DPhG-Tagung

Was die pharmazeutische Wissenschaft heute leistet

Auch bei der diesjährigen Jahrestagung der DPhG waren die Themen der Plenar- und Hauptvorträge sehr vielseitig – sie reichten von den neuen Herausforderungen der Pharmaforschung in der Post-Genomics-Ära über Kinasen als Targets für neue Arzneistoffe bis zu pharmakogenetischen Aspekten der Arzneimitteltherapie. An neuartigen Arzneistoffen wurden u.a. Zinkfinger-Peptide und ein zytostatisches Makrolid vorgestellt. Die Produktion von Arzneistoffen mithilfe transgener Pflanzen wurde ebenso thematisiert wie die Einsparung von klinischen Studien durch eine Revision des biopharmazeutischen Klassifikationssystems und die Aufklärung von Wirkprinzipien mithilfe der Positronenemissionstomographie. Auch die bisherigen Erfahrungen mit dem noch jungen Fach Klinische Pharmazie in Praxis, Lehre und Forschung wurden vorgestellt. Am traditionellen "Nachmittag der Offizinpharmazie" vermittelten namhafte Referenten den aktuellen Wissensstand zu Demenzerkrankungen.

Pharmakogenetische Aspekte der Arzneimitteltherapie

Es ist mittlerweile unbestritten, dass interindividuelle Unterschiede im Arzneistoffmetabolismus auch genetisch bedingt sein können. Bereits in der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde mit der Pharmakogenetik ein Wissenschaftszweig begründet, der sich mit der Erforschung genetisch bedingter Variabilitäten der Arzneimittelwirkung befasst. In den Jahren 1997/98 wurde der Begriff Pharmakogenomik eingeführt. Er spiegelt die neue Forschungsdimension seit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms wider, nämlich die Möglichkeiten, das Zusammenwirken der Gene und ihrer Variationen im gesamten Genom zu erforschen. Die Erwartungen an Erkenntnisse aus der Pharmakogenomik sind hoch; die Therapie soll damit stärker individualisiert und die Ursachen verschiedener Erkrankungen sollen besser aufgeklärt werden können.

Unterschiedliche Enzymaktivitäten

Prof. Dr. med. Michel Eichelbaum, Leiter des Dr. Margarete-Fischer-Bosch-Instituts für Klinische Pharmakologie Stuttgart, erläuterte in seinem Plenarvortrag an zahlreichen Beispielen, wie sich ein genetisch bedingter Mangel oder Überschuss arzneistoffmetabolisierender Enzyme (auch als genetischer Polymorphismus bezeichnet, siehe Kasten) auf die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Pharmaka auswirken kann. Von klinischer Bedeutung ist beispielsweise der genetische Polymorphismus von CYP2D6, einem Isoenzym des Cytochrom-P450-Systems:

  • Etwa sieben Prozent der weißen Bevölkerung weisen zahlreiche Mutationen im CYP2D6-Gen auf, die entweder zu einem kompletten Verlust der Enzymaktivität oder zu verminderter Aktivität führen ("poor metabolizer").
  • Bei etwa ein bis zwei Prozent der deutschen Bevölkerung liegt eine Amplifikation des CYP2D6-Gens (mit bis zu 13 Kopien) vor, was zu einer verstärkten Synthese des Enzyms führt ("ultra rapid metabolizer").

Zu den Substraten von CYP2D6 zählen Neuroleptika wie Haloperidol, Antidepressiva wie Nortriptylin und Clomipramin und Betablocker wie Metoprolol und Propranolol. Wird einem poor metabolizer beispielsweise Haloperidol verabreicht, so treten typische Nebenwirkungen wie extrapyramidale Störungen in verstärktem Umfang auf. Dagegen müssen ultra rapid metabolizer für eine erfolgreiche Therapie mit höheren Dosen der entsprechenden Wirkstoffe behandelt werden. Daher wäre es bei bestimmten Arzneistoffen sinnvoll, vor Beginn der Therapie eine Genotypisierung des Patienten durchzuführen, um die Dosis entsprechend anpassen zu können.

