DAZ aktuell

Versandurteil sorgt weiter für Furore

BERLIN/STUTTGART/DAVOS (cr). Das Urteil des Kammergerichts Berlin zur Rechtswidrigkeit des grenzüberschreitenden Versandhandels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln aus den Niederlanden (DAZ Nr. 3, S. 3 und 92 ff.) sorgt weiterhin für Aufregung - sowohl in Politik und Öffentlichkeit als auch innerhalb der ADBA und ihrer Mitgliedsorganisationen.

Noch am gleichen Tag der Veröffentlichung des Urteils in der DAZ stellte Apotheker Dr. Wolf Bauer, Mitglied des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, eine schriftliche Anfrage an die Bundesregierung, welche Konsequenzen sie aus den Feststellungen des Kammergerichts zu ziehen gedenke (vgl. Kasten).

Zeitgleich informierte der Deutsche Apotheker Verlag die wichtigsten Tageszeitungen und Verbraucherschutzverbände per Pressemitteilung über das Berliner Urteil. Die Resonanz hierauf war beachtlich. Auch das unabhängige Gesundheitsportal apotheken.de, das sich u. a. mit Gesundheitsnachrichten an Apothekenkunden und die Öffentlichkeit wendet, berichtete ausführlich über die Berliner Entscheidung.

Schriftliche Anfrage an die Bundesregierung 

Zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des Kammergerichts Berlin vom 9. November 2004 (Az.: 5 U 300/01), wonach der Arzneimittelversandhandel aus den Niederlanden illegal sei, weil die niederländischen Versandhandelsregelungen nicht den deutschen Sicherheitsstandards entsprächen, Konsequenzen – und wenn nein, warum nicht?

 

Dr. Wolf Bauer (MdB)

Schnelle Reaktion bei DocMorris

Umgehend reagierte auch DocMorris. In der "Presse-Information" seiner Public Relations-Agentur ließ der niederländische Arzneimittelversender mitteilen, dass er gegen die Entscheidung des Kammergerichts beim Bundesgerichtshof eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt habe (dies ist erforderlich, da das Kammergericht eine Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen hatte). Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs werde das Berliner Urteil, so die apodiktische Prognose der Niederländer, auf Dauer keinen Bestand haben. Aus Sicht von DocMorris verstößt die Berliner Entscheidung gegen die Gleichbehandlung "der Apotheken in Europa". Für die Verbraucher und Handelspartner "ändere sich mit dem Urteil nichts".

ABDA: Hektik nach innen, Schweigen nach außen

Hektik rief die Entscheidung des Kammergerichts – zumindest verbandsintern – auch bei der ABDA hervor, die bislang über das Berliner Verfahren geschwiegen hatte. Am Tage der Veröffentlichung in der DAZ wurden die Mitgliedsorganisation – erstmalig – von ihrem Dachverband über das Urteil des Kammergerichts informiert (vgl. Kasten S. 24). In einem Rundschreiben wurde über die "zum Jahreswechsel bekannt gewordenen Urteilsgründe" berichtet, ohne freilich die Brisanz der Entscheidung aufzugreifen und darzustellen.

Im Gegenteil: Der Rundbrief betont auffallend ausführlich, dass das Urteil keine "unmittelbare Wirkung" gegen DocMorris habe und die "Entscheidung womöglich anders ausgefallen wäre", wenn es bereits die vom Bundesministerium zu veröffentlichende "Länder-Liste" mit vergleichbaren europäischen Versandhandelsregelungen gegeben hätte. Ohne jede Erwähnung blieb das Urteil des Berliner Kammergerichts und seine inhaltliche Übertragbarkeit auf alle niederländischen Versandhändler – zumindest bis Mitte dieser Woche – auch in der standeseigenen "Pharmazeutischen Zeitung" (inklusive ihrer Online-Ausgabe).

Davos: Unmut und Verärgerung

Auf dem Davoser Fortbildungskongress, der am vergangenen Samstag zu Ende ging, stieß diese (Nicht-)Informationspolitik der ABDA bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie Vertretern von Apothekerkammern und -verbänden gleichermaßen auf Unmut und Verärgerung. Ein Ehrenamtlicher: "Über jede Kleinigkeit, ja jeden Mist werden wir per Rundschreiben informiert (am Tag zuvor wurde z. B. den Mitgliedorganisationen empfohlen, Berliner Zimmerreservierungen für die ABDA-Mitgliederversammlung im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft 2006 frühzeitig vorzunehmen!) – aber so etwas erfahren wir nicht ..."

Auch die neue Präsidentin der Bundesapothekerkammer Magdalene Linz zeigte sich irritiert und kritisierte die Kommunikationsdefizite innerhalb der ABDA.

Weitere Informationen

 

  • Sensation mit Folgen? DAZ Nr. 3, S. 277 (Die Seite 3)
  • Versandhandel aus den Niederlanden weitgehend illegal DAZ Nr. 3, S. 350 ff.
  • DAZ-Bericht schlägt hohe Wellen AZ Nr. 4, S. 1

Im Wortlaut können Sie das Urteil des Kammergerichts Berlin abrufen bei DAZonline unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de in der Rubrik "Recht/Urteile". Benutzername: apotheke Kennwort: daz

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.