Schwerpunkt: Schnupfen, Husten und Co.

Erkältungen bei Kindern: Eltern gezielt beraten

Wenn Kinder stark erkältet sind, leidet meist die ganze Familie mit. Zur Linderung der Symptome gibt es eine Vielzahl bewährter Wirkstoffe sowie zahlreiche nicht-medikamentöse Maßnahmen. Im Folgenden sollen die wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten für Erkältungen bei Kindern sowie darüber hinaus physiologische Besonderheiten und geeignete Arzneiformen in den verschiedenen Altersgruppen vorgestellt werden.

Kinder leiden häufiger an Erkältungskrankheiten als Erwachsene, da sie gegen viele der (über 100!) auslösenden Viren noch nicht immun sind. Bis zum Schulalter sind vier bis zwölf Infektionen pro Jahr nicht ungewöhnlich, ältere Kinder erkranken etwa drei- bis fünfmal jährlich. Dadurch wird zwar das Immunsystem gut trainiert, die Symptome sind jedoch zum Teil sehr belastend, nicht nur für das Kind.

Für Säuglinge geeignete Arzneiformen

Im ersten Lebenshalbjahr verfügen Kinder noch über den so genannten "Nestschutz" durch mütterliche Immunglobuline. In den ersten Monaten nach der Geburt baut sich dieser langsam ab, so dass die Häufigkeit von Erkältungen im zweiten Lebenshalbjahr meist deutlich ansteigt. Da die Atemwege sehr eng sind, können bereits geringe Sekretmengen zu ausgeprägten Symptomen führen. Arzneimittel sind in diesem Alter teilweise extrem schwierig zu verabreichen, sodass die Compliance erheblich leidet. Am ehesten sind Suppositorien und flüssige Arzneiformen mit angenehmem Geschmack applizierbar, feste Oralia sind ungeeignet. Dies gilt teilweise bis in das Kleinkindalter hinein.

Einteilung nach Altersgruppen

Säuglinge 0 bis 2 Jahre 
Kleinkinder 3 bis 5 Jahre 
Schulkinder 6 bis 11 Jahre 
Adoleszente 12 bis 17 Jahre

Kleinkinder in die Therapie einbeziehen

Bei Kleinkindern von drei bis fünf Jahren steigt die Erkältungshäufigkeit oft drastisch an, insbesondere wenn sie regelmäßig eine Kindereinrichtung besuchen. Die Anwendung fester Oralia oder schwieriger zu handhabender Arzneiformen (z. B. Asthmasprays) ist dagegen etwa ab dem 4. Lebensjahr nicht mehr so problematisch wie bei Säuglingen. Dennoch nehmen die meisten Kinder Arzneimittel nur mit Widerwillen ein (siehe Kasten). Das Einbeziehen des Kindes in das Beratungsgespräch in der Apotheke (Ansprechen in Augenhöhe!) kann jedoch die Compliance erheblich verbessern. Eine kindgerechte Erläuterung der Einnahme stärkt das Selbstbewusstsein des Kindes und erleichtert den Eltern die Verabreichung des Arzneimittels.

Symptome nicht unterschätzen

Die Infektanfälligkeit nimmt im Jugendalter zwar ab, Erscheinungen wie "Stark-sein-wollen" unter Gleichaltrigen oder Leistungsdruck in der Schule können jedoch dazu führen, dass Symptome heruntergespielt und nicht behandelt werden. Andererseits können Erkältungstypische Symptome wie Kopfschmerzen oder Abgeschlagenheit auch auf Analgetika-Missbrauch, die Einnahme von Kontrazeptiva, übermäßigen Kaffee- oder Alkoholgenuss oder Drogenkonsum zurückzuführen sein.

In dieser Altersgruppe können alle in der Erwachsenenmedizin gebräuchlichen Arzneiformen problemlos und auch weitgehend in der gleichen Dosierung wie bei Erwachsenen angewendet werden. Für Jugendliche, die sich unausgewogen und vitaminarm ernähren, kann bei Erkältung ein Multivitamin-Präparat eine gute Empfehlung sein.

Husten bei Säuglingen pflanzlich lindern

Fast alle Expektoranzien/Mukolytika chemischer (z. B. Ambroxol, Bromhexin, Acetylcystein) oder pflanzlicher (z. B. Spitzwegerich-, Efeu-, Thymianextrakt) Herkunft sind bereits zur Anwendung bei Säuglingen geeignet. Mentholhaltige Zubereitungen dürfen allerdings wegen der Gefahr von Glottisödem und Bronchospasmus bei Säuglingen und Kleinkindern nicht angewendet werden. Auf ätherische Öle reagieren manche Kinder allergisch (z. B. bei Einreibung). Hustenstillende Wirkstoffe wie Clobutinol, Dextromethorphan oder Codein dürfen nur kurzfristig und nur dann eingesetzt werden, wenn das Allgemeinbefinden (vor allem der Schlaf) durch trockenen Reizhusten stark beeinträchtigt ist. Alternativ sind Tees oder andere Zubereitungen aus reizlindernden Drogen (z. B. Eibischwurzel, Isländisch Moos, Malvenblüten) empfehlenswert.