Auswirkungen auf die Toxizität

Genetische Varianten treten jedoch nicht nur bei arzneistoffmetabolisierenden Enzymen, sondern auch bei dem Transportprotein P-Glykoprotein auf. P-Glykoprotein transportiert Arzneistoffe wie Digoxin, Paclitaxel oder Ciclosporin aus der Zelle in den Interzellularraum ("Effluxpumpe"). Da es vom MDR-1-Gen kodiert wird, haben Mutationen dieses Gens einen Einfluss auf die Konzentration von P-Glykoprotein. So haben Untersuchungen beispielsweise gezeigt, dass eine niedrige MDR-1-Expression mit einem erhöhten Risiko für nephrotoxische Nebenwirkungen des Ciclosporins einhergeht.

Transgene Pflanzen produzieren Pharmaka

Prof. Dr. Yuri Gleba, Geschäftsführer der ICON Genetics GmbH in Halle, stellte in seinem Plenarvortrag Möglichkeiten vor, wie transgene Pflanzen zur industriemäßigen Produktion von Pharmaka genutzt werden können. Bisher war das "molecular farming", also die Nutzung von Pflanzen oder auch Tieren als "Bioreaktoren" zur Herstellung pharmazeutisch verwendbarer Proteine, aus verschiedenen Gründen eingeschränkt: Eine Kultivierung transgener Wirkstoff-produzierender Pflanzen auf offenem Feld war nicht sicher genug, die Ausbeuten waren zu gering, der gesamte Prozess dauerte zu lange, kurz – eine Produktion in industriellem Maßstab schien unmöglich.

Mithilfe des von der Firma ICON Genetics entwickelten neuen Transfektionsverfahrens mit der Bezeichnung "Magnifection" scheinen diese Schwierigkeiten überwunden. Bei diesem Verfahren werden virale RNA-Vektoren mithilfe von Agrobacterium in alle ausgewachsenen Blätter einer geeigneten Pflanze injiziert. Die dabei erzielbaren Expressionsraten sind so hoch, dass erstmals eine Produktion in industriellem Maßstab möglich wird. Mit der biotechnologischen Produktionsplattform magnICON® können schon innerhalb weniger Wochen Ausbeuten im Gramm-Maßstab erzielt werden. Die Sicherheit ist gewährleistet, da die Produktion in Gewächshäusern stattfindet. Die Technologie eignet sich zur industriemäßigen Herstellung vieler pharmazeutisch interessanter Produkte wie Zytokine, Enzyminhibitoren, Antikörper, Interferone und Hormone.

Komplexere Targets verlangen konzertierte Entwicklungsstrategien

Auch heute in der "Post-Genom-Ära" hält Dr. Michel Pairet die Pharmaforschung für ein außerordentlich risikoreiches Unterfangen. Immerhin vergehen zwölf bis fünfzehn Jahre über der Entwicklung eines neuen Arzneimittels, und die Wahrscheinlichkeit, dass ein neues Molekül den Markt erreicht, liegt bei 1 bis 3%. Um diese magere Erfolgsquote zu verbessern, sollten die in den Prozess involvierten Fachrichtungen möglichst bereits in einem frühen Stadium der Entwicklung eng zusammenarbeiten.

Als eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Optimierung der Produktivität nannte Pairet die Definition eines klaren klinischen Wunschprofils als "absolutes Muss", verbunden mit der Auswahl des richtigen Targets und dessen Validierung. Dass letztere ein sehr kritischer Schritt ist, wird daran deutlich, dass die meisten Entwicklungen bereits in Phase II wegen unzureichender Wirksamkeit beendet werden. Immerhin konnten die Target-Identifizierung und Validierung in den letzten Jahren durch Nutzung der RNA-Interferenz deutlich gebessert werden. So erlaubt der Einsatz der siRNA (short interfering RNA) eine schnelle und verlässliche Beurteilung eines potenziellen Targets, auch wenn die In-vivo-Effekte bei dessen Inhibierung damit noch nicht abschätzbar sind. Helfen kann auch der Rückgriff auf Biomarker, die jedoch in der Lage sein sollten, eine Aussage über die Wirksamkeit der Substanz auf den Krankheitsverlauf zu machen.

