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Weihnachtsgeldkürzung nicht ohne Überprüfung hinnehmen!

Bei der täglichen Rechtsberatung zeichnet sich schon jetzt ab, was spätestens Ende diesen Monats auf etliche Angestellte in der Apotheke zukommen wird: Viele Arbeitgeber legen den neu geschaffenen Absatz 6 des § 18 BRTV (siehe Kasten) dahin aus, dass sich die Sonderzahlung automatisch auf 50% reduziert, wenn sie dies anordnen.

Bereits lange vor November haben einige Arbeitgeber diese Regelung für sich in Anspruch nehmen wollen und vorab angekündigt, dass eine Reduzierung der Zahlung erfolgen wird. In zwei Fällen laufen bereits Gerichtsverfahren. Hier unterstützt ADEXA die betroffenen Mitglieder bei der Durchsetzung ihrer Interessen; beide Gerichtsverfahren sind noch nicht abgeschlossen.

Hintergrund der Neuregelung ist, dass die Tarifvertragsparteien eine Möglichkeit für umsatzschwache Apotheken schaffen wollten, auf wirtschaftliche Notsituationen zu reagieren. Die Sonderzahlung an sich wurde nicht zur Disposition gestellt, sie wurde auch nicht auf 50% reduziert. Vielmehr bleibt es dabei, dass jedem Mitarbeiter eine Sonderzahlung in Höhe von 100% seines tariflichen Monatsverdienstes zusteht. Aus § 18 Absatz 6 ergibt sich jetzt für den Apothekeninhaber die Möglichkeit, die Sonderzahlung zu reduzieren – und zwar höchstens auf 50% –, wenn es ihm aus wirtschaftlichen Gründen notwendig erscheint. Die Entscheidung darüber, ob eine Kürzung erfolgt, muss der einzelne Apotheken-inhaber auf der Grundlage seiner wirtschaftlichen Zahlen treffen. Hat er diese Entscheidung aber getroffen, so muss diese überprüfbar sein. Der Arbeitgeber (AG) muss also im Streitfall seine Zahlen offen legen und sich der gerichtlichen Überprüfung seiner Entscheidung stellen. Für den einzelnen Arbeitnehmer (AN) bedeutet dies: Wenn der AG die Sonderzahlung nicht vollständig auszahlt, muss der AN diesen zunächst zur Vorlage der Zahlen auffordern, aufgrund derer er seine Entscheidung getroffen hat. Legt der AG seine Zahlen offen, wird man überprüfen müssen, ob tatsächlich der Gewinn in einer Weise zurückgegangen ist, die eine Reduzierung in der jeweiligen Höhe rechtfertigt.

Hier werden sich die Tarifvertragsparteien in zweifelhaften Fällen zunächst darüber verständigen müssen, ob Regeln aufgestellt werden können, nach denen eine schematische Beurteilung erfolgen kann. Diese Gespräche können aber erst dann erfolgen, wenn absehbar ist, wie viele Arbeitgeber mit welchen Argumenten von der Neuregelung Gebrauch machen.

BRTV

§ 18 Sonderzahlung

1. Jeder Mitarbeiter erhält jährlich eine Sonderzahlung in Höhe von 100% seines tariflichen Monatsverdienstes. 

[...]

6. Der Apothekeninhaber ist für jedes Jahr berechtigt, die Sonderzahlung auf bis zu 50% des tariflichen Monatsverdienstes zu kürzen, sofern sich dies dem Apothekeninhaber aus wirtschaftlichen Gründen als notwendig darstellt. Die Sonderzahlung ist nachträglich ungekürzt zu zahlen, sofern der Apothekenleiter binnen einer Frist von 6 Monaten nach der Zahlung eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht und mit Ausspruch der Kündigung zur Zahlung fällig. Die Frist beginnt mit dem Monat, in dem die Zahlung oder – bei Teilzahlungen – der letzte Teil der Zahlung bewirkt wurde.

Legt der Arbeitgeber keine Zahlen vor, können ADEXA-Mitglieder mit Unterstützung der Juristen die Vorlage zunächst anfordern und notfalls auch einklagen. Allerdings geht die Juristin des Verbandes, Iris Borrmann, derzeit davon aus, dass die Arbeitgeber durch ihren Verband entsprechend beraten werden, sodass in diesem Bereich hoffentlich nur ausnahmsweise Streitigkeiten entstehen werden.

Im Einzelfall wird ADEXA ihren Mitgliedern Deckungszusagen erteilen, wenn sich die Konflikte nur durch eine gerichtliche Klarstellung lösen lassen.

Es wird Ende des Jahres in Verhandlungen zwischen dem ADEXA-Vorstand und dem Vorstand des Arbeitgeberverbands ADA Verständigungen darüber geben müssen, welche Zahlen dem Arbeitnehmer vorgelegt werden und welche Daten eine Reduzierung rechtfertigen. Hierzu hat die Gewerkschaft bereits Fälle gesammelt, in denen die Arbeitgeber eine Kürzung angekündigt haben, und diese dem ADA übergeben.

Im Moment hoffen allerdings alle Seiten, dass sich auch die einzelnen Arbeitgeber ihrer Verantwortung ihren Mitarbeitern und letzten Endes auch ihren Verbandsmitgliedern gegenüber bewusst werden und nur im wirtschaftlichen Notfall von der Ausnahmeregelung Gebrauch machen.

Klar gestellt sei noch einmal, dass diejenigen Mitarbeiter, in deren Arbeitsvertrag ausdrücklich die Zahlung eines 13. Gehalts, einer Sonderzahlung oder eines Weihnachtsgeldes vereinbart ist, eine Reduzierung unter keinen Umständen hinnehmen müssen. ADEXA-Mitglieder können bei Zweifeln ihre Arbeitsverträge in der Rechtsabteilung prüfen lassen. Ebenso darf der Arbeitgeber nicht reduzieren, wenn er dem Mitarbeiter, gegenüber dem er die Reduzierung vornimmt, betriebsbedingt kündigt. (Dies gilt auch noch sechs Monate nach Zahlung der gekürzten Sonderzahlung.)

Minou Hansen, Rechtsanwältin

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