Die Seite 3

Da braut sich was zusammen

Peter Ditzel

Es rumort kräftig in unserer neuen sich konstituierenden Regierung aus CDU/CSU und SPD. Die Koalitionsgespräche laufen auf Hochtouren. Täglich werden neue Milliardenzahlen genannt, die in den nächsten Jahren eingespart werden müssen – das Gesundheitswesen wird da nicht ausgenommen. Hier zielen die politischen Absichtserklärungen (noch sind es keine Gesetzentwürfe), wo der Rotstift anzusetzen ist und wo man Einsparpotenziale vermutet, wieder einmal auf den Arzneimittelmarkt. Über einen der wichtigsten Ausgabenblöcke, das Krankenhaus, hört man nichts. Vielmehr erdreisten sich auch Krankenkassenvertreter, sich bei der Suche nach Einsparungen im Arzneimittelbereich mit eher unqualifizierten Vorschlägen zu beteiligen, und geben populistische Äußerungen von sich. Pure Stimmungsmache gegen Pharma und Apotheken. Nur auf eine Idee kommen sie nicht: die ständig steigenden Verwaltungskosten in den eigenen Reihen zu inspizieren. Dabei übertreffen diese Kosten, heruntergerechnet auf die Pro-Kopf-Ausgaben der Beschäftigten, die Ausgaben für die Arzneimitteldistribution um ein Vielfaches! Wir sollten lautstark in Pressekonferenzen darauf aufmerksam machen.

Nach den letzten Gesprächsergebnissen, die aus den Verhandlungsrunden durchgesickert sind, sollen sich die Koalitionspartner weitgehend einig sein über die Einsparungen auf der Ausgabenseite:

  • Einfrieren der Generikapreise für zwei Jahre,
  • fünfprozentiger Preisabschlag auf Generika,
  • Verbot von Naturalrabatten an Apotheken,
  • weniger Verordnung von Scheininnovationen, Begriffsdefinition von "Innovation".

Abgesehen davon, dass dies erst mal Absichtserklärungen sind und weitere Vorschläge auf der nach oben offenen Einsparungsskala noch drohen könnten, muss man bei der ersten Analyse feststellen, dass die Politik wohl erkannt hat: bei Apotheken gibt es nichts mehr zu holen. Dazu trägt auch bei, wie ABDA-Geschäftsführer Frank Diener auf den Wirtschaftstagen in Sachsen-Anhalt herausstellte, dass die Arzneimittelpreisverordnung mit ihrem Fixzuschlag gerade im Bereich der hochpreisigen Arzneimittel zu sehr niedrigen Apothekenspannen führt.

Die Koalitionsüberlegungen setzen nun an den Naturalrabatten an, die verboten werden sollen. Dies hieße aber auch, dass Barrabatte nach wie vor gegeben werden dürften. Doch Hersteller werden Barrabatte in der Größenordnung von Naturalrabatten eher nicht gewähren. Ein fünfprozentiger Preisabschlag auf alle Generika und ein Einfrieren der Generikapreise sollen weitere Millionen einsparen. Wobei das Einfrieren der Generikapreise auch ein Eigentor werden könnte – denn dann könnten Generikapreise auch nicht nach unten angepasst werden. Spannend wird es sein, wie die "Experten" aus der Politik mit dem Begriff der Innovation und Scheininnovation umgehen werden. Wenn die Union die Arzneimittelforschung in Deutschland fördern will, indem sie patentgeschützte Arzneimittel aus der Festbetragsregelung ausnehmen möchte, so ist dies sicher ein sinnvoller Ansatz. Doch auf den Streit um die Frage, was eine Innovation und was eine Scheininnovation ist, bin ich heute schon gespannt. Hier sind Pharmakologen und Pharmakoökonomen aufgerufen, sich Gedanken zu machen und an Definitionen mitzubasteln.

Gerade die Diskussion um Innovationen zeigt aber, dass weder die Arzneimittelmenge noch die -preisentwicklung selbst zu den steigenden Arzneimittelausgaben beitragen, sondern die Strukturkomponente: Es ist der medizinische Fortschritt, der Geld kostet, d.h., die Verordnung neuer und zwangsläufig teurerer Arzneimittel statt der herkömmlichen Arzneitherapie. Mich wundert, warum die forschende Pharmaindustrie nicht in einer medienwirksamen Kampagne die innovativen Fortschritte an plastischen und drastischen Beispielen aufzeigt. Krankheiten, die noch vor wenigen Jahren schlecht oder nicht therapierbar waren, können heute behandelt werden, bis hin zur Heilung. Es klingt banal: Fortschritt zum Nulltarif ist eben nicht zu haben.

Dass unmittelbare Maßnahmen gegen die Apotheken in den Koalitionsgesprächen bisher nicht zur Debatte standen, darf uns nicht beruhigen. Es gibt immer wieder Ignoranten, Neider und Apothekenhasser bei Krankenkassen und in der Politik, die glauben, sie könnten die Arzneimitteldistribution mit allem, was dazu gehört, von weniger Apotheken oder von einem vollkommen liberalisierten Markt besorgen lassen. Mit Sicherheit bereiten Medien wie Stiftung Warentest, ZDF Frontal und andere, gesteuert durch solche Kassenvertreter und Politiker, wieder Tests vor. Wir sollten solchen Experten keinen Anlass geben, unsere Beratung, unsere Arbeit, unseren Service zu kritisieren oder in Frage zu stellen. Wir müssen am Ball bleiben...

Peter Ditzel

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