Ein weiteres Problem ist die Identifikation neuartiger Leitstrukturen bei Protein-Protein- oder Protein-DNA-Interaktionen, die so komplex sind, dass Pairet ihre Identifikation mit dem Schleifen von Juwelen verglich. Sie verlangt nicht zuletzt auch eine Weiterentwicklung der bisher eingesetzten Screening-Methoden. Ein weiterer Engpass ist die Dauer der Leitstrukturoptimierung, die aber durch rationales Drug Design beschleunigt werden kann. Last not least wirken sich weitere Faktoren wie eine schlechte Kinetik, nachteilige physikochemische Eigenschaften, Wechselwirkungen und eine unzureichende Verträglichkeit hemmend auf Entwicklungsprozesse aus.

Infolge der neuen Targets und Entwicklungsstrategien werden biologische Arzneistoffe in Zukunft erheblich an Bedeutung zunehmen, so Pairets Einschätzung. Letztere waren bis jetzt hauptsächlich rekombinante Proteine. In Zukunft wird nicht nur der Stellenwert dieser Arzneistoffgruppe, der im Jahr 2004 bei rund 20% lag, deutlich wachsen, es werden wohl auch weitere Stoffgruppen wie Aptamere, siRNA, Stammzellen und Gentherapeutika Einzug in die Arzneimitteltherapie halten.

Kinasen als Arzneistoff-Targets

Über die Kinasen, die derzeit als Targets einen ungeheuren Boom in der Arzneimittelforschung erleben, referierte Prof. Dr. Stefan Laufer, Pharmazeutisches Institut der Universität Tübingen. Erste Kinase-Projekte wurden im Jahr 1989 gestartet. Heute sind bereits über 3000 Substanzen als Kinase-Inhibitoren beschrieben, aber lediglich fünf haben es bislang bis zur Zulassung gebracht.

Kinasen übertragen Phosphat von Adenosintriphosphat (ATP) auf eine Hydroxylgruppe eines Substratproteins, das heißt auf Tyrosin-, Serin- oder Threonin-Reste, ein biochemischer Schaltmechanismus für viele fundamentale Prozesse der Zelle, so zum Beispiel für die Genexpression, für Wachstum und Differenzierung sowie für die Apoptose.

Allgemein regelt die Phosphorylierung die katalytische Aktivität vieler Enzyme, die ihrerseits wiederum weitere Enzyme aktivieren (Signaltransduktionskaskade). Störungen in diesem Prozess sind an vielen pathophysiologischen Mechanismen beteiligt. So sollen mehr als 400 Krankheiten mit Kinasen zusammenhängen. Ihre Bedeutung als Protoonkogene bei Krebs sowie im Entzündungsgeschehen ist inzwischen gut belegt, neuere Ergebnisse machen auch eine Beteiligung an kardiovaskulären und neurologischen Erkrankungen sowie Diabetes wahrscheinlich.

Im Rahmen des Human Genom Projekts wurden mehr als 2500 Kinasen identifiziert, davon 518 Proteinkinasen, die als Drug Targets in Frage kommen. Klassifiziert werden Kinasen nach ihrer Phosphorylierungsstelle am Substrat als Rezeptor-Tyrosinkinasen, Serin-Threonin-Kinasen und zytoplasmatische Tyrosinkinasen.

Laufer stellte einige Arzneistoffe vor, die Kinasen zum Target haben:

  • Gefitinib (Iressa®) greift an den EGF(Epithelial Growth Factor)-Rezeptor-Tyrosinkinasen an, die bei vielen Krebsarten überexprimiert sind. Auf dem gleichen Wirkprinzip beruhen der Tyrosinkinasehemmer Imatinib (Glivec®), der seit 2001 für die Behandlung der chronisch myeloischen Leukämie zur Verfügung steht, sowie das erst kürzlich zugelassene Erlotinib (Tarceva®). In Phase III der klinischen Entwicklung befinden sich Vandetanib und Lapatinib.
  • Zytoplasmatische Cyclin-abhängige Kinasen (CDKs) sind wichtige Schaltstellen im Zellzyklus und bei fast allen Krebsarten falsch reguliert. So wurde bei zahlreichen Krebszelllinien und humanen Tumorformen eine Überaktivität der CDKs gefunden. Der erste CDK-Hemmstoff Flavopiridol wurde bei einem Screening-Programm entdeckt, wegen unzureichender Selektivität aber nicht weiterentwickelt. Ein weiterer vielversprechender Kandidat ist das von dem Nucleosid-Antibiotikum Puromycin abgeleitete Purvanalol B.
  • Als Beispiel für interessante Targets in der Gruppe der Serin-Threonin-Kinasen führte Laufer die Zufallsentdeckung p38 MAP-Kinase an, die eine Schlüsselrolle bei Entzündungsprozessen spielt und erstaunlich selektiv ist. MAP-Kinase-Inhibitoren sind somit aussichtsreiche Kandidaten zur Entwicklung antiinflammatorisch wirksamer Pharmaka.

