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Rabatte sind rechtens

HAMBURG (tmb). Über die Zulässigkeit von Rabatten und die angeblichen Intentionen des Gesetzgebers bei der Formulierung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) hört man die unterschiedlichsten Auffassungen. Orientierung bietet ein Urteil des Landgerichts Hamburg, in dem die gängigen Rabatte der Hersteller an Apotheken für rechtens und mit der neuen Preisbildung für vereinbar erklärt wurden. Doch zeigt das Urteil auch Grenzen auf.

In dem zu entscheidenden Fall hatte ein forschendes deutsches Pharmaunternehmen die Rabattgewährung eines Importeurs an Apotheken beanstandet und am 5. April 2005 eine einstweilige Verfügung dagegen erwirkt. Der Importeur legte erfolgreich Widerspruch ein: Das Landgericht Hamburg wies die einstweilige Verfügung am 17. Mai 2005 zurück und erklärte die Rabattgewährung für rechtens.

Ziel der Preisbindung

Nach Auffassung des Landgerichts ist die Festsetzung von Gewinnspannen der Apotheken nicht das Ziel der Arzneimittelpreisverordnung, sondern das Mittel zur Erreichung des Zieles, einen einheitlichen Abgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel zu gewährleisten. Im Kern ziele die Preisbindung auf den Schutz des Verbrauchers vor Überforderung, weil er die Berechtigung der Preisforderung nicht abschätzen könne und auf die Arzneimittel angewiesen sei. Dieses Ziel werde durch die Rabattierung zu Gunsten der Apotheke nicht berührt. Mit der AMPreisV habe der Verordnungsgeber die Rabattgewährung in Einzelfällen gar nicht regeln wollen.

Bei der Preisbildung in der Apotheke sei nicht zu berücksichtigen, ob die Apotheke tatsächlich den Höchstzuschlag gemäß AMPreisV bezahlt hat. Die Rabattierung durch den Hersteller sei nicht verboten und auch nicht wettbewerbsrechtlich zu beanstanden. Sie könne schon allein deshalb nicht verboten sein, weil es sonst einem Hersteller, dessen Arzneimittel nicht über den Großhandel vertrieben werden, gänzlich unmöglich wäre, Rabatte zu gewähren. Dann müssten die Apotheken bei solchen Produkten den Krankenkassen einen Rabatt gewähren, den sie unter keinen Umständen selbst bei ihrem Einkauf erhalten könnten.

Außerdem wende sich die AMPreisV nicht an die Arzneimittelhersteller. Vielmehr seien die Hersteller in ihrer Preisbildung frei, wozu auch die Gewährung von Bar- oder Mengenrabatten gehöre, die gemäß § 7 I Nr. 2 HWG ausdrücklich gestattet seien. Es sei auch nicht zu erkennen, dass solche Rabatte nur im Rahmen der Großhandelsspanne zu gewähren seien.

Grenze für Rabatte

Die Grenze der freien Preisbildung werde aber überschritten, wenn die ausgewiesenen Herstellerabgabepreise nur noch fiktive Preise ("Mondpreise") seien, die faktisch nie verlangt würden und mit denen die Gewinnspannen der Apotheken unbillig erhöht würden. Dabei stand für das Gericht die Häufigkeit der Rabattgewährung im Vordergrund. In dem zugrunde liegenden Fall hatten nicht einmal vier Prozent der belieferten Apotheken einen besonderen Jahrestreuebonus von zwei Prozent erreicht. Außerdem generierte das beklagte Unternehmen nur etwa ein Viertel seiner Umsätze aus dem Direktgeschäft mit Apotheken. Demnach seien die Listenpreise nicht als fiktiv zu betrachten. Anders seien dagegen bedingungslose Rabatte zu beurteilen, die nicht als Honorierung für ein bestimmtes Einkaufsverhalten gewährt werden.

Es sei nicht zu beanstanden, wenn der tatsächliche Einkaufspreis in Einzelfällen den Listenherstellerpreis unterschreite. Es komme darauf an, in welchem Verhältnis der Hersteller Arzneimittel mit bzw. ohne Unterschreitung der gelisteten Herstellerabgabepreise verkaufe. Dass jeder einzelne gewährte Rabatt zu einer Änderung des durchschnittlichen Herstellerabgabepreises führe, sei dagegen hinzunehmen. Nach Einschätzung von Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, ist ein solches klärendes Urteil in der emotional geführten Rabattdiskussion als hilfreich anzusehen.

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