DAZ aktuell

PKV treibt Gesundheitskosten nach oben

BERLIN (ks). Das System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat sich bewährt: Ihm ist es zu verdanken, dass sich in Deutschland ein hochleistungsfähiges Gesundheitssystem ohne Wartezeiten für alle entwickeln konnte - und das bei relativ stabilen Kosten. Das Krankheitsrisiko zu privatisieren ist daher keine Alternative. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Wirtschaft und Soziales (WISO), die am 27. September in Berlin vorgestellt wurde.

Das WISO hatte im Auftrag des AOK-Bundesverbandes Strukturen und Kostensteuerungsmechanismen im Gesundheitswesen untersucht, sowie GKV und private Krankenversicherung (PKV) in Deutschland miteinander verglichen. Ulf Fink, ehemaliger Berliner Gesundheitssenator (CDU) und Mitautor der Studie, erläuterte, dass das deutsche System im internationalen Vergleich sehr leistungsstark sei. Dies zeige sich insbesondere darin, dass es praktisch keine Wartezeiten gibt. Zudem werde den Patienten ein umfassendes Leistungsspektrum bereitgestellt. Auch den Vorwurf, das deutsche Gesundheitswesen sei zu teuer, wies Fink zurück: Die Gesundheitsausgaben in den vergangenen 26 Jahren seien vielmehr durch eine "enorme Kostenstabilität" geprägt. Der Anteil der GKV-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt stieg von 1977 bis 2003 nur moderat von 5,57 auf 6,39 Prozent. Dies sei gerade angesichts der hohen Versichertenzahl bemerkenswert, so Fink.

Dass die Beitragssätze dennoch immer höher steigen, sei vor allem eine Folge der Wiedervereinigung Deutschlands. Ohne die Mehrbelastungen, die der GKV Anfang der 90er aufgebürdet wurden, läge der Anteil der GKV-Ausgaben am BIP sogar um 0,5 Prozentpunkte niedriger, betonte Fink.

Kostentreiber PKV

In einer zunehmenden Privatisierung sieht das WISO keine Zukunft. Denn wenn etwas im Gesundheitswesens teuer ist, dann ist dies der Bereich der privaten Krankenkassen: Zwischen 1985 und 2001 sind die Leistungsausgaben der PKV je Vollversicherten um 122,1 Prozent gestiegen, die Leistungsausgaben der GKV je Mitglied jedoch nur um 67 Prozent. Wären die Pro-Kopf-Ausgaben in der GKV angestiegen wie die der PKV, so läge der Beitragssatz nun bei rund 18,5 Prozent, erklärte Fink. Insbesondere die Arzt-Honorare steigen in der PKV stetig - denn es mangelt an einer Ausgabensteuerung. Um die Kosten im Griff zu behalten, müsse der Gesetzgeber den Krankenkassen mehr Möglichkeiten zur Steuerung geben, forderte Fink. In der GKV gebe es Ausgabenbereiche, in denen schon lange Steuerungsmöglichkeiten für die Selbstverwaltung bestehen - als "Paradebeispiel" nennt das Gutachten die vertragsärztliche Versorgung. Hier entwickelten sich die Ausgaben über die letzten 26 Jahre sogar rückläufig. Anders sieht es bei Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln aus, wo es bislang die wenigsten Steuerungsmöglichkeiten gab. Auch das Instrument der Festbeträge konnte nicht verhindern, dass in diesen Segmenten die höchsten Ausgabensteigerungen stattfanden. Mit Blick auf eine neue Bundesregierung machte Fink deutlich: "Es wäre ein fataler Fehler, sich auf die Einnahmenseite zu konzentrieren und die Ausgaben aus dem Blick zu verlieren."

AOK: GKV bleibt Zukunftsmodell

Die Studienergebnisse nahm auch AOK-Chef Hans Jürgen Ahrens zum Anlass, vor "radikalen Reformen" zu warnen. Das WISO-Gutachten zeige, dass die GKV in allen wesentlichen Punkten das "beste Zukunftsmodell" sei. Daher mache es politisch und wirtschaftlich keinen Sinn, mit ihren solidarischen Grundsätzen zu brechen.

Die PKV mache zwar ihr Geschäft mit Zusatzversicherungen "ordentlich" - als Versicherung für alle sei sie jedoch nicht geeignet. Ahrens forderte die Politik auf, die bestehenden Optionen sorgfältig zu prüfen, ehe man sich an eine Finanzreform der GKV wagt.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.