Über 30 Kinasen sind in ihrer Struktur aufgeklärt. Auffallend ist ihre große Ähnlichkeit, wodurch das Problem der Spezifität des Angriffspunkts auf der Hand liegt. Insbesondere ist die ATP-Bindungsstelle, gegen die sich viele Arzneimittelkandidaten richten, hoch konserviert. Oft unterscheidet sie sich nur in einer Aminosäure. Laufer zeigte jedoch anhand neuerer Ergebnisse, auch aus seiner Arbeitsgruppe, dass die Entwicklung aktiver und selektiver Verbindungen durchaus möglich zu sein scheint. Als genereller Ansatz könnte die "Selektivitätstasche" der ATP-Bindungsstelle betrachtet werden, die bei p38 MAP und CDK gleich ist.

Wahrscheinlich nicht zu Unrecht bezeichnet Laufer die Kinasen als Drug-Targets des 21. Jahrhunderts. Ihre Bedeutung als molekularer Angriffspunkt für neue Arzneistoffe lässt sich auch in Zahlen eindrucksvoll belegen. Kinasen stellen 22% des "drugable genom" dar. Rund 70 sind als potenzielle Arzneistoffe weltweit in klinischer Entwicklung, hauptsächlich in Krebs- und Entzündungsindikationen. In Patenten werden mehr als 150 Indikationen beansprucht. 25% aller industriellen Drug Discovery Programme haben mittlerweile Kinasen zum Ziel.

Apicularen A – ein zytostatisches Makrolid

Über die biologischen Effekte von Apicularen A, einem zytostatischen Makrolid aus der Myxobakterien-Gattung Chondromyces, berichtete Prof. Dr. Kazuo Ohuchi von der Tohoku-Universität, Japan. Apicularen A ist ein hochaktives zytostatisches Makrolid, das aus Chondromyces isoliert wurde. An murinen Leukämie-Monozyten-Zelllinien und menschlichen promyelozytischen Leukämie-Zelllinien konnten Apoptose-induzierende Eigenschaften gezeigt werden, wobei die Aktivität von Apicularen A stärker war als die seines N-Acetylglucosamin-Derivats Apicularen B.

Der Wirkmechanismus von Apicularen A wurde in einer Makrophagen-Zelllinie (RAW 264.7 cells) untersucht. Es wurde gezeigt, dass Apicularen A die Transkriptionsfaktoren NFkB (nuclear factor kappa B) und AP-1 (activator protein 1) aktivierte und die Konzentration von iNOS (inducible nitric-oxide synthase) sowie die Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) erhöhte. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Apicularen A durch die NO-Produktion in den Apoptose-Mechanismus involviert ist.

Es wurde darüber hinaus gezeigt, dass Apicularen A V-ATP-asen inhibiert, Enzyme, die als Protonenpumpen wirken und eine Rolle bei der Regulierung des pH-Werts in der Zelle spielen. Das gezielte Ausschalten der V-ATPasen führt letztendlich zum Zelltod. Auch über diesen Mechanismus könnte Apicularen A aus der Sicht der Forschergruppe die Apoptose induzieren.

Neuartige Zinkfinger- Peptide

Über seine Forschungsergebnisse zur Herstellung und Funktion neuer Zinkfinger-Peptide berichtete der Präsident der Japanischen Pharmazeutischen Gesellschaft Prof. Dr. Yukio Sugiura, Doshisha Women's University. Metalloproteine spielen eine wichtige Rolle in der Genregulation. Zink bestimmt durch die Art seiner Bindung an die Aminosäuren die Struktur der Zinkfinger-Proteine (Tab. 1), die zu den wichtigsten Transkriptionsfaktoren gehören. Sie zeichnen sich im Hinblick auf die Fähigkeit zur DNA-Erkennung durch folgende Eigenschaften aus:

  • Erkennung von jeweils drei Basenpaaren einer DNA-Sequenz durch einen Zinkfinger,
  • Erkennung asymmetrischer DNA-Sequenzen,
  • Bildung Tandem-repetitiver Zinkfinger-Domänen.

