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Mit Medikamentenprofilen zu gleich langen Spießen (Kommentar)

Mit der gesetzlichen Genehmigung des Versandhandels habe man – so Heinrich Leopold Kolb von der FDP bei seinem Grußwort auf dem Deutschen Apothekertag 2005 in Köln – ein Problem gelöst, was gar nicht bestand. Eigentlich beruhigend für die Apotheker, und dennoch scheint der Versandhandel in den deutschen Apotheken seine Spuren zu hinterlassen, allerdings anders als erwartet. War Ralf Däinghaus, Initiator von DocMorris, nicht angetreten, um die deutsche Apothekenlandschaft über den Versandhandel von Arzneimitteln grundlegend "aufzumischen"? Das Ergebnis ist hinlänglich bekannt: Der über den Versandhandel in Deutschland abgegebene Anteil an Arzneimitteln ist schier bedeutungslos.

Dagegen scheint es aber beim Leistungsspektrum der deutschen Apotheken wirklich markante Veränderungen zu geben: Denn während "pharmazeutische Betreuung" in den vergangenen Jahren eigentlich nur in der Theorie stattfand und allenfalls regional "gelebt" wurde (u.a. Dr. Jens Schneider, Augsburg) hat der Barmer Hausarzt-/Hausapothekenvertrag erstmals ein flächendeckendes Projekt starten und die Mehrzahl der Apotheken mobilisieren können. Auch wenn das Führen der Medikationsliste von einigen Apothekern als zu aufwändige und unterbezahlte Mehrarbeit angesehen zu werden scheint, ist der strategische Vorteil für den Berufstand doch immens: Erstmals wird dem Apotheker seine beratende Tätigkeit honoriert. Und auch die Politik müsste mit den Apothekern jetzt zufrieden sein – findet doch endlich der von dort seit Jahren geforderte Leistungswettbewerb zwischen den Apotheken statt. Ob es allerdings von der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung so geplant war, dass die größte deutsche Krankenkasse sich innerhalb von integrierten Versorgungsprojekten mit den Apothekern und dem Hausärzteverband gegen die Versandapotheken verbündet, darf bezweifelt werden.

Der Kampf wird weitergehen, hoffentlich auch künftig mit gleich langen Spießen, so wie es von Johannes Metzger immer gefordert wurde. Grob hochgerechnet hat jede deutsche Apotheke bis heute durchschnittlich nicht einmal einen Kunden pro Tag an die Versand-Apotheken verloren. Damit dies so bleibt, dürfen die "Versandkollegen" allerdings zukünftig weder ignoriert noch unterschätzt werden. Vielmehr muss man diese immer mit ihren eigenen Waffen zu schlagen versuchen. Auch muss die Leistungsfähigkeit der deutschen Präsenzapotheke weiter ausgebaut werden.

Der Barmer Hausarzt-/Hausapothekenvertrag – warum dieser im Gegensatz zum Paybacksystem bis jetzt nur "offline" arbeitet, ist mir unverständlich – kann nur als ein Anfang gesehen werden. Denn auch eine neue Bundesregierung wird die Liberalisierung im Apothekenbereich wohl kaum rückgängig machen. Wenn die über 20.000 Apotheken in Zukunft bestehen wollen, müssen sie sich an diese "neue" Konkurrenzsituation gewöhnen. Haben dies unsere Kolleginnen und Kollegen bereits verstanden?

Hoffentlich, denn der nächste "Kampf mit den Spießen" wird bestimmt bald kommen. Wird alles in die Wege geleitet, dass die deutschen Präsenzapotheken hier keinesfalls den Kürzeren ziehen werden?

Hermann Vogel jr.

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