Für freie Nasenatmung sorgen

Bei Schnupfen sind Inhalationen mit Wasserdampf, Kochsalzlösung oder Kamillentee sowie die häufige Anwendung von Nasentropfen oder -sprays mit isotonischer Koch- oder Meersalzlösung empfehlenswert. Da Säuglinge in den ersten Lebensmonaten obligat durch die Nase atmen, kommt es in dieser Altersgruppe bei Schnupfen häufig zu Trinkschwierigkeiten und erheblicher Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens. In diesen Fällen ist der kurzfristige (drei bis fünf Tage) Einsatz von alpha-Sympathomimetika (Xylometazolin, Oxymetazolin) zu empfehlen. Mit der dadurch erzielbaren besseren Belüftung der Atemwege lässt sich auch das Risiko einer Ausbreitung der Infektion in die Nasennebenhöhlen, das Mittelohr und die tieferen Atemwege vermindern.

Hals- und Ohrenschmerzen

Bei viral bedingten Halsschmerzen kann Kindern das Gurgeln mit Tee aus Salbeiblättern, Kamillenblüten, Eibischwurzel oder Isländisch Moos (bzw. entsprechenden Auszügen) und das Lutschen von Salbei-Bonbons oder Halsschmerz-Tabletten (Wirkstoffe z. B. Panthenol, Emser Salz) empfohlen werden. Bei Ohrenschmerzen im Rahmen einer Erkältung sind abschwellende Nasentropfen mit Xylometazolin oder Oxymetazolin empfehlenswert. Bei Bedarf können Analgetika (Paracetamol, Ibuprofen) zum Einsatz kommen. Ohrentropfen sind obsolet.

Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber

Bei Fieber über 38,5 °C und/oder starken Schmerzen können Paracetamol oder Ibuprofen (als Saft oder Zäpfchen) kurzfristig angewendet werden. Die für die jeweilige Altersgruppe empfohlenen Maximaldosierungen sind genau einzuhalten. Acetylsalicylsäure ist wegen des Risikos des lebensbedrohlichen Reye-Syndroms bei Kindern kontraindiziert.

Nicht-medikamentöse und unterstützende Maßnahmen

Neben den oben genannten Wirkstoffen können zahlreiche allgemeine Maßnahmen dazu beitragen, die Symptome zu lindern sowie die Übertragung der Viren auf gesunde Personen einzuschränken. Dazu gehören:

  • ruhige Umgebung und liebevolle Zuwendung
  • leichte, ausgewogene und vitaminreiche Kost
  • reichliche Flüssigkeitszufuhr, vor allem warmen Tee
  • Aufenthalt an frischer Luft, wenn es die Verfassung des Kindes erlaubt
  • ausreichend Luftfeuchtigkeit
  • nicht in Gegenwart des Kindes rauchen
  • Hygienemaßnahmen, z. B. häufiges Händewaschen, sofortiges Entsorgen benutzter Papiertaschentücher

Bei Erkältung werden von Eltern gern Hausmittel wie Waden- und Halswickel, Zwiebelpackungen etc. angewendet. Dabei kommt es auf die richtige Anwendung an – einschlägige Literatur gibt darüber Auskunft.

 

Beratungstipp

Suppositorien bei Kindern richtig anwenden 

Kinder empfinden die Gabe eines Zäpfchens meist als "Angriff von hinten" und wehren sich entsprechend. Folgende Tipps können Eltern helfen, die Anwendung zu erleichtern: 

  • ab Kleinkindalter die Art und Weise und den Grund der Gabe kindgerecht erläutern und zur Mithilfe ermuntern (z. B. durch Stillhalten, richtiges Hinlegen)
  • Kind auf die Seite legen, zudecken (beugt Angst vor) und das obere Bein anwinkeln
  • den externen Analsphinkter vorsichtig dehnen, bei Kindern unter drei Jahren dazu den kleinen Finger, bei größeren Kindern den Zeigefinger einsetzen
  • Zäpfchen gegebenenfalls mit Wasser befeuchten
  • Kind tief einatmen lassen (entspannt den externen Sphinkter und gibt dem Kind das Gefühl, aktiv mitwirken zu können)
  • Zäpfchen vorsichtig hinter den inneren Sphinkter schieben. Die Pobacken sanft zusammenhalten, bis das Bedürfnis des Kindes, das Zäpfchen herauszuschieben, verschwindet.