Sugiuras Forschergruppe hat in den letzten Jahren neuartige synthetische Zinkfinger-Peptide entwickelt, die nach ihrer Funktion vier Gruppen mit folgenden Charakteristika zugeordnet werden:

  • DNA-cutter (synthetische Restriktionsenzyme),
  • Erkennung langer DNA-Sequenzen (30 bp) (synthetische Repressoren),
  • DNA-Biegung (Regulierung der Genexpression),
  • Metallofinger (neue DNA-Erkennung).

Sie könnten in der biomedizinischen Forschung, in der Biotechnologie sowie in der Gentherapie zur Anwendung kommen.

Molekulares Imaging mit PET

Das Potenzial der Positronenemissionstomographie (PET) für die Entwicklung neuer Arzneistoffe erläuterte Prof. Dr. Heinz H. Coenen vom Institut für Nuklearchemie des Forschungszentrums Jülich. Bei der PET handelt es sich um ein hochmodernes bildgebendes Verfahren zur nicht invasiven, quantitativen Bestimmung der räumlichen und zeitlichen Verteilung von Radiopharmaka im menschlichen Körper. Hauptanwendungsgebiete der PET sind die Onkologie, Kardiologie, Neurologie und Psychiatrie. Dabei reicht das Spektrum von Bioverteilungsstudien über Bestimmungen von Enzym- und Rezeptorkonzentrationen bis hin zur Aufklärung pathologischer und physiologischer Prozesse, z. B. der Identifizierung des Wirkortes von Arzneistoffen.

Vorteil: geringe Strahlenbelastung

Für pharmakologische und pharmakokinetische Fragestellungen werden die Radioisotope Sauerstoff-15 (Halbwertszeit 2,1 min), Kohlenstoff-11 (Halbwertszeit 20,4 min) und Fluor-18 (Halbwertszeit 109,7 min) eingesetzt. Sie bieten die Vorteile einer relativ hohen räumlichen Auflösung (im mm-Bereich) verbunden mit einer geringen Strahlendosis. Auch die Sensitivität der PET ist sehr hoch – in Geweben können Stoffmengen bis zu 10–9 bis 10–12 mol nachgewiesen werden. Limitierende Faktoren für den Einsatz der PET sind unter anderem die geringen Halbwertszeiten der Radionuklide und Beschränkungen durch rechtliche Bestimmungen, die den Einsatz von Radiopharmaka nicht berücksichtigen.

Verteilung einer Substanz verfolgen

Obwohl es mit der PET nicht möglich ist, strukturell unterschiedliche radioaktiv markierte Verbindungen voneinander zu unterscheiden, konnte in einer Untersuchung zum Metabolismus von Tramadol unter Verwendung von C-11, die Coenen beispielhaft vorstellte, dennoch verfolgt werden, wie sich der Wirkstoff in unterschiedlichen Gehirnbereichen verteilt; durch separate Markierung und Applikation gelang dies auch bei den Metaboliten des Tramadols.

Sehr erfolgreich angewendet wurde die PET in der Arzneistoffentwicklung bisher z. B. in Untersuchungen zur Verteilung von Dopaminantagonisten im Gehirn und ihrer Bindung an Dopaminrezeptoren.

Biopharmazeutisches Klassifizierungssystem ist revisionsbedürftig

Das biopharmazeutische Klassifizierungssystem (BCS) begründete vor einigen Jahren einen völlig neuen Ansatz zum Beleg der Bioverfügbarkeit und Bioäquivalenz. Prof. Dr. Gordon Amidon, College of Pharmacy, University of Michigan, USA, einer der "Väter" des BCS, legte seine Vorstellungen zur Weiterentwicklung des Systems dar.

Das BCS wurde im wesentlichen auf Basis der Arbeiten von Amidon im August 2000 von der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA mit der Leitlinie "Waiver von Bioverfügbarkeits- und Bioäquivalenzstudien für schnell-freisetzende feste orale Arzneiformen, basierend auf einem biopharmazeutischen Klassifizierungssystem" in die regulatorische Praxis umgesetzt und ein Jahr später auch von der Europäischen Arzneimittelagentur mit der Empfehlung zur Untersuchung der Bioverfügbarkeit und Bioäquivalenz angenommen.

