Daten mittlerweile auf der Hand:

  • Je früher eine atopische Dermatitis festgestellt werden muss, desto eher ist mit der Entwicklung eines Asthma bronchiale zu rechnen. Kinder, die jenseits des vollendeten zweiten Lebensjahres eine atopische Dermatitis entwickeln, bekommen in 23% aller Fälle ein Asthma bronchiale. Liegt das Manifestationsalter für die atopische Dermatitis jedoch vor dem vollendeten zweiten Lebensjahr, so steigt das Asthma-Risiko auf 43%.
  • Der Schweregrad einer atopischen Dermatitis korreliert mit dem Schweregrad eines nachfolgenden Asthma bronchiale.
  • Liegt eine atopische Dermatitis ohne Allergien in der Familie vor, so ist mit der Entwicklung eines Asthma bronchiale in 35% der Fälle zu rechnen. Dieser Anteil steigt auf 45%, wenn doch Allergien in der Familie vorliegen und auf 68%, wenn Asthma in der Familie festgestellt werden musste.
  • 70 bis 80% aller Asthmatiker leiden auch an einer allergischen Rhinokonjunktivitis.
  • 20 bis 30% aller Rhinitiker müssen mit der Entwicklung eines Asthma bronchiale rechnen.
  • Fast die Hälfte aller Patienten mit allergischer Rhinitis leiden auch an einer bronchialen Hyperreagibilität, selbst wenn sie kein Asthma bronchiale haben.

Insgesamt hat sich das Allergie-Verständnis dahingehend gewandelt, dass man nunmehr von einer Erkrankung des ganzen Körpers ausgeht. Die verschiedenen Orte der Beschwerden sind demnach lediglich Manifestationsformen ein und desselben Krankheitsbildes. Zumindest für den Bereich der Atemwege konnte diese Hypothese durch Provokationstests belegt werden. So lassen sich nach Allergenprovokation der Lunge bei sensibilisierten Patienten auch Entzündungsreaktionen in den oberen Atemwegen der Nase nachweisen. Dies gelingt aber nicht bei gesunden Probanden. Umgekehrt zeigen Steroide bei Betroffenen die gleichen entzündungshemmenden Wirkmechanismen sowohl in der Nase als auch in der Lunge.

Die therapeutischen Ziele sollten von daher darin bestehen, primär eine Sensibilisierung zu verhindern und sekundär Krankheitsmanifestationen nach Sensibilisierung zu vermindern. Als tertiäres Therapieziel wird die Vermeidung von Krankheitsverschlechterungen gefordert.

Um Desloratadin auch für Kleinkinder verfügbar zu machen wurde eine besondere galenische Aufbereitung als Sirup entwickelt. In zwei Open-label-Studien mit Einmalgabe von Desloratadin bei je 18 gesunden Kindern wurde die Dosierung von 1,25 mg Sirup für die Altersgruppe der Ein- bis Fünfjährigen und die Dosierung von 2,5 mg Sirup für die Altersgruppe der Sechs- bis Elfjährigen pharmakokinetisch verglichen mit der üblichen Erwachsenendosierung von 5 mg als Tablette. Es zeigte sich, dass die pharmakokinetischen Werte der Kindergruppen vergleichbar mit denen bei Erwachsenen waren. Wirksamkeit und Verträglichkeit von Desloratadin sind nach bisherigen Erfahrungen ebenfalls vergleichbar.

 

Martin Wiehl, Erfurt

Quelle

Dr. Andrea von Berg, Wesel; Dr. Hans-Georg Bresser, Bielefeld; Dr. Matthias Kopp, Freiburg: Pressegespräch "Desloratadin bald auch für ganz Kleine", Aachen, 16. September 2004, veranstaltet von der essex pharma GmbH, München.

 

Desloratadin Sirup für Kinder 

Desloratadin ist ein nicht-sedierender, langwirksamer Histaminantagonist mit einer selektiven, peripheren H1-Rezeptor-antagonistischen Aktivität. Nach oraler Applikation hemmt Desloratadin selektiv die peripheren Histamin-H1-Rezeptoren, da die Substanz nicht in das zentrale Nervensystem übertritt.

 

Desloratadin Sirup (Aerius®) kann unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Der verschreibende Arzt sollte sich bewusst sein, dass die meisten Fälle von Rhinitis bei Kindern unter zwei Jahren durch eine Infektion verursacht werden und dass keine Daten vorliegen, die eine Behandlung einer infektiösen Rhinitis mit Desloratadin unterstützen.

Desloratadin ist angezeigt zur Besserung der Symptomatik bei:

  • allergischer Rhinitis
  • chronisch idiopathischer Urtikaria

Kinder zwischen ein und fünf Jahren nehmen 2,5 ml (1,25 mg) Desloratadin Sirup einmal täglich, Kinder zwischen sechs und elf Jahren 5 ml (2,5 mg) einmal täglich. Die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Aerius® Sirup bei der Behandlung von Kindern unter einem Jahr wurden bisher nicht nachgewiesen.

 

 

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