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Homöopathischer Wirkungsnachweis: "Wirkung ohne Molekül"

(chb/daz). Unter der Überschrift "Die Wunder" berichtet die Zeitschrift "Laborjournal" in ihrer Oktober-Ausgabe über eine bereits 2003 in Leipzig durchgeführte Arbeit, die einen Beitrag zum Wirkungsnachweis der Homöopathie leisten wollte. Die Arbeit wurde seinerzeit mit dem "Hans Heinrich Reckeweg-Preis" ausgezeichnet. Der Grund für den Bericht im Laborjournal: Unabhängige Experten stellten methodische Fehler in dieser Arbeit fest und brachten Anfang des Jahres den Vorgang beim Dekan der Uni Leipzig vor. Die Autoren der Arbeit räumen nun Fehler bei der Versuchsdurchführung und Auswertung ein.

Am 18. November 2003 veröffentlichte die Universität Leipzig eine Pressemitteilung, in der mitgeteilt wird, dass drei Angehörige der Universität den mit 10.000 Euro dotierten "Hans Heinrich Reckeweg-Preis" erhalten hatten. Die ausgezeichnete Arbeit trägt den Titel "In-vitro Testung von homöopathischen Verdünnungen" und wurde in der Februar-Ausgabe der Zeitschrift "Biologische Medizin" veröffentlicht.

Tests am Muskelpräparat

In der zitierten Veröffentlichung wird die Behauptung aufgestellt, dass es gelungen sei, den Nachweis erbracht zu haben, dass flüssige Belladonna-Hochpotenzen (D 32, D 60 und D100) am isolierten Rattenmuskelpräparat (Darm oder Magen) in geeigneten Nährlösungen physiologisch wirksam seien. Dieser Nachweis soll demnach mit Belladonna-Hochpotenzen gelungen sein, in denen rechnerisch praktisch kein Molekül (Atropin, aber auch sekundäre Inhaltsstoffe) mehr vorhanden ist. Als Testsystem wurde durch die Autoren die Messung der Stimulation glatter Muskulatur gewählt. In Kürze: Die Autoren spannten ein Muskelpräparat der Ratte in geeigneter Nährlösung zwischen zwei Trägern ein und maßen durch Kraftmessung (über einen Sensor) die Intensität der Muskelkontraktion (als Kraft in mN).

Das Ergebnis (als Zitat der Originalpublikation, Seite 36): "Die Hochpotenzen (D60, D100) hemmen die Ach-(Acetylcholin) und SP- (Substanz P – führt durch Freisetzung von Ach ebenfalls zur Kontraktion von Muskelzellen) induzierten Kontraktionen an Fundus/Corpus Präparaten und Ileumpräparaten statistisch signifikant. Die vergleichende Prüfung mit nichtpotenzierten Belladonnaverdünnungen ergibt lediglich eine 10%ige nichtsignifikante Hemmung bei einer Verdünnung von D100."

Ein bemerkenswertes Ergebnis, das allerdings auch Kritik hervorrief. Drei emeritierte Professoren kamen nach dem Studium dieser Arbeit zu der Auffassung, dass es sich um eine Falschmitteilung handelt. Sie erheben unter anderem die Einwände, dass die angeblich untersuchten homöopathischen Lösungen sich aus prinzipiellen Gründen gar nicht herstellen lassen. Weiterhin wird eingewendet, dass die veröffentlichten Forschungsergebnisse nicht auf objektiven Messergebnissen beruhen, sondern auf psychologisch und methodisch bedingten Messfehlern. Auch seien die Versuchsdaten durch Selektion an das erwartete Ergebnis angepasst worden.

Hochpotenzierte Lösungen machbar?

Die Frage der prinzipiellen Darstellbarkeit solcher hochpotenzierter Lösungen ist chemisch und pharmazeutisch interessant und findet auch im HAB 2004 keine abschließende Antwort. Chemisch gesehen müsste man eigentlich von einem absolut reinen Wasser bzw. Ethanol oder Lactose-Monohydrat ausgehen, denn die in Wasser, Ethanol und Lactose-Monohydrat enthaltenen "Verunreinigungen" würden nach den homöopathischen Regeln durch das "Potenzieren", das "Schlagen bzw. Schütteln der Lösung" auch in ihrer Wirksamkeit potenziert werden. Das HAB 2004 bezieht sich in seinen Monographien in vielen Fällen auf die jeweils gültige Ph. Eur. und diese lässt z. B. für "Hochgereinigtes Wasser 5.0/1927" oder "Wasser für Injektionszwecke 5.0/0169" jeweils max. 10 ppb Aluminium (2.4.17) oder max. 0,1 ppm Schwermetalle (2.4.8) zu. Werden diese und andere eventuell vorhandene Ionen (Calcium, Kalium, Natrium, Carbonat, Chlorid, etc.) auch in ihrer Wirksamkeit potenziert?

Die Kritiker betonen, dass sie sich nicht mit der Homöopathie als Heilmethode befassen. Es gehe ihnen ausschließlich um die Frage, ob die von den Autoren veröffentlichten Versuche geeignet sind, um, wie sie formulieren, "... durch analytisch-chemische und pharmakologische Methoden einen Wirkungsnachweis mit naturwissenschaftlich fundierter Begründung" zu erbringen, Fragen, die in der Wissenschaft ausdrücklich erlaubt sind.

Arbeit zurückgezogen

Mittlerweile haben die Autoren der Arbeit – nach einer Denkpause – Fehler bei der Versuchsdurchführung und Auswertung eingestanden. Insbesondere fehlten notwendige Kontrollversuche und nicht alle Daten wurden in die statistische Auswertung einbezogen. Die Mitteilung in der Zeitschrift Biologische Medizin wurde zurückgezogen, der Preis zurückgegeben. Damit muss ein weiterer Versuch, die Wirkung von homöopathischen Verdünnungen in vitro nachzuweisen, ad acta gelegt werden.

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