Die Kernidee des BCS ist ein In-vitro-Transportmodell, das eine Aussage über die In-vivo-Verfügbarkeit eines Arzneimittels anhand seiner Löslichkeit und Permeabilität zulässt. Amidon ist davon überzeugt, dass In-vivo-Untersuchungen noch in erheblich mehr Fällen als bisher durch In-vitro-Freisetzungstests ersetzt werden könnten. Die derzeit in den USA anerkannten Biowaiver (Arzneimittel, bei denen auf Bioäquivalenzstudien verzichtet werden kann) hält er für "etwas konservativ"; er zeigte zwar Verständnis für die FDA, die sich in ihrer regulatorischen Verantwortung wissenschaftlich "auf sicherem Boden" bewegen will, schlug aber folgende Änderungen vor:

  • Ausdehnung der Biowaiver auf Klasse-III-Arzneistoffe (leicht löslich, niedrige Permeabilität),
  • Definition der "hohen Permeabilität" mit > 80% oder > 70% statt jetzt > 90%,
  • Zulassung von Waivern bei jeder Wirkstärke,
  • Reduktion der Referenz-Arzneistoffe für die Permeabilität auf zehn,
  • Entwicklung eines Bioäquivalenz-Freisetzungstests.

Anhand einer Sichtung der Arzneistoffliste der WHO (325 essential drugs) sowie der Top-200-Arzneimittel in den Ländern USA, UK, Spanien und Japan analysierte Amidon, wie viele Arzneimittel weltweit für Biowaiver in Frage kommen. Die Top 200 der genannten Ländern finden sich jeweils nur teilweise und in sehr unterschiedlichem Ausmaß in der WHO-Liste, und auch die Verteilung auf die Arzneistoffklassen ist durchaus unterschiedlich: Unter dem Strich werden in den Ländern mehr als 50% der Arzneimittel oral angewendet; davon sind 50 bis 59% leicht löslich, und mehr als 60% weisen eine hohe Permeabilität auf. Von den oralen essential drugs der WHO sind sogar 67% leicht löslich, und 60 bis 70% weisen eine hohe Permeabilität auf.

Amidon leitet hieraus ab, dass weltweit mehr als die Hälfte aller Arzneimittel in Bezug auf ihre Bioverfügbarkeit und Bioäquivalenz mit Hilfe der In-vitro-Freisetzung ausreichend charakterisiert werden kann. Er geht sogar noch einen Schritt weiter und schlägt vor, die In-vitro-Freisetzung auf alle Klassen anzuwenden, wobei die Spezifikation der Prüfung an die jeweilige Klasse adaptiert werden müsste und in einigen Fällen eine Anpassung des Mediums erforderlich sein könnte. Er begründet dies auch mit den rasanten Fortschritten innerhalb der Arzneimittelforschung, mit denen die regulatorischen Grundlagen Schritt halten müssen. So ist in der neuen Ära der molekularen Arzneimittel mit völlig neuen Anforderungen zu rechnen.

Klinische Pharmazie in der Praxis

Nach Einschätzung von Priv.-Doz. Dr. Irene Krämer, Klinikapotheke der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, haben klinische Pharmazeuten heute im Krankenhaus bereits einen bemerkenswerten Einfluss auf die Qualität der Gesundheitsversorgung. Krämer ist seit vielen Jahren Dozentin an der Universität Mainz in ihrem Fach. Ihre Aufgabe als "Teacher Practitioner" ist daher ein wesentlicher Bestandteil ihres beruflichen Alltags.

Die Beratung von Ärzten, Pflegepersonal und Patienten und andere klinisch-pharmazeutische Dienstleistungen (siehe Kasten) verlangen fundierte Kenntnisse zur Effektivität, zum Risiko und zu den Kosten von AM-Therapien sowie zur pharmazeutischen Betreuung. Self-made-Fähigkeiten reichen für eine kompetente Erfüllung dieser Anforderungen auf die Dauer nicht aus, meinte Krämer, und so war die Berücksichtigung der Klinischen Pharmazie in den Curricula der Pharmazeuten-Ausbildung aus ihrer Sicht lange überfällig.