Grenzen der Selbstmedikation erkennen

Grundsätzlich gilt, dass ein Arzt umso früher aufgesucht werden sollte, je jünger das Kind ist. Denn gerade bei Säuglingen und Kleinkindern können sich zunächst harmlose Symptome rasch verschlimmern. Bei Fieber, Schmerzen, starkem Husten, Erbrechen und/oder Durchfall, Exanthem oder Wesensveränderungen (apathischer Zustand, Verweigerung der Nahrung, schrilles Schreien) sollte der Arzt unverzüglich aufgesucht werden, um eine bakterielle Infektion oder eine andere schwerwiegende Erkrankung auszuschließen. Bei harmloseren Symptomen kann zunächst abgewartet werden, da sich bei einer Virusinfektion im Kleinkindalter der Zustand häufig schon nach ein bis zwei Tagen wieder spürbar verbessert. Zu den bakteriellen Infektionen, die sich im Rahmen einer Virusinfektion entwickeln können, gehören bei Kindern vor allem Lungenentzündung, Otitis media sowie durch Streptokokken verursachte Angina. Bei einseitigen Ohrenschmerzen oder Schnupfen muss bei Kleinkindern auch an eingedrungene Fremdkörper gedacht werden. Starke Halsschmerzen mit Belägen auf der Zunge können auch erste Anzeichen von Scharlach sein. Diese Kinderkrankheit lässt sich jedoch nach kurzer Zeit durch das Auftreten weiterer Symptome (Exanthem, "Himbeerzunge") abgrenzen. Bei Schulkindern und Jugendlichen können Halsschmerzen auch auf eine Infektion mit dem Eppstein-Barr-Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber, "kissing disease") zurückzuführen sein. Dabei kommt es außerdem zu Fieber, Lymphknotenschwellungen, Tonsillopharyngitis mit dicken gelb-weißen Belägen oder einem Exanthem. Das Virus infiziert B-Lymphozyten, die auf dem Höhepunkt der Erkrankung im Blutbild als atypische Lymphozyten ("Pfeiffer-Zellen") leicht erkannt werden können.
 

Stärkung des Immunsystems 

Eltern fragen häufig nach einem Präparat zur Stärkung des Immunsystems. Obwohl die Effektivität von Wirkstoffen wie z. B. Echinacea- und Umckaloabo-Extrakt oder Vitamin C teilweise kontrovers diskutiert wird, können derartige Präparate (in entsprechender Kinderdosierung) guten Gewissens empfohlen werden, da allein schon die mit der regelmäßigen Gabe verbundene Zuwendung zum kleinen Patienten einen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf haben kann.

Wadenwickel richtig anlegen

Kühl-feuchte Wadenwickel senken das Fieber durch peripheren Wärmeentzug. Dadurch lassen Kopfdruck und Unruhe nach, das Einschlafen wird erleichtert. Wadenwickel sollten nur bei warmen Füßen und Beinen angewendet werden. Die Anwendung ist abzubrechen, wenn die Füße dabei kalt werden.

Zwei dünne Baumwolltücher oder Baumwollkniestrümpfe werden in kühles (nicht eiskaltes) Wasser getaucht und gut ausgewrungen. Die Tücher werden eng um Füße und Unterschenkel bis zur Kniekehle gewickelt, die Strümpfe einfach angezogen. Darüber werden Wollschals gewickelt oder Wollsocken angezogen. Die Wickel sollten alle zehn Minuten erneuert werden, nach dreimaligem Wechsel empfiehlt sich eine halbe Stunde Pause.

 

Inhalieren im Zelt 

Eine Dampf-Inhalation mit Wasser oder Kamillentee ist ein bewährtes Hausmittel zur Befeuchtung der Schleimhäute. Es verbessert die Nasenatmung, befreit von Kopfschmerz und Hustenreiz. Die Prozedur (Kopf unter einem Handtuch über einen dampfenden Topf halten) wird jedoch von vielen Kindern nicht geliebt. Eine Alternative ist das Inhalieren im Zelt – entweder in einem Kinderspielzelt oder unter einem genügend großen Tisch, über den ein oder zwei Bettlaken gehängt werden. Das Dampfgefäß sollte auf einer Wärmequelle (einzelne Kochplatte, Stövchen) stehen. Wegen der Verbrühungsgefahr durch das heiße Wasser und den Dampf darf das Kind keine Sekunde ohne Beobachtung sein, die Betreuungsperson muss mit im Zelt sitzen.

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

Quelle 
Bruhn, C.; Frey, O.; Wagner, R.: „Das Kind in der Apotheke“, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart (2005). Hoeck, Th., Suda, D.: Sichere Hausmittel für das kranke Kind. Springer Verlag Berlin, Heidelberg, New York (1998).

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