An welchen Stellen Krankenhausapotheker in der Praxis Probleme identifizieren, lösen und verhindern können, stellte sie an einigen Beispielen dar. Medikationsfehler beruhen zu einem großen Teil auf Verordnungsfehlern und Fehlern bei der Verteilung und Applikation, weniger dagegen auf Übertragungs- oder Herstellungsfehlern. Die Verordnung sollte idealerweise während der Visite und möglichst computergestützt erfolgen. Bei der Distribution könnten Unit-dose-Systeme die Verteilung noch sicherer machen, bei der Applikation könnte die Einführung von "Scan-for-safety" helfen, Versehen auszuschließen.

Wo wird am häufigsten interveniert?

In der Apotheke des Mainzer Universitätsklinikums wird außerdem ein patientenindividuelles Therapiemonitoring durchgeführt. Die häufigsten Interventionen in die Therapie erfolgen nach Krämers Erfahrungen in den Bereichen

  • kardiovaskuläres System (Probleme entstehen hier überwiegend durch Substitution),
  • Antiinfektiva,
  • Alimentäres System und Stoffwechsel,
  • Nervensystem (u. a. Analgetika),
  • Muskeln und Skelettsystem,
  • Respirationstrakt.

Arzneimittel-Anamnesestelle

Mithilfe einen Fax-Substitutionsservice werden darüber hinaus Hinweise zu möglichen alternativen Therapie-Regimes angeboten, was von den Ärzten und vom Pflegepersonal sehr gut angenommen wird. Um die Risiken beim Umgang der Patienten mit Arzneimitteln zu minimieren, sprach sich Krämer nachdrücklich für die Einzeldosisverblisterung aus. Darüber hinaus könnten die Patienten durch Aufnahme- und Entlassungsgespräche besser geführt werden. Ihre Wunschvorstellung wäre eine zentrale Arzneimittel-Anamnesestelle im Krankenhaus.

Krankenhausapotheker als Ausbilder

Krankenhausapothekern rät Krämer, zu akzeptieren, dass sie ihre Kenntnisse nicht nur anwenden, sondern auch an Pharmaziestudierende weitergeben müssen, idealerweise in enger Kooperation mit einem Hochschulinstitut im Bereich Klinische Pharmazie, wobei die Lehrstuhlinhaber eine koordinierende Funktion der Teacher Practitioners wahrnehmen sollten. Auch die Offizin sollte in diese Kooperation in Zukunft stärker eingebunden werden.

Das Fall-bezogene Lernen wird von den Studenten in Mainz sehr gut angenommen. Ein Problem ist jedoch die Durchführung der Lernkontrollen, da den Teacher Practitioners neben ihrer regulären Arbeit hierfür kaum Zeit bleibt.

Forschen auf dem Gebiet der Versorgung

Was die Forschung anbelangt, so sieht Krämer den Schwerpunkt weniger in der Grundlagen- als in der Versorgungsforschung mit dem Ziel einer Optimierung der Arzneimitteltherapie und Verbesserung der Effektivität/Effizienz der pharmazeutischen Betreuung. Sie gab allerdings zu bedenken, dass viele Studien in diesem Bereich rechtlich als Klinische Studien anzusehen sind, für die ein positives Votum einer Ethik-Kommission einzuholen ist, eine nicht unbedingt leicht zu nehmende Hürde.

Genetischer Polymorphismus

Unter genetischem Polymorphismus versteht man die Existenz von Mutationen im Genlocus eines monogen vererbten Merkmals, die in der Bevölkerung zu mindestens zwei Phänotypen führt, wobei deren Häufigkeit nicht unter einem Prozent liegt.

Tab. 1: Typen von Zinkfinger-Peptiden

Bindung von Zn2+ an / Beispiele C2H2: TFIIIA, Sp1, ADR1 C4: Östrogen-, Glucocorticoid-, Retinoidrezeptor, GAL4 C2HC: Poly(ADP-Ribose)-Polymerase C4H2: Proteinkinase C

Klinisch-pharmazeutische Dienstleistungen

  • Visitenteilnahme
  • Arzneimittelinformation
  • Verordnungs-Monitoring
  • Therapie-Monitoring
  • Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)
  • Aufnahme- und Entlassungsgespräche
  • Patientenschulung

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